Blog-Leserfrage (12): Warum flimmern manche LED-Lampen? (Update)

Vor allem bei Videoaufnahmen fällt auf, dass einige LED-Lampen nicht konstant leuchten, sondern flimmern, flackern oder gar blinken. Ein Blogleser wollte wissen, warum das so ist.


Das LED-Tagfahrlicht an meinem Sportwägelchen – in Echtzeit mit einer Nikon-Digitalkamera gefilmt. Der Effekt der langsam getakteten Pulsweitenmodulation ist durch die abweichende Bildwiederholfrequenz der Kamera auch ohne Zeitlupe offensichtlich. Falls Sie hier keinen Film sehen, probieren Sie’s über diesen Link. (Filme/Foto: W. Messer)

Stefan aus Menden im Sauerland hat vor etwa einem Vierteljahr zuhause eine Komplett-Umrüstung auf LED-Beleuchtung begonnen. Jetzt begegnete ihm dabei aber ein leider gar nicht so seltenes Phänomen. Er schrieb mir:

„Seit einiger Zeit lese ich mit wachsendem Interesse Ihr Blog. Zu Hause habe ich größtenteils meine Beleuchtung auf LED-Retrofit umgestellt. Heute habe ich aber zufällig eine Entdeckung gemacht: Wenn ich eine Videoaufnahme mache, und der Raum ist durch LED beleuchtet, ergibt sich ein extremes Flackern oder Flimmern, wie früher die 60-Hertz-Bildschirme.

Man kann dies auch mit einem „Bleistift-Trick“ testen. Den Stift zwischen Zeigefinger und Daumen und auf und abwippen lassen. Macht man dies bei Tageslicht oder flimmerfreier Beleuchtung, hat man eine fließende Bewegung des Stiftes. Im Flackerlicht der LEDs sieht man eine ruckelnde, abgehackte Bewegung.

Dieses Phänomen ist mir vorher noch gar nicht aufgefallen. Da ich aber aus der EDV komme, kenne ich Kopfschmerzen und Augenprobleme, die durch so ein Flackern – ob nun bewusst oder unbewusst wahrgenommen – verursacht werden können. Ist Ihnen das auch schon mal aufgefallen? Gibt es flackernde und nicht flackernde LEDs? Wäre das nicht mal einer näheren Recherche und eines Blogeintrags würdig?

Jetzt habe ich Bedenken, dass ich zu früh auf die LED-Technik gebaut habe und mir eine ungesunde Beleuchtung ins Haus geholt habe …“

Zwei mögliche Gründe für’s Flimmern

Diese Befürchtung kann ich durchaus verstehen; sie ist absolut nicht grundlos. Meine Antwort an Stefan lautete deshalb:

„Das ist tatsächlich ein verbreitetes Phänomen – vor allem bei älteren und schlecht designten LED-Lampen. Es wurde beispielsweise in dieser Blog-Leserfrage thematisiert und auch schon in diversen Kommentaren.

Zwei mögliche Ursachen gibt’s:

Segula-Kerze an1.: Die Vorschaltelektronik einer Hochvolt-LED-Lampe muss die 230 Volt Wechselspannung des Hausnetzes in Gleichspannung umwandeln. Bei schlechten oder zu schwach dimensionierten Bauteilen (Kondensatoren) wird die Welligkeit nicht ausreichend geglättet und es kommt zu ungleichmäßiger Versorgung mit 50- oder 100-Hertz-Schwankungen. Ich prüfe das bei meinen Tests mit Hilfe der Digitalkamera und schreibe auch, wenn’s da Probleme gibt – beispielsweise bei einer bestimmten Segula-LED-Kerze (Bild, mein kurzes Video dazu gibt’s dort).

2.: Meistens erfolgt die Helligkeitsregelung der Chips sehr energieeffizient durch schnelles Ein- und Ausschalten (Pulsweitenmodulation) – etwa bei dimmbaren LED-Lampen oder Kfz-LED-Leuchten (siehe den Film ganz oben). Wenn die Taktfrequenz dieser Schaltregler zu gering ist, können viele Menschen (nicht alle) ein Flimmern wahrnehmen – Videokameras sowieso. Wenn in meinen Tests nichts von einem solchen Flimmern steht, dann gibt’s mit hoher Wahrscheinlichkeit auch keins.

