Mit der Umrüstung von Leuchtstoff- auf LED-Röhren könne man zwar Strom sparen, aber nur zu Lasten der Helligkeit und Sicherheit. Mit dieser harten Kritik reagierte ein fachkundiger Leser auf einen Blogbeitrag zum Thema.

Seit Herbst 2013 bei uns im Praxistest: Eine 22 Watt starke LED-Röhre von „Müller-Licht“ mit nominell 2000 Lumen Lichtstrom. (Foto: W. Messer)
Eine Kurzmeldung in meinem LED-Tagebuch (KW 15) war offenbar Auslöser für eine empörte Leser-Reaktion. Konkret ging es um einen Report des TEC-Instituts für technische Innovationen aus Waldaschaff und die Daten eines Langzeit-Vergleichstests zwischen T8-Leuchtstoff– und LED-Röhren mit beidseitigen G13-Sockeln, der klare Vorteile für die Halbleiterlicht-Produkte feststellte (pdf-Download). Dabei lobte das Institut besonders die LED-Modelle von „Antaris“. Zufälligerweise gehören sowohl das Institut als auch dieser Hersteller zur „Göde-Gruppe“.
Sascha Altmeyer ist lichttechnischer Berater und Planer bei der Hans Auler GmbH in Saarbrücken, die in großer Vielfalt und Dimension Leuchtmittel und Kabel anbietet. Er schrieb mir dazu unter anderem:
„Wir als Lichtleute, die seit Jahren den klassischen als auch den LED-Markt kennen, können bei Ihnen noch viel Neues erfahren. Einer Sache scheinen Sie sich nicht so tiefgründig angenommen zu haben: LED-Röhren. Der TEC Report Nr. 16 liest sich für mich eher sehr pro LED-Röhre.
Wir haben hier noch andere Erfahrungen gemacht. Energieersparnis ja, jedoch bei stark gesenkter Beleuchtungsstärke. Problem: 5200-Lumen-T8-Leuchtstoffröhre mit 58 Watt und weißem Reflektor, EtaLB 82% = 4264 Lumen. Da sehen selbst LED-Röhren mit 3000 lm immer noch alt aus, bzw. die angepriesene Ersparnis ist keine echte.
Die Verkäufer nutzen den Lichtstromabfall der Leuchtstofflampen aus, wenn sie ihre LED-Röhren daneben demonstrieren. Würde man eine neue LL-Röhre einsetzen (die selbst bei der Industrie oftmals seit sechs Jahren brav ihren Dienst tut und somit ‚ausgelutscht‘ ist) und einmal mit einem Tuch durch den Reflektor fahren, dann ginge die Sonne auf – und zwar unter den T8-Lampen (Dreibandenlampe – viele Anlagen haben ja sogar noch Standard-Holophosphat). In eigenen Tests habe ich bestätigt, dass das Einsparen immer auf Kosten der Helligkeit, sprich Beleuchtungsstärke, geht.
Auf unserer Internetseite gibt es Fotos von verbrannten Beleuchtungsanlagen, welche durch LED-Röhren entstanden sind. VDE- oder ENEC-Zeichen auf der Röhre sind gut und schön. In Kombination mit der Leuchte erlischt jedoch deren VDE-/ENEC-Prüfung.
Total ignoriert wird auch die EU-Verordnung 1194/2012 vom 12.12.2012 (pdf-Download). Diese beschreibt im Anhang 3.2 auf den Seiten L342/16 und /17 die zusätzlichen Anforderungen für LED-Retrofits. Demnach erfüllt keine der derzeit auf dem Markt befindlichen LED-Retrofit-Röhren diese Punkte (Lichtstrom 360°?); seit Inkrafttreten der Verordnung am 1.9.2013 ist eine Gesetzeskonformität nicht gegeben.
Wir haben bereits Ende August 2013 Osram auf diese Fakten hingewiesen und bekamen zur Antwort, dass es sich bei dem Osram-Substitute-Portfolio nicht um einen Ersatz von T8-L-Lp. handelt, sondern um ‚eine sehr gute Alternative zu T8-L-Lp. in KVG-Leuchten‘.
