Im Test: Girard Sudron A70 – superhelle E27-LED-Fadenlampe aus Frankreich

Mit bauchiger, satinierter Glashaube und einer sagenhaften Effizienz von fast 140 Lumen pro Watt beeindruckt eine französische E27-LED-Filament-„Birne“: Die nur knapp 8 Watt starke A70 von Girard Sudron leuchtete im Test etwa so hell und rund wie eine herkömmliche, matte 75-Watt-Glühlampe. Für einen Sieg auf ganzer Linie reicht das aber dennoch nicht.

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Die rund 15 Euro teure A70-Lampe von „Girard Sudron“ ist knapp 12 cm lang und satte 7 cm breit. Unter der satinierten, leicht ungleichmäßig geformten Glashaube leuchten sechs relativ kurze LED-Ketten ähnlich wie traditionelle Glühlampen-Fäden. (Fotos: W. Messer)

Ich hatte ja schon einige LED-Filament-Lampen im Test, müsste aber noch hunderte mehr von davon unter die Lupe nehmen, um wenigstens einen Bruchteil dieses immer größer werdenden Retrofit-Segments abzudecken. Völlig illusorisch und eigentlich auch unnötig. Denn worauf es bei einer guten LED-„Fadenlampe“ ankommt, wissen wir doch schon: Anständige Verarbeitung und Materialqualität, lange Lebensdauer, ausreichend helles, homogenes, „gemütliches“, rundstrahlendes Licht ohne blendende Reflexe oder Lichtstärke-Spitzen, ordentliche Farbtreue ohne Schwächen bei der Rot-Wiedergabe, eventuell auch problemlose Dimmarbeit und natürlich ein fairer Preis.

Aktuell habe ich den Verdacht, dass viele Anbieter diesen Retro-Design-Trend der CoB-LED-Ketten unter klaren Glashauben schamlos ausnutzen, um mit suboptimal produzierten, seltsam leuchtenden, flimmernden und überteuerten Lampen den schnellen Euro zu machen. Vielleicht brauchen die Firmen ja die Kohle für die derzeit noch tobenden Patent- und Lizenz-Streitigkeiten um diese von Forschern aus der Volksrepublik China und Taiwan erfundene Filament-LED-Imitation, an die sich inzwischen fast jeder kleine und große LED-Hersteller drangehängt hat. Da kann und muss ich wirklich nicht alles testen; vieles erledigt sich schon von selbst.

Blog-Premiere für „Girard Sudron“

Ein französisches Unternehmen, von dem sie hier im Blog bisher noch nie was lesen konnten, ist schon seit über 120 Jahren im Leuchmittelgeschäft und bietet weltweit unter anderem eine Riesen-Palette von LED-„Fadenlampen“ an: „Girard Sudron“ aus Paris. Die Firma hat zwar noch nicht mal einen eigenen Wikipedia-Eintrag, zählt aber dennoch zu den größeren Playern im Licht-Markt. Höchste Zeit also, ein besonderes, sehr leistungsfähiges Modell aus deren Sortiment zum Test zu bitten:

Girard-Sudron-8W-Pack-vornEine nicht dimmbare A70-Filament-„Birne“ mit E27-Sockel, Gardemaß, matt-satinierter Glashaube, 2700 Kelvin Farbtemperatur und offiziell 950 Lumen Lichtstrom (siehe Packungs-Vorderseite rechts) werden Sie woanders auf die Schnelle kaum finden – auch nicht bei den Marktführern Philips, Osram oder „GE Lighting“. Dort ist normalerweise spätestens beim LED-Ersatz für 60-Watt-Glühlampen Schicht im Schacht – also bei rund 800 Lumen.

„Girard Sudron“ protzt bei seiner 42 Gramm leichten Lampe „made in P. R.C.“ (Volksrepublik China) für rund 15 Euro mit dem besten EU-Ökolabel A++ (Packungsausschnitt unten links), nur 8 Watt Leistungsaufnahme und einem Stromsparpotenzial von 90 Prozent. Die spinnen, die Gallier, oder? Nö, Leute, lasst Euch sagen: Hier flunkern die Franzosen nicht. Im Gegenteil – sie sind sogar noch etwas zu bescheiden.

Reaktionsschnelle, leise und „coole“ Französin

Girard-Sudron-8W-LabelIn einer offenen, hängenden Fassung startete die Französin mit chinesischem Emigrationshintergrund ohne merkliche Leuchtverzögerung, gab nur ein leises Surren von sich – bei stiller Umgebung auf maximal 2 cm Distanz vernehmbar – und wurde nach zwei Stunden Dauerbetrieb an der heißesten Stelle, oben am Sockel, maximal 49 Grad warm, unten an der Haube waren’s 25 bis 30 Grad.

