LED-Sonderangebote beim Discounter: Weder top noch Flop

Immer häufiger und günstiger sind jetzt wieder die LED-Sonderangebote der Discounter und Baumärkte. Ist das nun gut für die Kunden und schlecht für die anderen LED-Anbieter – oder gar ein Unheil für den ganzen Lichtmarkt, weil hier Billig-Schrott verkloppt wird? Nein, so einfach ist es nicht.

Discounter-LED-Mix
Ein paar der jüngsten LED-Deals diverser Discounter und Baumärkte – die Collage repräsentiert nur einen Bruchteil der unzähligen aktuellen Sonderangebote.

LED-Lampen für 2,50 Euro pro Stück, richtig hübsche und helle LED-Komplettleuchten für unter 20 Euro – von solchen Preisen haben wir Halbleiterlicht-Fans vor eins, zwei Jahren noch nicht mal zu träumen gewagt. Sie sind aber jetzt zum Start in die neue „Lichtsaison“ fast tägliche Realität in den LED-Sonderangeboten der vergangenen und kommenden Wochen.

Auf einige dieser Deals weise ich regelmäßig in meinem „Blog-Telegramm“ oder in ausführlichen Beitragen hin. Das findet nicht jeder gut. Ab und zu höre ich mehr oder weniger leise Beschwerden von kleineren LED-Anbietern, die ihr Geschäft von dieser Billigkonkurrenz akut bedroht sehen und deren mangelnde Produktqualität und/oder Beratungskompetenz kritisieren. Neulich hat mir sogar ein Shop-Betreiber mitgeteilt, dass er den Betrieb ganz aufgebe und mir seine Ulbricht-Kugel samt umfangreicher Peripherie zum Kauf anbieten wolle.

Eigenwerbung Juni 2014

„Garantien“ machen nicht mehr viel her

Wirklich überraschend ist das nicht. Auf den LED-Preisverfall und die damit verbundene Marktbereinigung hatte ich schon im Januar im meinem Ausblick auf das Jahr 2014 hingewiesen. Nicht voraussehen konnte ich natürlich, dass der Möbelriese IKEA noch einen Mega-Klops draufsetzt und für seit 25. August gekaufte Waren ein lebenslanges Rückgaberecht einräumt – auch für „Ledare“-LED-Lampen und -Leuchten. Das setzt alle kleinen und großen Konkurrenten, die bisher nur zwei bis fünf Jahre lange und meistens auch noch stark beschränkte Garantien/Gewährleistungen anbieten, kräftig unter Druck.

Dabei wäre es viel zu kurz gesprungen, IKEA, Aldi, Lidl & Co. im Gegenzug nur für ihre lückenhaften Datenangaben in den Werbebeilagen und Online-Produktseiten oder wegen der fehlenden Fachberatung vor Ort zu geißeln. Ich kenne einige Online-Shops und Offline-Lampenverkäufer, die’s leider auch nicht besser können. Es hilft ebenso wenig, die sehr preiswerten Discounter-Produkte pauschal als „Schrott“ zu diffamieren. Teilweise ist nämlich das Gegenteil der Fall, wie einige sehr farbtreue IKEA-Lampen oder manche LED-Retrofits der Discounter-Zulieferer „MeLiTec“ und „Müller-Licht“ schon bewiesen haben.

Lidl-LED-Sonderangebote im Labortest

Lidl-3W-E14-ausNehmen wir mal als aktuelles Beispiel die „Livarno Lux“-LED-Lampen von Lidl aus dem Sonderangebot vom 8. September. Da kostete beispielsweise ein nicht dimmbarer, „warm-weißer“ E14-Strahler (Bild links, alle Fotos: M. Sinne/David Communication) mit 3 Watt, nominell 230 Lumen Lichtstrom und 110 Grad Abstrahlwinkel nur 3,99 Euro. Mit sowas können Sie problemlos einen herkömmlichen 25-Watt-Glühlampen-Strahler ersetzen – eine Stromersparnis von fast 90 Prozent.

Lidl-3W-E14-Daten

Im Labor meines Kooperationspartners „David Communication“ wurden die offiziellen Daten (Packungsausschnitt oben) mehr als bestätigt. 3,05 Watt Leistungsaufnahme zeigt das Messprotokoll (pdf-Download); die zwölf SMD-Chips liefern 241 Lumen bei einer Farbtemperatur von 2927 Kelvin und einem „allgemeinen Farbwiedergabeindex“ Ra 81,2. Der Abstrahlwinkel des Spots entspricht mit knapp 113 Grad ebenfalls weitgehend den Vorgaben (pdf-Download des Diagramms).

