Was passiert im “Internationalen Jahr des Lichts“ auf dem LED-Markt? Irrsinnig viel; vermutlich mehr, als ich mir heute in den kühnsten Träumen ausmalen könnte. Warum also nicht gleich Wahrheit und Wahnsinn vermischen – zu einem etwas anderen Ausblick auf ein verrücktes LED-Jahr 2015. 😉
Januar
Als „LED-Präsent des Jahres“ zeichnet die „Apotheken Umschau“ die seit Ende November 2014 von LEDON vertriebene Tischleuchte „My Sister Blister“ aus (PR-Foto rechts). Die von einem Wiener Design-Studio entworfene Unikate-Kleinserie besteht hauptsächlich aus leeren, recycelten Medikamenten-Blistern und einer kleinen G9-LED-Stiftsockellampe.
Zahlreiche Pharmaunternehmen nutzten die 139 Euro teure Leuchte bereits als originelles Weihnachtsgeschenk für Ärzte und Apotheker, die 2014 besonders verschreibungs- und umsatzstark waren. Jury-Präsident Dr. Groß-Absahner erklärte zur Entscheidung: „Da ‚My Sister Blister‘ als Deko-Leuchte gerade mal 170 Lumen Lichtstrom bietet, bleiben weiterhin große Teile der Medikamenten-Deals unserer Partner im Dunkeln – und das ist auch gut so.“
Februar
Die im Sommer 2014 angekündigte Abspaltung von Teilen des Philips-LED-Geschäfts in ein eigenständiges Unternehmen wird immer konkreter. Obwohl bereits mehrere „Private Equity“-Fonds (auch als „Heuschrecken“ bekannt) konkrete Investitions-Interessen angemeldet hatten, wird nun doch kein Branchenfremder zum Zug kommen.
Philips-Chef Frans van Houten (PR-Foto links) setzt stattdessen auf Sachverstand: „Profunde, langjährige Erfahrung auf dem LED-Markt ist durch nichts zu ersetzen. Wir überflutungs-sensiblen Niederländer wollen nicht, dass Lumileds und unsere Automotive-Lighting-Sparte wegen kurzsichtiger Profitinteressen den Bach ‚runtergehen!“ Deshalb werde der deutsche Online-Händler „Grünspar“ eine 60-Prozent-Mehrheit an der neuen Firma übernehmen und das globale Milliarden-Geschäft künftig von der Westfalen-Metropole Münster aus steuern.
Noch ein bißchen Zeit hat man dagegen mit der geplanten Lichtprodukte-Bündelfirma “Philips Lighting solutions” (inklusive der OLED-Tochter „Lumiblade“ in Aachen), die ebenfalls für neue Anteilseigner bzw. frisches Kapital offen ist und vorerst ihren Sitz in Eindhoven behalten wird. Bis 2016 soll die Fusion in trockenen Tüchern sein. Wenn Sie also ein paar Milliönchen übrig haben und investieren wollen … auf der Bank bringt die Kohle ja sowieso keine Zinsen mehr.
März
Die Fachmesse „Light + Building“ (Logo links) hat wegen ihres zweijährlichen Turnus‘ dieses Jahr Pause und wird erst wieder vom 13. bis 18. März 2016 stattfinden. Die Messeleitung will an diesem langsamen Rhythmus festhalten, obwohl die Produktzyklen bei LED-Lampen und -Leuchten inzwischen meist bei nur sechs bis neun Monaten liegen.
Wolfgang Marzin, Geschäftsführer der Frankfurter Messegesellschaft, begründete das jetzt im Gespräch mit dem Fastvoice-Blog so: „Viele Produkte, die bereits im März 2014 in unseren Hallen vorgestellt wurden, kommen ja nun erst allmählich in den regulären Handel – nach rund einem Jahr – oder sogar überhaupt nicht mehr auf den Markt. Da wollen wir den Herstellern nicht durch häufigere Ausstellungen noch zusätzlich Druck machen.“
Tatsächlich warte ich teilweise immer noch auf Testlampen, um die ich bei der letzten „Light + Building“ an diversen Ständen gebeten hatte (ein Beispiel im Foto rechts). Im Ausblick auf das LED-Jahr 2016 steht dann voraussichtlich, ob und warum ich mir einen weiteren Messebesuch in Frankfurt ersparen werde.