Ein Endverbraucher oder Bauherr wird getäuscht, weil viele nur die Wattage sehen, jedoch nicht die daraus resultierende, viel geringere Beleuchtungsstärke. Die kompletten Normen nach EN12464 und ASR etc. werden damit nicht mehr erfüllt. Energiesparen durch weniger Licht geht auch noch einfacher: Licht aus 🙂
Für viele fadenscheinige Händler sind weltweit 40 Milliarden T8-Brennstellen jedoch ein interessanter Markt. Es würde mich freuen, wenn Sie die Sinnhaftigkeit dieser LED-Tubes mal genauso auf den Punkt bringen, wie Sie das in der GU10- und GU5.3-Welt getan haben.“
Der Spareffekt ist noch sehr gering
Tatsächlich lohnt sich ein schneller LED-Ersatz für Leuchtstoffröhren in vielen Privathaushalten noch nicht, weil der Stromspareffekt in keinem vernünftigen Verhältnis zu den hohen LED-Anschaffungskosten steht. Noch unsinniger wäre das bei Leuchten, die nur selten gebraucht werden. Bei gewerblichen Kunden sieht diese Rechnung allerdings in der Regel wesentlich besser aus, zumal solche Umrüstungen in diesem Jahr bereits ab 2000 Euro Investitionssumme mit bis zu 30% Zuschuss staatlich gefördert werden. Zum Thema „Helligkeit“ steht in der genannten EU-Verordnung unter anderem:
„Angaben, denen zufolge eine LED-Lampe eine Leuchtstofflampe ohne eingebautes Vorschaltgerät einer bestimmten Leistung ersetzt, sind nur zulässig,
— wenn die Lichtstärke in beliebiger Richtung um die Röhrenachse um nicht mehr als 25% der durchschnittlichen Lichtstärke um die Röhre abweicht und
— wenn der Lichtstrom der LED-Lampe nicht geringer ist als der Lichtstrom der Leuchtstofflampe der angegebenen Leistung. Der Lichtstrom der Leuchtstofflampe ergibt sich durch die Multiplikation der angegebenen Leistung mit dem Wert für die Mindestlichtausbeute für die jeweilige Leuchtstofflampe in der Verordnung (EG) Nr. 245/2009 der Kommission ( 1 ); und
— wenn die Leistungsaufnahme (Watt) der LED-Lampe nicht höher ist als die Leistungsaufnahme (Watt) der Leuchtstofflampe, die sie ersetzen soll.“
Direkte Vergleiche sind meistens irreführend
Das bedeutet beispielsweise, dass die bisher von mir getesteten LED-Röhren mit 60, 120 und 150 Zentimeter Länge, Abstrahlwinkeln unter 200 Grad sowie Lichtströmen von maximal 2000 Lumen offiziell nicht als Ersatz von T8-Leuchtstoffröhren gleicher Dimension – mit teils mehr als 5000 lm – beworben werden dürften. Sie haben auch nicht über die gesamte 360-Grad-Achse mindestens 75% deren durchschnittlicher Lichtstärke (Candela/cd), sondern über einen großen Teil dieses Vollwinkels erheblich weniger.
Für die Praxis hat das jedoch nur eine eingeschränkte Bedeutung: Erstens kümmern sich viele Leuchtmittelhändler ohnehin einen feuchten Kehrricht um EU-Vorgaben und veröffentlichen bei ihren LED-Retrofits illegalerweise nur das, was ihnen gerade in den Kram passt. Zweitens können LED-Röhren – trotz geringerer Gesamthelligkeit und engerem Lichtkegel – bei bestimmten Einsatzbereichen durchaus stärkere, rundstrahlende Leuchtstoffröhren zufriedenstellend ersetzen.
Häufig brauchen Sie nämlich keine wirkliche 360-Grad-Lichtquelle, sondern möglichst viel Helligkeit in einem begrenzten Bereich – ohne nutzloses Streulicht aus teils minderwertigen, „erblindeten“ Reflektoren, die noch dazu einen Teil des Lichts schlucken.
LED-Richtwirkung hat Vorteile
LED-Chips sind von Haus aus mit einem Standard-Abstrahlwinkel von 120 Grad sehr gezielt ausrichtbar und ermöglichen mit einer typischen Ausbeute von rund 100 Lumen pro Watt (bei „neutral-“ bis „kalt-weißer“ Farbtemperatur) hohe Candela-Werte – bei relativ geringem Strombedarf und ganz ohne Reflektorhilfe. Das gilt vor allem für die neuesten Modelle der Markenhersteller, die ihre Ahnen in Sachen Effizienz und Lichtqualität weit übertreffen.
So hat sich jetzt US-LED-Chip-Marktführer „Cree“ nach erfolgreichem Einstieg mit diversen Retrofit-„Birnen“ auch in den LED-Röhren-Markt gewagt – mit einer dimmbaren 1,20-Meter/21-Watt-T8-Lampe, die 2100 Lumen mit einem Halbwertswinkel von über 180 Grad liefert. Sie soll gegenüber einer in den USA verbreiteten 32-Watt-Leuchtstoffröhre immerhin 30% Strom sparen und bietet dank der patentierten „TrueWhite“-Technologie einen exzellenten Farbwiedergabeindex von Ra/CRI >90 – wahlweise mit einer Farbtemperatur von 3500 oder 4000 Kelvin („neutral-weiß“).

