Was sagt uns ein LED-Farbspektrum?

Seit September 2013 müssen Anbieter in der EU unter anderem die „spektrale Strahlungsverteilung“ ihrer LED-Leuchtmittel veröffentlichen. Solche Grafiken sollen das LED-Farbspektrum mit der relativen Helligkeit zwischen Ultraviolett und Infrarot zeigen und sehen meistens aus wie eine Gebirgslandschaft.

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Das Spektraldiagramm eines „warm-weißen“, 6,5 Watt starken GU5.3-LED-Spots von Philips mit einem Farbwiedergabeindex von Ra >80. Auf der waagerechten Achse stehen die Lichtwellenlängen in Nanometer, die senkrechte Achse zeigt die Milliwatt-Strahlungsleistung als Intensitätsanteil in Prozent. (Grafik/Foto: Philips-PR, Montage: W. Messer)

Wer Ihnen weismachen will, seine „weißen“ LED-Lampen und -Leuchten würden ein absolut gleichmäßiges, homogenes „Vollspektrum“-Licht über den gesamten Farbbereich des menschlichen Sehvermögens liefern, der lügt. In Wirklichkeit kann die vorwiegend verwendete additive Farbmischung von blauen LED-Chips mit gelber „Phosphor“-Beschichtung so was nicht schaffen, weil es immer irgendwo Spitzen („Color Peaks“) und Täler der Intensität gibt – je nachdem, für welche Farbtemperatur und Farbtreue das Teil insgesamt entworfen wurde.

Das haben LED-Leuchtmittel mit ihren Glühfaden-, Halogen- und Leuchtstoff-Ahnen gemeinsam – auch bei denen zeigen die Spektraldiagramme mehr oder weniger muntere Kurven statt langweiliger Geraden. Für alle Leuchtmittel gilt vereinfacht: Je flacher und kleiner die Wellentäler zwischen den Spitzen sind, desto mehr Farbtöne der angestrahlten Gegenstände oder Lebewesen werden einigermaßen naturgetreu wiedergegeben. Glühlampen schaffen dabei trotz ihrer Gelb-/Rot-Dominanz den Idealwert Ra 100; LEDs für die Innenbeleuchtung müssen laut EU-Verordnung mindestens Ra 80 haben.

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Im Labor meines Kooperationspartners „David Communication“ ermittelte Spektralverteilung einer „warm-weißen“ Segula-LED-Kerze mit dem „Color Peak“ bei etwa 602 Nanometer (Orange) und einem gemessenen Farbwiedergabeindex Ra 71.

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Zum Vergleich das Diagramm einer 10-Watt/E27-IKEA-„Ledare“-Lampe mit einem weit höheren Farbtreue-Messwert Ra 92. Die Flanke links von der Spitze (bei 630 nm) ist deutlich flacher.

Fachleute können aus solchen Diagrammen rechnerisch ableiten, welche Farbtemperatur das Leuchtmittel hat, und sogar näherungsweise die einzelnen Farbtreuewerte für die verschiedenen Norm-Messfarbtöne kalkulieren. Laien stehen dagegen eher wie der sprichwörtliche „Ochse vor’m Berg“ und müssen raten, wie denn wohl das Licht dieser „kurvenreichen“ LED-Lampe in der Realität aussieht.

Rechts wird’s „warm“, links eher „kalt“

Ich sag’s mal ganz simpel: Je weiter rechts die höchsten Berge des Diagramms sind, desto rötlicher („wärmer“) wird sie leuchten. Und wenn die dominanten Farben ziemlich weit links liegen, dann ist es wohl eine „neutral-weiße“ oder „kalt-weiße“ LED mit hohem Blauanteil. Detailliertere Erkenntnisse kann ein durchschnittlicher Verbraucher aber von den Kurven nicht erwarten, zumal schon zwei Exemplare aus der gleichen Lampenserie leicht unterschiedliche Werte liefern können.