Herkömmliche Glühlampen haben mit solchen Schwankungen oder Taktungen kein Problem, weil der Glühfaden sehr träge auf solche Veränderungen reagiert. LEDs setzen das aber „blitzschnell“ um, deshalb muss hier eine erheblich „sauberere“ Versorgung gewährleistet werden. Das könnte beispielsweise mit Linearreglern gelöst werden. Die sind jedoch sehr ineffizient und werden deshalb nur selten eingesetzt – vor allem für Spezialanwendungen.

Besser ist eine verlustarme, sehr hoch getaktete Schaltregelung sowie eine Pufferung des Stromes durch Kondensatoren mit hoher Kapazität. Die können sich zwar negativ durch längere Ein- und Ausschaltverzögerungen der LED-Lampe bemerkbar machen. Anständige Produkte bieten hier aber akzeptable Kompromisse.“

Aktuelle LED-Lampen flimmern sehr selten

Ein positives Beispiel dafür liefert eine Philips-LED-Lampe mit „High Performance Dimming“, die ich im August 2013 gegen eine IKEA-„Birne“ antreten ließ:


Eine dimmbare 7-Watt-„Master LEDbulb“ von Philips mit der gleichen Kamera gefilmt: Hier gibt’s nicht mal das kleinste Flimmern. Die leichten Helligkeitsschwankungen im Film sind allein der Belichtungsautomatik der Nikon zu verdanken. (alternativer Link).

Bei dieser Philips-Lampe müssen Sie nach dem Einschalten mit etwa einer halben Sekunde „Bedenkzeit“ rechnen, bevor sie mit der zuvor am Dimmer gewählten Helligkeit leuchtet. Je kleiner die Dimmstufe, desto länger dauert’s. Hier spielt allerdings auch noch die Elektronik eine Rolle, bei der ein Mikroprozessor vor der Aktivierung der LED-Chips erstmal prüft, welche Spannung aktuell anliegt. Ich halte diese Verzögerung für akzeptabel, so lange ich dafür einwandfreies, flimmerfreies Licht bekomme.

Was für die „Master LEDbulb“ gilt, trifft auch für fast alle meine neueren Testlampen zu. Sowohl hochwertige Markenprodukte als auch viele aktuellen Discounter-LED-Lampen sind nach meinen Beobachtungen flimmerfrei. Ich kann allerdings nicht ausschließen, dass in diversen Baumärkten und auf Ramsch-Wühltischen einige dubiose Flacker-Modelle herumliegen. Ähnliches Übel droht bei extrem günstigen, zweifelhaften Fernost-Eigenimporten unklarer Herkunft und Qualität.

Wenn’s blöd läuft, kommen Sie dann zu der verspäteten Erkenntnis, dass auch bei LED-Leuchtmitteln „billig“ manchmal teurer als „teuer“ ist und ins Auge gehen kann.


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LEDON und Cree legen Wert auf Flimmerfreiheit

Update 28.3.: LEDON hat dem Flimmer-Phänomen jetzt einen neuen Beitrag in der Rubrik „Lichtwissen“ gewidmet. Der Schluss des Textes lässt keinen Zweifel am Verhalten der aktuellen LED-Lampen aus Vorarlberg zu:

„Im Zuge der stetigen Weiterentwicklung und Verbesserung seiner LED-Lampen, wird dem Thema Flimmerfreiheit bei LEDON besondere Beachtung geschenkt. So können wir im Hinblick auf die großen Fortschritte bei der Vorschaltelektronik sagen, dass unsere aktuelle Produktpalette an LED-Lampen im Gegensatz zu zahlreichen anderen Anbietern (auch Markenanbietern) komplett ohne wahrnehmbares Flimmern leuchtet.“

So ähnlich konnten Sie es auch schon in einem Kommentar unter meinem Blogbeitrag lesen.

Update 07.01.2015: Auch beim US-LED-Produzenten Cree kümmert man sich intensiv um das Problem und hat jetzt bei „Elektronikpraxis“ eine Tabelle der Flimmerindizes und Flimmeranteile von verschiedenen Leuchtmitteln veröffentlicht. Außerdem gibt „Cree Services“ dort Hinweise zur Vermeidung des Phänomens. Einfache Lösungen und klare Vorgaben existieren jedoch nicht.