April
Am 13. des Monats werden weitere Teile der EG-Verordnung 245/2009 wirksam (pdf-Download). Sie regelt die „Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Nicht-Haushaltslampen mit ungebündeltem Licht“ – speziell „Leuchtstofflampen ohne eingebautes Vorschaltgerät, Hochdruckentladungslampen sowie Vorschaltgeräte und Leuchten zu ihrem Betrieb“. Vereinfacht gesagt: Ineffiziente, professionell-gewerblich oder öffentlich genutzte Flächenbeleuchtung darf ab dem 13. April 2015 nicht mehr „in Verkehr gebracht“ werden.
Einige Stadtverwaltungen interpretieren das als ein völliges Betriebsverbot von Quecksilber- oder Natriumdampflampen und schrauben in der Nacht vom 12. auf den 13. hektisch alle alten Leuchtmittel aus den Straßenlaternen. Die hätten eigentlich auch drin bleiben dürfen; einzelne Lampenmodelle werden wegen ihrer ausreichenden Sparsamkeit oder diverser Ausnahmeregelungen sogar in Zukunft völlig legal angeboten.
Die Hersteller freuen sich jedoch diebisch über solche Missverständnisse und verkaufen den Kommunen gerne die effizienteren, farbtreueren und teureren LED-Lampen (oben links E27-LED-Retrofits der “EcoXCitylights”-Serie von “euroLighting” in der Großgemeinde Floh-Seligenthal).
Mai
Da die Endverkaufspreise für viele LED-Retrofits schon deutlich unter der 5-Euro-Marke liegen (Beispiel rechts) und bei Sonderaktionen sogar die 1-Euro-Grenze unterschreiten, ziehen die 16 noch nicht pleitegegangenen Online-LED-Händler in Deutschland Konsequenzen: Die Sparlampen werden nur noch im Zehnerpack verschickt, weil sich sonst der ganze Logistik-Kram mit Lagerhaltung und Verpackung nicht mehr lohnt. Selbstverständlich müssen die Kunden dennoch für alle Sendungen mindestens 4,95 Euro Versandkosten bezahlen.
Derweil feiert in den USA die „Switch Bulb Company“ einjähriges Insolvenzjubiläum – auch dieses Unternehmen musste 2014 dem drastischen Preisverfall auf dem LED-Markt Tribut zollen.
Juni
Ein namhafter LED-Leuchtmittelhersteller entschließt sich nach langem Zögern endlich, ein Werbebanner im Fastvoice-Blog zu schalten, um dem schwindenden Umsatz etwas auf die Beine zu helfen. Zu blöd, dass jetzt im Sommer kein Mensch mehr an den Kauf von LED-Lampen denkt. Eine rückwirkende Schaltung ab Januar 2015 muss ich jedoch leider ablehnen, weil mein Fluxkompensator defekt ist.
Juli
Nachdem eine Fastvoice-Umfrage bereits im Dezember 2014 eindeutig ergeben hatte, dass sich mindestens acht LED-Käufer auch im „Consumer“-Segment eine bessere Lichtqualität wünschen, wollen einige große europäische Anbieter „prompt“ reagieren. Noch dieses Jahr soll die Untergrenze beim Farbwiedergabeindex (Ra/CRI) in fast all ihren Sortimenten auf 83 steigen, 2016 auf 84, 2017 auf 85 und so weiter. Im Jahr 2022 würden dann nur noch LED-Leuchtmittel mit mindestens Ra 90 angeboten.
Ein Marketing-Manager erklärt dieses überschaubare Entwicklungstempo damit, dass sich “vor allem Privatkunden schwer tun mit dem Verständnis des CRI und der damit verbundenen höheren Kosten.“ Hatte ich so ähnlich irgendwann schon mal gelesen. US-Hersteller kratzen derweil dieses Jahr schon an der CRI-100-Marke.
August
Wie schon vergangenes Jahr um diese Zeit machen das Fastvoice-„Blog-Telegramm“ und das „LED-Tagebuch“ wegen der dürren LED-Nachrichtenlage sowie der Hitzeträgheit des Blogbetreibers Sommerpause. Einige Leser klagen daraufhin über Entzugserscheinungen und verlangen zum Ausgleich einen individuellen, täglichen Newsletter mit vielen Tipps und konkreten Produktempfehlungen zur häuslichen LED-Umrüstung – natürlich alles gratis. Zur Strafe verschicke ich stattdessen Katzenbilder.
