Was, wo und wie LED-Anbieter alles über ihre Lampen verraten müssen

Werden Werbebanner oder Printanzeigen von LED/OLED-Herstellern und -Händlern ab September zu Textwüsten? Weil die EU-Verordnung Nr. 1194/2012 spätestens dann umfangreiche Kennzeichnungs- und Publizierungspflichten für Lampen und Leuchten (fast) aller Art fordert? Nein. Wie das in der Praxis aussehen könnte, will ich an einem konkreten Beispiel zeigen.

ELV-Xavax-LED
Ausschnitt einer aktuellen Postwurfsendung des Elektronikversenders ELV mit einer vermeintlich rundstrahlenden LED-Lampe: Sieht fast schon wie vorbildliche Werbung aus, würde aber den neuen Vorgaben ab 1. September nicht genügen.

Erst neulich wieder habe ich mich über eine „Bauhaus“-Beilage aufgeregt, in der LED-Leuchten weitgehend ohne ihre wichtigsten Leistungsdaten beworben wurden. Das ist bei vielen Baumärkten und Discountern so ’ne Art Volkssport: „Lasst doch die blöden Kunden raten, was sie da genau kaufen sollen!“ Meistens finden Sie dann auch in den Online-Ausgaben der Sonderangebote von ALDI, Lidl, OBI und Co. keine zusätzlichen Infos.

Sogar in zahlreichen Internet-Shops mit LED-Produkten herrscht akute Datenarmut, obwohl auf den Produktseiten genug Platz für umfassende Informationen wäre – jedenfalls viel mehr als in teuren Druckbeilagen. Wenn ich dann mal punktuell nachfrage, kommt häufig ‚raus: Das ist kein böser Wille oder Geheimniskrämerei – die kennen die Werte selbst nicht!

Fastvoice-Eigenwerbung neu

Damit soll theoretisch ab 1. September Schluss sein. Die “Verordnung Nr. 1194/2012 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Lampen mit gebündeltem Licht, LED-Lampen und dazugehörigen Geräten“ (pdf-Download) der EU-Kommission fordert dann nämlich zwingend die Veröffentlichung zahlreicher Daten.

Die oben abgebildete ELV-Werbung für eine LED-Lampe des Haushalts-Spezialisten Xavax erfüllt diese Pflicht zumindest schon mal teilweise. Sie nennt korrekt …

Damit kann man als Kunde durchaus was anfangen, ist aber noch nicht ganze Wahrheit. Würden Sie zum Beispiel jetzt schon wissen, dass die Lampe einen Halbwertswinkel von nur 120 Grad hat und wegen dieser Richtwirkung alles andere als ein vollwertiger „Glühbirnen“-Ersatz ist (mit annähernd rundstrahlendem 360-Grad-Abstrahlwinkel)?

Das steht nur in den technischen Daten der Produktseite im ELV-Online-Shop – ebenso wie die Zahl der garantiert schadlosen Schaltzyklen (über 100.000), die Effizienz (78,33 Lumen/Watt), die exakte Anlaufzeit bis zur vollen Helligkeit (<0,1 Sekunden), die IP-Schutzart 20, die Resthelligkeit nach 25.000 Leuchtstunden (>80 % des Anfangswertes) und das Gewicht (165 Gramm).

Auch die Spektralverteilung kommt ans Licht

So viele Werte, so umfassende Information – das müsste doch die neuen EU-Vorschriften locker erfüllen, oder? Nein, nicht ganz, da fehlt noch was:

Vor allem Letzteres haben manche meiner Blog-Leser in den Kommentaren schon mehrfach gefordert. Diese Pflichtangabe dürfte einigen Anbietern starke Bauchschmerzen verursachen, weil so ein Diagramm gnadenlos offenlegt, ob eine LED-Lampe unerwünschte (und unsichtbare) UV- und/oder Infrarot-Anteile hat und wie ungleichmäßig die Farbverteilung im sichtbaren Bereich ist. Die nominelle Farbtemperatur sagt dazu ja herzlich wenig aus.

Schwarze Schafe der Branche kommen sicher spontan auf die Idee, solche Diagramme oder überhaupt alle Leistungsangaben zu fälschen. Da die EU-Verordnung aber stichprobenartige Nachkontrollen aller relevanten Werte vorsieht, könnte das schwer ins Auge gehen und mit einem Vertriebsverbot enden.

Nicht auf allem muss alles draufstehen

Muss dieser komplette Datenwust nun ab September überall gedruckt werden – auf den Leuchtmitteln, Verpackungen, Verkaufsregalen, Werbeanzeigen, im Internet? Nein, sonst wären wohl künftig LED-Lampen und -Kartons mindestens einen halben Meter lang, damit alles draufpasst.

Auf der Lampe oder einer Komplettleuchte mit integrierten LED-Modulen müssen laut EU-Vorschrift diese Daten stehen (Vorsicht, Bürokratensprache!):

„Der Wert und die Einheit („lm“, „K“ und „°“) des nominellen Nutzlichtstroms, der Farbtemperatur und des nominellen Halbwertswinkels in einer lesbaren Schriftgröße auf der Oberfläche, wenn dafür nach dem Anbringen sicherheitsbezogener Informationen (z. B. Leistung und Spannung) genügend Platz auf der Lampe vorhanden ist, ohne das von der Lampe abgestrahlte Licht in unangemessener Weise abzuschirmen. Ist nur für einen der drei Werte Platz, ist der nominelle Nutzlichtstrom anzugeben. Ist nur für zwei Werte Platz, sind der nominelle Nutzlichtstrom und die Farbtemperatur anzugeben.“