Bisher nur in Nordamerika zu kaufen: Die „T8 Linear LED Lamp“ von „Cree“. Sie soll mit 90 Prozent aller elektronischen Vorschaltgeräte (EVG) kompatibel sein.
Ins gleiche Horn stößt Philips mit seinen neuen „Master LEDtube Value InstantFit“-Modellen. Auch sie sollen hocheffizient sein und in EVG-Leuchten eingesetzt werden können – im Gegensatz zu den bisherigen LED-Retrofits für konventionelle Vorschaltgeräte (KVG) mit Starter.

Eine der neuen Philips-LED-Röhren (Detailbild unten rechts), die ohne Umbau oder Neuverdrahtung auch in EVG-Leuchten funktionieren sollen. (Fotos: Philips-PR)
Neue Zertifizieung der Leuchte?
Darauf angesprochen, kommentierte Blogleser Sascha Altmeyer postwendend:
„Auch bei dieser Philips-Röhre ist ohne große Mathematik klar: Der Lichtstrom ist viel zu gering, um die T8-Lampe zu ersetzen. Nebenbei sei erwähnt, dass der Kunde durch das EVG bereits eine effiziente Anlage besitzt (ca. 20-25% weniger Energie als gewickeltes KVG) – das macht das ganze noch verrückter.
Den im Artikel aufgeführten Aspekt ‚zeitaufwendige Neuzertifizierung‘ würde ich nicht unterschätzen. Was bedeutet das denn? Der Kunde soll zum VDE nach Offenbach und die Leuchte neu zertifizieren?? Das macht doch niemand! Und wehe, es kommt zu einem Schadensfall. Keiner will dann Schuld sein und die Versicherung wird nicht zahlen.“
Nun bin ich kein Elektriker, nur interessierter LED-Amateur, und kann die Gefährlichkeit einer solchen Konversion nicht beurteilen. Wir haben jedenfalls keine unserer auf LED-Röhren und Blindstarter umgerüsteten KVG-Leuchten nach Offenbach gekarrt und sind dennoch bisher von fatalen Schäden verschont geblieben. Pures Glück? Wie das bei den vereinzelten EVG-Leuchten im Keller aussehen würde, weiß ich nicht, weil darin noch Leuchtstoffröhren werkeln und mir Philips fast nie was Neues zum Testen schickt.
Bei 200 Lumen pro Watt wird’s interessant
Vielleicht bin ich naiv, aber ich vertraue zumindest bei den renommierten Markenherstellern darauf, dass sie problemlos einsetzbare und weitgehend ungefährliche Produkte anbieten, die stetig weiterentwickelt und verbessert werden.
Immerhin haben zum Beispiel Philips und Osram – Nummer eins und zwei des globalen Lichtmarkts – schon die 200-Lumen-pro-Watt-Marke im Visier. Auf der Fachmesse „Light + Building“ war gerade erst ein Osram-Prototyp mit 1,20 Meter Länge und einer Lampeneffizienz von 215 lm/W zu sehen (Foto links: W. Messer). Dank einer besonders verlustarmen Vorschaltelektronik soll die Ausbeute des gesamten Systems bei 3900 lm aus 19 W liegen, also 205 lm/W. Beide Hersteller gehen von einer schrittweisen Serienreife ab 2015 aus.
Mit sowas kämen wir dann schon in einen Bereich, bei dem wir gegenüber Leuchtstoffröhren rund 60% Strom bei gleicher Gesamthelligkeit sparen könnten. Einschaltverzögerungen, Flackern und/oder Brummen sollte mit LED-Technik ohnehin kein Thema mehr sein. Außerdem wären noch eine höhere Lichtqualität und einfachere Dimmbarkeit möglich – ebenfalls gute Argumente für eine Umrüstung.
Bleiben die Kosten-, Lebensdauer- und Gewährleistungs-Aspekte. Hier hat „Cree“ mit seinen ersten LED-Röhren schon sehr ambitionierte Duftmarken gesetzt: Rund 30 US-Dollar (ca. 21,50 Euro) unverbindliche Preisempfehlung, mindestens 50.000 Leuchtstunden und fünf Jahre Garantie. Daran darf sich die europäische Konkurrenz gerne orientieren, oder was meinen Sie?
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