Kein gutes Licht für Kosmetik-Feinarbeit

Zwei kleine Pferdefüße gibt’s allerdings: Der elektrische Leistungsfaktor ist mit nur 0,43 ziemlich mies, ebenso der Einzelwert für die zusätzliche Referenzfarbe „Rot gesättigt“ (R9 = 2,5). Erstes spielt in der Praxis keine große Rolle, Zweites macht sich durch die stark abweichende Wiedergabe von Rot-Tönen bemerkbar. Wenn’s also auf umfassende Farbtreue ankommen soll – etwa bei der Beleuchtung von Lebensmitteln in der Küche oder Schmink-Aktionen im Badezimmer, dann ist dieser von „Briloner Leuchten“ zugelieferte Strahler sicher keine gute Wahl.

An Einsatzorten mit geringeren Ansprüchen – etwa in einer Nachttisch-Leseleuchte – können Sie damit aber vermutlich ganz gut und ziemlich lang zurechtkommen; die Nennlebensdauer von 25.000 Leuchtstunden und über 15.000 Schaltzyklen ist angesichts des günstigen Preises absolut okay. Auf meiner bis 5 reichenden LED-Bewertungsskala würde das insgesamt noch für zwei Sterne reichen.

Der „OWIM“-Niedervolt-LED-Spot

Lidl-5W-GU53-Daten

Lidl-5W-GU53-ausNoch ’ne Stichprobe: Ein nicht dimmbarer GU5.3/12-Volt-LED-Spot der Neckarsulmer Lidl-Handelsmarke „OWIM“ für 4,99 Euro (Bild links). Er soll 320 Lumen aus 5 bzw. 6 Watt erzeugen (Packungsdaten oben), wäre damit laut EU-Verordnung mindestens ein Ersatz für 35-Watt-Niedervolt-Halogenstrahler und trägt das zweitbeste EU-Ökolabel A+. Im Labor wurde er zur Lichtmessung mit Gleichspannung versorgt; mit Wechselspannung zog er 4,95 Watt bei einem Leistungsfaktor von 0,6.

Über den Vollwinkel sammelte die Ulbricht-Kugel gut 334 Lumen ein. Der Lichtstrom darf bei solchen Spots jedoch nur über einen 90-Grad-Bemessungswinkel angegeben werden – und da waren’s nur 285 statt 320 lm (pdf-Download des Messprotokolls). Keine Probleme dagegen bei Farbtemperatur (3036 Kelvin), Farbwiedergabeindex (Ra 82,6) und Abstrahlwinkel (knapp 35 Grad, Download des Diagramms).

Ähnlich wie beim 3-Watt-Strahler oben, dürfen Sie auch hier keine Großtaten bei der Zusatz-Messfarbe „Rot gesättigt“ erwarten – der R9-Wert liegt bei nur 8,5. Das Spektraldiagramm mit seinen Spitzen bei Blau und Gelb/Orange ist typisch für solche „warm-weißen“ LED-Lampen mit einem Ra-Wert knapp über 80:

Lidl-5W-GU53-Spektrum
Die Energieverteilung des „OWIM“-Spots (in Milliwatt/Nanometer) über das gesamte Licht-Wellenlängen-Spektrum.

Dass die Leistungsaufnahme mit 5 Watt, auf dem EU-Ökolabel aber mit 6 kWh/1000 Stunden angegeben wird, liegt am vorgegebenen Umrechnungsfaktor für Niedervolt-Lampen, die von einem Trafo/Treiber abhängig sind. Hier müssen 10% zur Nettoleistung addiert und dann auf die nächste volle Wattzahl aufgerundet werden.

25.000 Leuchtstunden sowie 50.000 Schaltzyklen Nennlebensdauer und das Stromsparpotenzial von gut 80% haben Markenlampen-Niveau, die Lichtqualität ist durchschnittlich, die Helligkeit etwa 11% geringer als versprochen, aber noch ausreichend. Viel mehr kann man derzeit für knapp 5 Euro nicht erwarten.