LEDON-R50-DatenAuf eine Verpackung – wie die rechts abgebildete einer LEDON-Lampe – gehören (vor dem Kauf sichtbar, statt in Textform auch als Grafiken, Schaubilder und Symbole) beispielsweise:

  • Nomineller Nutzlichtstrom,
  • Nennlebensdauer in Stunden,
  • Farbtemperatur in Kelvin, auch als Grafik oder in Worten,
  • Zahl der Schaltzyklen bis zum vorzeitigen Ausfall,
  • Anlaufzeit bis 60 % des vollen Lichtstroms (die Angabe „sofort voller Lichtstrom“ ist zulässig, wenn diese Zeit kürzer als 1 Sekunde ist),
  • ein Warnhinweis, wenn eine Steuerung der Lampe nicht oder nur mit bestimmten Dimmern möglich ist. Dann muss eine Liste kompatibler Dimmer auch auf der Internetseite des Herstellers verfügbar sein,
  • Abmessungen (Länge und größter Durchmesser) in Millimetern,
  • Halbwertswinkel in Grad (wenn dieser ≥ 90° ist und ihr Nutzlichtstrom … in einem Kegel von 120° gemessen werden soll, gehört dazu ein Warnhinweis, dass die Lampe für eine Akzentbeleuchtung nicht geeignet ist).

Diese Daten müssen laut EU-Kommission ab 1. September auch auf frei zugänglichen Internetseiten bereitgestellt werden. Außerdem sind dort – sowie in anderer, “den Herstellern zweckmäßig erscheinender Form” – alle weiteren hier im Beitrag bereits genannten Werte zu veröffentlichen.

Wie das in der Praxis aussehen könnte

Mal angenommen, die Hersteller, Versender, Fachhändler, Discounter und Baumärkte würden das alles korrekt umsetzen (und mir morgen der Weihnachtsmann zum Geburtstag eine Million Euro schenkt): Dann könnten sie weiterhin völlig legal in ihren Werbebeilagen und -Anzeigen fast alles über ihre Lampen und Leuchten verschweigen, weil’s dazu keine Vorschrift gibt. Es müsste beispielsweise nur ein URL-Verweis zu einer öffentlichen Internetseite drin sein, auf der dann die zahlreichen Pflichtangaben stehen.

ALDI-LED-Gartenleuchten-Web
Leicht nachbearbeitete Werbung für ein inzwischen ausgelaufenes ALDI-Angebot – die unten links eingefügte URL funktioniert tatsächlich, wie Sie mit einem Klick auf die Anzeige feststellen können. Allerdings steht dort bisher das Gleiche wie in der Print-Beilage – also nichts über die Leistung der Gartenleuchten.

Okay, das wäre theoretisch schon enorm viel mehr, als wir bisher an Infos kriegen, aber noch lange nicht optimal. Wer keinen Internetzugang hat, guckt von vornherein in den Mond, muss weiterhin raten oder sich persönlich im Laden informieren (nach jüngsten Umfragen gibt es noch über 16 Millionen „Offliner“ ab 14 Jahren in Deutschland). Die anderen tippen sich die Finger wund mit ellenlangen Links, weil man Printanzeigen bekanntlich nicht anklicken kann (und kommt mir jetzt bloß nicht mit den doofen QR-Codes für Smartphones!).

Doch, ein paar wichtige Werte sollten meiner Meinung nach auch künftig zwingend in die Druck-Werbung für LED-Lampen und -Leuchten:

  • Leistungsaufnahme in Watt
  • eventuell Sockeltyp (z. B. GU10 oder E27)
  • Lichtstrom (mit Glüh- oder Halogenlampen-Vergleich)
  • Lichtstärke (bei LED-Spots und -Strahlern)
  • Halbwertswinkel
  • Farbtemperatur
  • Farbwiedergabeindex
  • Dimmbarkeit
  • Lebensdauer in Leuchtstunden und Schaltzyklen
  • Hersteller-/Händlergarantiezeit

Zu viel? Zu wenig? Eure Meinung dazu bitte unten in die Kommentare schreiben.

Papier ist geduldig und das Monster zahnlos

Noch ein Aspekt: Bereits jetzt halten sich einige Anbieter regelmäßig nicht an die seit September 2009 geltenden EU-Pflichtangaben für „Lampen mit ungebündeltem Licht“ (Rundstrahler). Ernsthafte Konsequenzen hatte das meines Wissens noch nie – Verbraucherschutzverbände und Behörden legen sich offenbar ungern mit ALDI, Lidl, „Bauhaus“ und Co. an und wirken eher wie zahnlose Monster. Vielleicht stört’s ja auch niemanden außer mir.

Wird sich das vielleicht ändern, wenn ab September fast alle Lampen und Leuchten von einer neuen, komplizierten EU-Verordnung erfasst werden? Wenn zu jedem der vielen tausend LED-Leuchtmittel auf dem EU-Markt irgendwo im Netz eine riesige Daten- und Diagrammliste vorhanden sein müsste? Wenn zahlreiche Hersteller ihre Verpackungen und Lampenaufdrucke drastisch ändern sollen – auch die Mini-Firmen aus Fernost, die hierher exportieren? Wenn sie zuvor erst mal ihre Produkte umfassend und für teures Geld durchmessen müssten, um überhaupt an die geforderten Daten und die korrekte Einstufung für das neue EU-Energieeffizienz-Label zu kommen?

Seriöse Hersteller und Händler haben sich natürlich schon lange darauf vorbereitet – anderen wird das am Allerwertesten vorbei gehen. Dabei sind es gerade solche „No name“-LED-Produkte, bei denen wir Kunden solche umfassenden Daten am Nötigsten bräuchten.

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