September
Wie immer um diese Jahreszeit, wenn die „Lichtsaison“ beginnt, überschlagen sich die Discounter und Baumärkte mit LED-Sonderangeboten. Den Vogel schießt mal wieder Aldi Nord ab: Zum Einheitspreis von jeweils 2,99 Euro gibt’s sechs verschiedene, „warm-weiße“ Retrofits von 250 bis 806 Lumen – alle dimmbar und mit Farbwiedergabeindex Ra >90.
Zahlreiche Elektro-Einzelhändler, LED-Online-Shop-Eigner und Manager namhafter LED-Lampenhersteller basteln sich daraufhin Voodoo-Puppen mit Aldi-Aufdruck und stechen massenhaft Nadeln ‚rein (Foto links: BeatrixBelibaste@Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0, nachbearbeitet).
Diese Verzweiflungsaktionen bleiben allerdings erfolglos; allein schon deshalb, weil IKEA seine ebenfalls sehr farbtreuen und teils dimmbaren „Ledare“-Retrofits inzwischen durchweg für nur 1 bis 5 Euro verkauft – natürlich weiterhin mit lebenslangem Rückgaberecht.
Oktober
Ein Jahr nach der Markteinführung der “Lumiblade Brite FL300″-OLED-Panels (PR-Bild oben) soll diese immer noch etwas exotische Lichttechnik endlich den Massenmarkt erobern. Nachdem die Preise der bis zu 300 Lumen hellen Plättchen schon zum Jahresende 2014 von ursprünglich 140 bis 160 für kurze Zeit auf 96 bis 110 Euro fielen, werden die verschiedenen Varianten jetzt für maximal 50 Euro angeboten.
Philips-„Lumiblade“-Sprecher Dietmar Thomas (PR-Archivfoto rechts) schwärmt im Fastvoice-Blog-Interview: „Natürlich kriegen Sie inzwischen LED-Lampen mit über 300 Lumen für knapp 3 Euro – aber dieses wunderschöne, dezente, flächige Licht aus den edlen, 12 x 12 cm großen Panels sollte Ihnen doch einen kleinen Aufpreis wert sein. Außerdem bekommen Sie das oben abgebildete Streichholz gratis dazu.“
Zum Betrieb der OLEDs brauchen Sie zwar zusätzlich noch passende Treiber. Die wurden aber ebenfalls schon in den ersten drei Monaten erheblich billiger: Nur 30 bis 87 (Dezember 2014) statt 35 bis 110 Euro (Oktober 2014).
November
Wie bereits im Januar und Dezember 2014 (Prospektausschnitt links: „Tageweise Tiefpreise“), 2013 (mehrfach), 2012, 2011 und vermutlich auch lange zuvor beglücken uns die „toom“-Baumärkte dieses Jahr wieder mit einem „Sonderpreis“ für besonders langlebige „b1“-LED-Lampen – wobei sich das „langlebig“ vor allem auf die Überlebensdauer dieser Museums-Modelle im „toom“-Sortiment bezieht, weniger auf die Nennlebensdauer von 15.000 Leuchtstunden.
Die vier nicht dimmbaren Retrofit-Varianten für 2,99 Euro liefern wie gewohnt aus jeweils 2 Watt und 21 THT-LEDs 130 Lumen Lichtstrom mit einem Halbwertswinkel von rund 100 Grad und können mit dieser gleißenden Helligkeit locker 10 Watt starke Glühlampen ersetzen. Erstaunlich ist ihre Widerstandsfähigkeit gegen den ansonsten drastischen Preisverfall auf dem LED-Markt: In drei Jahren wurden die „b1“-Funzeln gerade mal 30 Prozent billiger – davon können die großen Markenhersteller nur träumen.
Dezember
Wieder ein neuer Weltrekord für weihnachtliche LED-Beleuchtung. 2014 war es noch ein Einkaufszentrum in der australischen Hauptstadt Canberra, das mit 1,2 Millionen LEDs im „Guinness-Buch“ landete und den vorherigen Rekordhalter aus Usbekistan um fast 200.000 Lichtlein übertrumpfte. Dieses Jahr wird wohl der Weihnachtsstern des Weltfußballverbands FIFA nicht zu toppen sein.