Ziemlich sinnlos ist für die meisten Anwender auch die Vorgabe der neuen EU-Ökodesignverordnung, dass die Hersteller solche Diagramme in einem Spektrum zwischen 180 und 800 Nanometer malen müssen. Erstens gibt’s nämlich kaum Profi-Lichtmessgeräte, die Werte unterhalb von 300 nm ausweisen, zweitens sehen Sie schon unter 380 nm nichts mehr und drittens geben normale LED-Lampen in diesem kurzwelligen Ultraviolettbereich sowieso keine nennenswerte Strahlung mehr ab – einer der vielen Vorteile dieser Technologie.

UV und IR taugen nicht zur Beleuchtung

UV-Licht lässt bekanntlich Farben ausbleichen und kann die menschliche Netzhaut schädigen – taugt also hauptsächlich für Spezialzwecke wie die Echtheitsprüfung von Geldscheinen oder die Spurensicherung bei Gewaltverbrechen und ist für die übliche Beleuchtung so unerwünscht wie ein zweites Loch im Hintern.

Ähnliches gilt für die Infrarotstrahlung (IR) oberhalb von 780 nm. Die brauchen Sie beispielsweise für IR-Fernbedienungen, -Sensoren, „Wärmelampen“ oder kunstwissenschaftliche Untersuchungen. Es gibt LED-Chips, die genau dafür ausgelegt sind; solche finden Sie aber in keiner der üblichen Lampen und Leuchten. Wundern Sie sich also nicht, wenn deren Spektralkurven bei diesen Wellenlängen – rechts im Diagramm – steil ins Bodenlose stürzen. Genau so muss es sein.

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Sinnvoll kann jedoch die Kombination aus verschiedenfarbigen LED-Chips in einer LED-Lampe oder einem Modul sein. So lindern etwa zusätzliche rote, grüne, blaue oder „bernsteinfarbene“ LEDs Schwächen im Farbspektrum, die ihre „weißen“ Kollegen als Solisten haben. Sorgfältig entworfene und ausgesteuerte Multi-LED-Leuchtmittel erreichen sogar museumstaugliche Farbtreuewerte nahe Ra 100 – mit entsprechend geglätteter Spektralverteilung. Finanziell normal ausgestattete Privatleute müssen von diesem Licht-Luxus allerdings derzeit (Stand Anfang 2014) noch träumen.

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13 Gedanken zu „Was sagt uns ein LED-Farbspektrum?

  1. Danke für diesen Beitrag! Für mich als Physiker zwar nichts neues, aber dem einen oder anderen Leser hilft er hoffentlich ein wenig, die spektralen Eigenschaften von LEDs zu verstehen. Für alle relevanten Details wäre ohnehin eine eigene Vorlesung notwendig 😉

    Eine Anmerkung: Einen gewissen Einfluss können UV-Anteile sehr wohl haben, nämlich wenn sie auf fluoreszierende Oberflächen treffen. Diese sind im Haushalt sehr verbreitet, angefangen von weißer Wäsche über Druckerpapier bis hin zu chininhaltigen Getränken und den Sicherheitsmerkmalen von Geldscheinen. Letztere sind nur unter Schwarzlicht (sprich nahes UV-Licht ohne große sichtbare Anteile) gut erkennbar, aber die fluoreszierenden Additive fügen die Hersteller von Waschmitteln diesen nicht ohne Grund hinzu (ob sie wirklich nötig sind, ist eine andere Frage, die ich persönlich verneinen würde). Bei Lebensmitteln und den meisten anderen organischen Oberflächen (incl. Hautfarbe) spielt das aber keine Rolle. Zudem führt teilweise auch schon „Königsblau“ um 450 nm zu Fluoreszenz, schließlich ist das ja genau das Prinzip der Blau+Phosphor-LED.

    Leider gibt es meines Wissens noch keine Norm für den Einfluss der Fluoreszenz auf die Farbwiedergabe, und diese wäre auch wesentlich komplexer als der normale Farbwiedergabeindex. Bei den haushaltsüblichen Farbtemperaturen sollte die Bedeutung aber ohnehin vernachlässigbar sein. Von daher wird man das UV-Licht bei LED-Lampen normalerweise nicht vermissen.