„Flicker Tester App“ von „Viso Systems“

Update 05.02.2015: Seit einigen Tagen verwende ich bei meinen Tests die „Flicker Tester“-App des dänischen Lichtmessgeräte-Spezialisten „Viso Systems“. Die zeigt beispielsweise, dass eine traditionelle, klare 60-Watt-Glühlampe (Bild unten links) erheblich stärker flimmern kann als so manche LED-„Birne“ – unten rechts die hervorragenden Werte einer 7-Watt-„Lumixon“-Lampe an einem dimmerlosen Schalter:

Flicker-Gluehlampe-Lumixon-E27

Update 19.07.2015: Inzwischen mache ich die Messungen durchgehend mit einer Streuscheibe vor der Kameralinse – wie von „Viso Systems“ empfohlen. Dennoch liefern auch Glühlampen bei einer kalibrierten Bezugsfrequenz von ca. 100 Hertz weiterhin ungewöhnlich hohe Werte. Unten links nochmal die klare 60-Watt-„Birne“, unten rechts eine klare 40-Watt-„Kerze“:

Flicker-60W-40W-Gluehlampen

Zwei mögliche Erklärungen: Die App liefert falsche Werte oder es gibt störende Einflüsse in meinem Stromnetz – vielleicht ja auch beides.

Update 31.07.: Nachdem „Viso Systems“ inzwischen ein einfaches Blatt weißes Papier als geeigneten Diffusor empfiehlt, ersetzte ich heute die bisherige matte Kunststoff-Streuscheibe vor der iPod-Linse und wiederholte die Messungen. Die Ergebnisse nach mehrfachen vergeblichen Anläufen („not enough light“): Index 0,0 und 17% für die 60-Watt-Lampe; Index 0,1 und 20% für die 40-Watt-„Kerze“. Das dürfte der Wahrheit schon deutlich näher kommen.

Neue Messgeräte bei David Communication

Update 28.02.2016: Wie schon im Dezember 2015 angekündigt, wird sich künftig mein Kooperationspartner „David Communication“ um das heikle Kriterium „Flimmern“ kümmern – und zwar deutlich professioneller als ich.

FM-LIDazu laufen im Labor in Reppenstedt bereits Testmessungen mit dem brandneuen „FM-LI“ (PR-Foto rechts) sowie mit dem „FM-LM“-Messgerät von „Fauser Elektrotechnik“ aus München. Hier wurden bisher vor allem Instrumente für „Elektrosmog“/EMV-Prüfungen, Baubiologie, Umwelt- und Arbeitsschutz entwickelt.

Weil aber das Merkmal „Flimmerfreiheit“ bei immer mehr LED-Herstellern und -Händlern eine wichtige Rolle spielt, ergänzen bzw. erweitern Fauser und „David Communication“ (als neuer Vertriebspartner) ihre Produktpaletten entsprechend der Nachfrage.

Das „FM-LI“ kann ein Flackern/Flimmern im Frequenzbereich von 50 Hertz bis 400 kHz erfassen, in eine Prozentanzeige sowie ein akustisches Signal umsetzen. Das sehr kompakte Gerät verfügt außerdem über einen Spannungsausgang zur Analyse des Messsignals mittels Oszilloskop oder Spektrum-Analysator (pdf-Download des Handbuchs). Mit rund 235 Euro brutto ist es auch für semiprofessionelle Anwender erschwinglich.

Fauser-FM-LM-kleinWeit mehr Funktionen zur Lichtmessung hat das „FM-LM“ (PR-Foto links), das in der von „David Communication“ verwendeten „LS“-Variante rund 900 Euro kostet und für Profis gedacht ist. Zwei LED-Fadenlampen von Arteko waren die ersten offiziellen Test-Messkandidaten dieses Geräts im Blog.

Update April 2016: Die „Philips Lighting University“ hat jetzt auf YouTube ein Web-Seminar mit dem Titel „Is it all just Flicker?“ veröffentlicht. Dort erklärt der Wissenschaftler Dragan Sekulovski vom Philips-„High Tech Campus“ in Eindhoven, wie LED-Leuchtmittel-Hersteller, -Anwendungsspezialisten, Universitäten und Regierungen nach Wegen suchen, störende Phänomene wie Flimmern, Flackern, Stroboskop- und Geisterbild-Effekte zu messen, quantifizieren und einzuordnen.

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