Da kannte ich schon wesentlich lautere und heißere Französinnen – aber das ist ein ganz anderes Thema. Verantwortlich für den moderaten Temperaturhaushalt ist wahrscheinlich ein Helium-basiertes Kühlgasgemisch im Innern der luftdichten Lampe.

Gute Lampe für flimmersensible Menschen

Girard-Sudron-8W-FlickerHochfrequentes Lichtflimmern ist vor allem bei klaren LED-Filament-Retrofits ein sehr heikler und häufiger Aspekt. Erstens sieht man’s da eher als bei matten Hauben, zweitens sparen die Hersteller dort gerne bei der Vorschaltelektronik, damit die Bauteile im kleinen Sockel Platz haben und möglichst billig im Einkauf sind.

Da können durchaus schon mal fette zweistellige Prozentwerte ’rauskommen bei einer Messung mit der „Flicker Tester“-App von Viso Systems aus Dänemark. Nicht so bei der „Girard Sudron A70“: Index 0,0 und eine sehr niedrige 3%-Rate bei 100-Hertz-Bezugsfrequenz (Screenshot rechts) – hervorragend! Auch im Kamera-Display habe ich während der Foto-Sessions keine störenden Effekte gesehen.

Das Labor misst eine sensationelle Effizienz

Girard-Sudron-8W-DatenDen Stromverbrauch messen das Labor und ich ebenfalls immer erst nach zwei Stunden „Einschwingen“ – in diesem Fall kamen weitgehend gleiche Werte heraus: 7,6 Watt bei einem elektrischen Leistungsfaktor von 0,56 bzw. 0,58. Die Lampe ist also noch einen Tick sparsamer als angegeben (siehe Packungsdaten links). Leuchtet Sie deshalb im betriebswarmen Zustand auch weniger hell?

Die Ulbricht-Kugel bei meinem Kooperationspartner „David Communication“ räumt diesen Verdacht mit Schmackes aus: Gut 1061 Lumen mit einer Farbtemperatur von 2647 Kelvin und einem Farbwiedergabeindex Ra 82,9 waren kaum zu erwarten (pdf-Download des Messprotokolls). Immerhin kommen wir so auf eine Effizienz von knapp 140 Lumen/Watt – für eine „warm-weiße“ LED-Retrofit ist das absolut sensationell.

Spektralverteilung verbessert die Lumen-Ausbeute

Okay – ein bisschen haben die Franzosen getrickst, wie das Spektraldiagramm mit der Strahlungsverteilung in Milliwatt pro Nanometer Lichtwellenlänge offenbart. Schauen Sie mal zwischen dem kleinen Blau-Hügel und der Orange-Spitze bei rund 609 nm auf die saftige Hochebene im Grün-Bereich – dort ist das Tag-adaptierte Auge am lichtempfindlichsten; deshalb können hier auch überproportional viele Lumen ’rausgeholt werden:

Girard-Sudron-8W-Spektrum

Nach rechts in Richtung Tiefrot ist die Französin deutlich schüchterner; die Flanke fällt ziemlich steil ab. Und das macht sich beispielsweise beim Zusatz-Messwert für die Wiedergabe von „Rot gesättigt“ (R9) bemerkbar. Der liegt nur bei schwachen 8,2. Zum Vergleich: Aktuelle farbtreue LED-Lampen schaffen hier problemlos Werte über 60. Auch andere Töne der 14-Farben-Palette schwächeln teilweise: 57,0 für „Fliederviolett“ (R8), 73,7 für „Blau gesättigt“ (R12). Hervorragend schneiden dagegen „Blattgrün“ (R14 = 97,7) und „Gelbgrün“ (R3 = 94,1) ab.

Höchstens durchschnittliche Lichtqualität

Was also macht die A70-Lampe mit meinem Standard-Farbtreue-Motiv – zwei Motorrädern im Kleinformat auf weißem Untergrund, das eine sattrot, das andere tiefblau (Weißabgleich „Tageslicht“, ohne Nachbearbeitung)?

Girard-Sudron-8W-Farbtreue

Sie färbt erwartungsgemäß alles Gelb-Orange ein, schiebt das Rot in Richtung Ocker, Schwarz in ein dunkles Braun und das Blau ins Unbestimmte. Einen nennenswerten Grünstich habe ich überraschenderweise nicht entdeckt. So oder ähnlich tun leuchten auch viele „normale“, billige, „warm-weiße“ LED-Lampen aus dem Discounter oder Baumarkt.