11-W-„Livarno Lux“-Lampe mit Lichtstrom-Leck

Lidl-11W-E27-ausBleibt Kandidat Nummer drei: Die offiziell 1000 Lumen starke, nicht dimmbare 11-Watt/E27-„Birne“ von „OWIM“ für 5,99 Euro (Bild rechts). Auch hier ist mit „warm-weiß“ nicht ein Glühlampen-ähnlicher Wert von rund 2700 Kelvin gemeint, sondern laut Packungsangabe etwas „kühlere“ 3000 K. Ein wirklich vollwertiger Ersatz für eine traditionelle 75-Watt-Glühlampe ist das also nicht.

Dagegen sprechen auch die vom Labor ermittelten 904 Lumen, der schwache elektrische Leistungsfaktor 0,58 bei 11,71 Watt Leistungsaufnahme, der Farbwiedergabeindex Ra 82,7 und der R9-Zusatzwert 7,9 für sattes Rot (pdf-Download des Messprotokolls). Glühlampen schaffen hier jeweils um die 100, sind problemlos dimmbar und haben einen etwa doppelt so runden Halbwertswinkel wie die ziemlich eng strahlende Lidl-Lampe (knapp 157 Grad, pdf-Download des Diagramms).

Das Spektraldiagramm und die Farbtreue-Einzelwerte weisen zudem auf eine leicht grün-gelblich erscheinende Lichtfarbe hin, die sicher keine hohen Ansprüche an die „Wohnlichkeit“ oder „Gemütlichkeit“ von häuslicher Beleuchtung erfüllen kann. Die Farbtemperatur laut Labor: 3040 Kelvin – das entspricht weitgehend der Herstellerangabe.

Sparen? Nicht um jeden Preis!

Lidl-11W-E27-DatenSpätestens hier stellt sich die Frage, ob der günstige Preis von knapp 6 Euro wirklich das entscheidende Kauf-Argument sein kann. Meine Antwort: Ja, wenn Sie die „OWIM“-Lampe beispielsweise im Treppenhaus, Keller oder in der Abstellkammer einsetzen wollen, wo bisher 60-Watt-Glühlampen im Einsatz waren.

Nein, wenn sie in häufig genutzten Wohnbereichen und etwa so hell wie eine 75-Watt-Glühlampe leuchten soll. Dann sollten Sie lieber etwas mehr ausgeben für eine leistungsstarke LED-Lampe mit besserer Lichtqualität – schließlich ist das ja bei einer Nennlebensdauer von 35.000 Leuchtstunden bzw. 50.0000 Schaltzyklen (siehe Packungsausschnitt oben) eine sehr langfristig nachwirkende Entscheidung.

LED-Sonderangebote sind kein Teufelswerk

Und was lernen wir aus diesen Stichproben und meinen bisherigen Tests der LED-Sonderangebote von Discountern, Möbel- und Baumärkten?

  • Billiglampen sind nicht per se schlecht, teils gleichwertig mit vielen Markenlampen und in einigen Fällen sogar besser. Ja – es gibt natürlich auch Ausreißer nach unten.
  • Wer weniger als 6 Euro ausgeben will, muss derzeit noch häufig Abstriche bei Lichtqualität und Dimmbarkeit hinnehmen. Kann aber je nach Einsatzbereich egal sein.
  • Discounter und artverwandte Anbieter müssen mit ihren LED-Sonderangeboten kein Geld verdienen, treiben den Rest des Marktes im Preiskampf vor sich her und leisten so einen großen Beitrag zur „Mainstream“-Verbreitung von LED-Beleuchtung.
  • Wer hier gegenhalten will, muss was Besonderes bieten – und da ist kein ruinöser Sonderpreis gemeint, eher besondere Qualität, kompetente, individuelle Beratung, ein Online-Angebot mit umfassenden, transparenten Daten der Lampen und Leuchten.
  • Insgesamt können wir Verbraucher also von dieser Entwicklung profitieren – stromsparende Licht-Umrüstung wird immer günstiger, einfacher und komfortabler.

(Offenlegung: Die Testlampen wurden von „David Communication“ regulär in einer Lidl-Filiale gekauft. Alle Messungen wurden anschließend nach gut zwei Stunden „Einschwingzeit“ vorgenommen – so habe ich es dem Labor verbindlich vorgegeben. Ich selbst hatte die Lampen bisher noch nicht in der Hand.)

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