  2. Ich finde es erstaunlich, daß LEDs überhaupt so ein kontinuierliches Spektrum bieten, und Leuchtstofflampen uns nach all den Jahrzehnten noch mit ihrem lückenhaften Spektrum „beglücken“. Gut, sie müssen UV-Licht umwandeln und kein blaues, aber daß das bei LEDs so gut funktioniert, verwundert und begeistert mich gleichermaßen.

  3. Was ich noch nicht ganz verstanden habe ist, warum LEDs so ein lückenloses Spektrum haben und trotzdem einen niedrigen CRI Wert haben können. Bei Leuchtstoffröhren war das einfach zu kapieren: 3 Banden weisen große Lücken im Spektrum auf und was an Licht auch nicht ausgestrahlt wird kann auch nicht reflektiert werden und somit sehen rote Tomaten nicht wirklich Rot aus.
    Nun fehlen bei der LED aber keine Lichtfarben es sind alle da. Wo liegt nun der Unterschied zwischen einem CRI von 80 und 93. Am Spektrum sehe ich keinen Unterschied. Ich hab mit einem Xrite Messgerät jede Menge LEDs gemessen, alle haben ein kontinuierliches Spektrum. Das Gerät zeigt auch unterschiedliche CRIs an. Die Objekte sehen auch unterschiedlich aus.

    Nun Frage ich mich welche Eigenschaft das Licht denn noch haben kann. Die Farbwiedergabe wird in der Wikipedia auch mit dem ungleichmäßgen Farbwiedergabeindex begründet und es wird auch über eine Remission gemessen bzw. bewertet.

    Und da der CRI ja immer im Verhältnis zum schwarzen Strahler (5000) bei gleiche Farbtemperatur steht, liegt es auch nicht daran das 2700Kelvin, weniger blau und grün hat, als 5000K.

    Ist das Spektrum doch nicht so Lückenlos?

    • Verstehe den Einwand nicht. Die LED-Spektren sind zwar lückenlos, aber nicht gleichmäßig. Manche Wellenlängen sind über-, andere unterrepräsentiert. Daher auch die Unterschiede bei der Farbtreue. Vergleichen Sie mal die Spektraldiagramme hier (Ra 71) und hier (Ra 96,7). Der Unterschied ist offensichtlich.

      • Aber sie sind unterschiedlich Aufgrund der Farbtemperatur, nicht Aufgrund der Farbwiedergabe. Wenn ich eine LED mit CRI 80 und 2700Kelvin mit einer mit CRI 92 und 2700Kelvin gegenüberstelle sehe ich da keinen Unterschied in der Spektralverteilung, ich werde heute Abend mal 2 Screenshots posten die ich von i1Share habe, mit denen ich IKEA und Philips LEDs eingemessen habe. Trotzdem ist der CRI Unterschiedlich.

        • Ich bin mir ziemlich sicher, dass man beim direkten Aufeinanderlegen der Kurven – auch bei identischen Farbtemperaturen – einen Unterschied sieht. Es geht ja um die Welligkeit, nicht um den jeweiligen Colour Peak oder Colour Dominant.

          • Hier sind mal 3 Bilder:
            Philips LED CRI81, IKEA LED CRI92, unbekannte LED Spots im Bad. Bei einer ESL sieht das mit CRI 80 dann eher so wie hier aus.

            Oder sind die Unterschiede zwischen CRI80 und 90 wirklich so marginal? Und die Röhre schneidet nur so gut „ab“, weil die Peaks halt da sind, wo auch die Messfarben sind (ein kontinuierliches Spektrum hat es ja nicht). Rein vom Spektrum her ist ja jede CRI80 LED schöner als eine CRI90 Leuchtstoffröhre.