Seine Strahlen überspannen von Zürich aus (oben ein Ausschnitt, Foto: Stadt Zürich) die komplette Schweiz und erleuchten auf ihren langen Wegen die zahlreichen Bankinstitute mit FIFA-Konten besonders hell. Die rund acht Zilliarden LED-Chips werden übrigens den Verband finanziell kaum belasten. Dessen Chef Josef Blatter erklärte: „Da haben uns einige Werbepartner absolut freiwillig unter die Arme gegriffen, nachdem ich Ihnen ein Angebot gemacht hatte, das sie nicht ablehnen konnten.“
Philips-Lumileds: Zurück in die Zukunft
Blog-Bilanz 2014: Doppelt hält besser
Hallo Herr Messer,
danke für diesen „etwas anderen Ausblick“ auf das Jahr 2015 – ich musste des Öfteren schmunzeln.
Bei uns zuhause wird 2015 auch „etwas anders“ als sonst – wir werden konsequent alle alten Glühbirnen aka „Energiefresser“ durch LED’s austauschen. Gleiche oder Bessere Beleuchtung bei weniger Energieverbrauch – was will man mehr?
Viele Grüße
S. Friedrich
Aha, die Beschäftigung mit der LED-Beleuchtung sorgt für viel Licht und hellSehen. Dann messen wir in einem Jahr mal den Ra nach 😉
Wetten werden noch angenommen. Taxiere auf 93,7.
Schön gemacht, vielen Dank!
Ich kann mich den beiden nur anschließen und mich für den tollen Artikel bedanken. Mir aber kommt die Frage hoch, wie sich die unterschiedlichen Preise zusammensetzen? Wenn ich in deinem Beitrag lese, wie günstig die Diskounter anbieten und was man sonst so bezahlt passt es nicht zusammen. Oder täusch ich mich da?
Danke für das Lob!
Discounter sind bei Aktionsartikeln nicht auf nennenswerte Margen angewiesen. Außerdem müssen sie sich nicht mit Produktentwicklung, Zulassungsformalitäten, Qualitätskontrolle etc. herumschlagen, sondern nur den Lieferanten sinnbildlich die Pistole auf die Brust setzen: „Entweder Du lieferst die Lampen zu unserem Wunschpreis oder Du lieferst gar nichts mehr!“
Und um irgendwelche EU-Vorschriften zu Datenveröffentlichungen bei LED-Angeboten müssen sie sich offensichtlich auch nicht kümmern, weil sie vermutlich in Sphären unterwegs sind, in denen die Justiz nix zu melden hat.
Sehr schöner Ausblick auf 2015. Ein echt Interessanter Rückblick auf das Jahr 2014. Was wohl mit den LED’s im Jahr 2015 passiert steht wohl noch in den Sternen. Könnte mir aber gut vorstellen das die EU sich neue Initiativen für die Energiefresser ausdenkt. Auf dem Markt wird also sicherlich noch viel kommen da dort viel geforscht wird um Marktführer zu werden oder es zu bleiben.
Gruß
Die Techauguren von IHS blicken für uns in die Glaskugel 2015 und machen zehn LED-/Beleuchtungstrends aus, die nicht überraschen.
Danke für den Link. Ich bezweifle vor allem Punkt 3. Die Umstrukturierungen bei den drei großen Playern auf dem LED-Markt und die damit verbundenen Investitionen werden dieses Jahr erstmal noch kräftig Kosten verursachen, bevor die Spareffekte wirklich greifen. Also ist 2015 keine Verbesserung der Margen zu erwarten – im Gegenteil: Die flächendeckend sinkenden Preise und die heftige Konkurrenzsituation lassen da immer weniger Spielraum.
Schlimmer: wenn die Big3 nicht schnell genug umsteuern, werden sie bald auflaufen. Aber Punkt 5 macht hoffnungsvoll:
Quantum-Dots haben nicht nur das Zeug, die Fluoreszenz-Phosphore abzulösen, sondern darüberhinaus mehr Farbtreue auch mit unbedenklichen UVA-LEDs zu ermöglichen und zwar ohne die herben Effizienzverluste, durch die RGB-Phospore in der Violet Chip Technologie.
Anfang des Monats haben die Chinesen von TCL auf der CES in LasVegas mit einem ersten massenproduzierten QD-„ULED“-TV die anderen asiatischen TV-Granden schon mal am Auspuff riechen lassen. Erinnern wir uns doch, dass die TVs die Massenproduktion weißer LEDs erst losgetreten hatten. Während die QD-TVs sich allerdings nur auf die 3 Grundfarben beschränken müssen, stünde für QD/UVA-LED-Lampen sogar ein lückenlos überlappendes Multi-Banden-Spektrum über den gesamten sichtbaren Bereich zur Verfügung. Mehr Farbtreue gepaart mit überlegener Energie-Effizienz ist kaum vorstellbar.
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