Insofern also ein bestenfalls durchschnittliches Ergebnis, mit dem allerdings die meisten „Normalverbraucher“ vermutlich gut leben können, so lange am Einsatzort keine hohe Farbtreue nötig ist. Positiv anzumerken: Die Schattenzeichnung der „Girard Sudron“ ist sehr weich, dennoch recht gut abgegrenzt, ohne große Zerfaserung. Es gibt weder harte Schlag- noch Mehrfachschatten.

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Lichtkeule wirkt fast Glühlampen-identisch

Und damit sind wir schon bei einem der wichtigsten Punkte für LED-Fadenlampen: Der Abstrahlcharakteristik. Die sollte möglichst rund um homogen sein, wofür die helle Französin auch gute Voraussetzungen mitbringt. Die mutmaßlich acht sechs Saphir-Filaments mit rundherum angeordneten Mini-CoB-LEDs (laut Auskunft der deutschen „Girard Sudron“-Vertretung – siehe auch das Foto eines Bloglesers) verteilen das Licht schon innerhalb der Haube recht gleichmäßig; das teiltransparente, satinierte Glas diffundiert es noch etwas homogener und sorgt für einen Halbwertswinkel von über 303 Grad (pdf-Download des Diagramms).

Die offizielle „360 Grad“-Angabe kann sich also höchstens auf den Feld- oder „Cut-off“-Winkel beziehen; diese Differenz spielt in der Praxis aber diesmal keine große Rolle. Der Eindruck kommt dem einer matten Glühlampe wirklich sehr nah, wie mein Leuchtbild-Foto beweist:

Girard-Sudron-8W-Leuchtbild

Hängend, stehend, horizontal montiert – egal: In jeder Lage wird es rundherum so hell wie mit einer alten 75-Watt-Glühfaden-„Birne“. Störende Blendreflexe durch einzelne LED-Fäden oder ein schiefer Lichtkegel wegen nicht exakt lotrechter Filament-Montage? Fehlanzeige – beim Foto ist mir nur die Fassung leicht aus der Waagerechten gekippt. Was allerdings auffällt, ist die asymmetrisch geformte Glashaube. Man könnte fast glauben, die Lampe wäre in Handarbeit und mundgeblasen produziert worden. Vielleicht ist ja wirklich jedes Exemplar der Serie ein klein wenig anders geformt und somit ein Unikat. 😉

Die von „Girard Sudron“ publizierte Nennlebensdauer ist ein zweischneidiges Schwert: 25.000 Leuchtstunden klingen für eine LED-Fadenlampe zwar überdurchschnittlich lang – viele Konkurrenten ziehen die Grenze, bis zu der noch 70% der Ursprungshelligkeit vorhanden ist, offiziell schon bei 15.000 Stunden. Die Anzahl der schadlosen Schaltzyklen wird jedoch mit nur mindestens 15.000 beziffert und die Garantiezeit beträgt gerade mal zwei Jahre. Da sollte wesentlich mehr drin sein.

Mein Testurteil:

Girard-Sudron-8W-ausDie knapp 8 Watt starke, nicht dimmbare „Girard Sudron A70“ ist mit rund 1060 gemessenen Lumen und fast 140 lm/W wohl aktuell eine der hellsten und effizientesten unter den „warmweißen“ LED-Standard-„Fadenlampen“ mit E27-Sockel. Sie kann Glühlampen mit bis zu 75 W ersetzen, hat somit ein Stromsparpotenzial von über 90%, passt allerdings mit 118 mm Länge und 70 mm Maximaldurchmesser nicht in jedes Leuchtengehäuse.

Lichtqualität und Verarbeitung sind allenfalls durchschnittlich; die schwache Rot-Wiedergabe und die ungleichmäßig geformte Haube unübersehbar. Sonst leistet sich die große „Birne“ aber keine nennenswerten Schwächen – der „Straßenpreis“ von rund 15 Euro erscheint mir daher (noch) angemessen. Meine LED-Bewertungsskala zeigt nach Würdigung aller Stärken und Schwächen frankophile „deux et demi étoiles“ – auf Deutsch:
LED-SternLED-SternLED-Stern halbzweieinhalb Sterne.

(Offenlegung: Ich habe mir die Lampe regulär auf eigene Kosten besorgt und verdiene nichts daran, wenn Sie sie ebenfalls kaufen.)

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