        • Doch, es gibt auch bei gleicher Farbtemperatur sichtbare Unterschiede. So hat eine Standard-LED mit 4000 Kelvin und Ra=70-80 ein funktional ähnliches Spektrum wie die Segula (der erste Link in Wolfgangs Kommentar), nur der blaue Peak ist etwas höher und der breite Buckel des Phosphors etwas niedriger. Im Vergleich dazu hat der Megaman-Strahler einen viel breiteren Phosphor-Buckel, so dass die Täler, besonders das Tal zwischen Blau und Grün, viel weniger stark ausfallen.

          Am Spektraldiagramm sind diese Unterschiede für das ungeschulte Auge nicht leicht zu erkennen; auch ich muss die Plots zum Vergleich gegenüberstellen. Anhand des Spektraldiagramms den CRI zu schätzen, ist für den Laien praktisch unmöglich. Genau deshalb wäre es auch wünschenswert, wenn die EU auch eine downloadbare Datei in maschinenlesbarem offenen Format (z.B. ASCII oder FITS) vorschreiben und passende Software zu deren Analyse kostenlos zur Verfügung stellen würde.

          Anmerkung an Wolfgang: Der zweite Link hat nen Typo

  4. Sehr geehrter Herr Messer,

    ich habe mich viele Jahre mit dem Vollspektrum von Lampen befaßt. Daher weiß ich z.B. von Prof.Dr. Fritz Hollwich von der Bedeutung der Spektralanteile auf die Steuerung lebender Systeme (Mensch). Neben dem natürlichen Sonnenlicht werden diese Anteile optimal von der True-Lite-Lampe der Firma Duro-Test emittiert. Sie finden Angaben hierzu unter True-Lite. Meine Frage: Welche LED erfüllt diese Aufgabe?
    Mit freundlichen Grüßen
    Georg Bonacker
    (Post- und E-Mail-Adresse aus Datenschutzgründen entfernt; d. Red.)

    • Hallo, ich selbst habe mich mit diesem Thema noch nicht eingehend befasst. Ein Vögelchen hat mir aber geflüstert, dass die Redaktion von „Guter Rat“ aktuell an einem entsprechenden Artikel arbeitet – eventuell ist da in nächster Zeit was auf der Website bzw. im Heft zu lesen.

    • Ob die von Ihnen genannte Markenprodukte tatsächlich merklich „optimaler“ emittieren als konkurrierende, lasse ich mal dahingestellt.

      Konkret zu Ihrer Frage: Der Knackpunkt bei „vollspektralen“ LEDs ist meiner Meinung, ob Sie glauben, UVA und UVB aus künstlicher Allgemeinbeleuchtung zu benötigen. Ich halte einen dosierbaren Einsatz für sinnvoller: im Winter etwa im Badezimmer, wo das Papier, was vergilben könnte, regelmäßig entsorgt und preiswert in handlichen Rollen nachgekauft wird. Für das sichtbare Spektrum gibt es eine recht große Auswahl an LEDs oder LED-Produkten mit ganz hervorragender Lichtqualität und in warmen bis kalten Weißtönen, beim Strahler-Anbieter Soraa (Vivid VP3 Serie) auch auf Basis violetter LEDs.

      Wenn man ungezielt im Internet sucht, tauchen auch diverse Seiten auf, die formidable Farbwiedergabedaten oder Spektralverteilungen behaupten, aber bei denen der erste positive Eindruck bei genauerem Studium zerschellt. Wenn ein Anbieter beispielsweise schon an der richtigen Zuordnung der Lichttemperatur zum Dateinamen scheitert wie dieser, generalisiere ich diese Nachlässigkeit ohne Zögern, und ziehe genauso weiter wie bei Leuchtstoffröhrenanbietern, die ihre Spektralpeaks gezielt schönen.

      • Die dritte Generation der Soraa-Strahler konnte mir der deutsche Distributor SchahlLED noch nicht liefern. Zwei Spots aus der zweiten Serie sind aber aktuell mitsamt einiger „SnapOn“-Scheiben bei mir im Test – kommt irgendwann in den nächsten Tagen (natürlich auch mit Spektraldiagramm).

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