Ach, wäre das schön: Ein bezahlbares Solarpanel, mit dem wir Apple-User im Garten oder im Stadtpark unsere MacBooks (Pro) kostenlos aufladen könnten – ganz einfach über den MagSafe-Stecker. Dieser Traum scheint jetzt wahr geworden zu sein, dank des Technik-Versandhändlers ELV.
Ausschnitt aus dem ELV-Prospekt Juli/August 2011.
Da glänzt eindeutig ein 17-Zoll-MacBook Pro der vorletzten Generation (ab 2006), das ebenso wie die neuen Modelle schon eine MagSafe-Buchse hatte. Toll! Bloß komisch, dass das Kabel vom Solarlader offenbar nicht am Laptop angeschlossen wurde; die Ladebuchse oben links ist noch frei. Da wird doch nicht wieder ein Werbefotograf einfach mal zusammenhang- und sinnlos ein Apple-Laptop nur deshalb zum Produkt gestellt haben, weil’s so hübsch aussieht – wie das auch bei Tchibo ab und zu vorkommt?
Eine kleine Recherche in diversen Foren und beim Anbieter Powertraveller Ltd enthüllt die bittere Wahrheit: Bei diesem „Solar-Gorilla“ machen Sie sich zum Affen, wenn Sie allein damit Ihr MacBook laden wollen. Sie werden für den genannten Preis (ohnehin nicht besonders günstig, siehe Alternativangebot) keinen Adapter mit geliefert bekommen, der in die MagSafe-Buchse passt. Mit einem USB-Kabel geht’s natürlich auch nicht, denn ein Mac kann generell nicht über die USB-Buchse aufgeladen werden. Powertraveller schreibt dazu in seinen FAQ:
The solargorilla is compatible with Apple Mac laptops using the MagSafe type connector. You will need to purchase the Apple MagSafe Airline Adaptor, however this will only allow your Mac to be powered from the solargorilla – this is a limitation with the Apple cable, not the solargorilla
Auf Deutsch: Sie bräuchten noch einen zusätzlichen Adapter, könnten damit aber nicht Ihren Akku laden, sondern nur den Mac direkt betreiben. Theoretisch. Denn der „Solar-Gorilla“ hat im besten Fall nur 10 Watt Spitzenleistung („Peak“, getestet in der für Solargeräte besser geeigneten südlichen Hemisphäre, nicht bei uns). Das im Prospekt abgebildete 17-Zoll-MacBook Pro benötigt aber bei üblicher Beanspruchung mindestens 30 Watt. Außerdem sind die vom Solarpanel gelieferte Spannung und Stromstärke derart instabil, dass von einem direkten Anschluss sowieso abgeraten werden muss.
Und wofür ist dieses Ding dann überhaupt gut? Powertraveller erklärt:
Your solargorilla will charge most handheld devices via the USB port, such as mobile phones, iPods/MP3 players, Sat Navs, PDAs and handheld gaming devices. The solargorilla will also charge laptops. However, if the laptop is in use while the solargorilla is connected, it will only slow down the depreciation of your battery, it will not run or charge your laptop unless your laptop is off
Den ersten Teil muss ich wohl nicht übersetzen. Im zweiten Teil heißt es, dass der „Solar-Gorilla“ auch Laptop-Akkus laden könne (außer die von MacBooks, wie oben erwähnt), aber eigentlich nur, wenn das Laptop ausgeschaltet ist. Sonst könne er höchstens die Entladung etwas verlangsamen. An anderer Stelle der Website findet man außerdem den Hinweis, dass das Solarpanel optimale Sonnen-Einstrahlung und -Einfallswinkel brauche und bei bedecktem Himmel überhaupt nicht funktionieren könne. Daneben sollte man solche Solarzellen regelmäßig professionell reinigen, um die optimale Leistung zu erhalten.
Fachleute wundert das nicht, denn das „Solar-Gorilla“-Panel besteht aus kostengünstigen polykristallinen Solarzellen mit deutlich geringerem Wirkungsgrad als die teureren monokristallinen. Dieser „Gorilla“ ist also für große „Tiere“ deutlich zu schwach und der ELV-Prospekt mit der Abbildung eines MacBook Pro (bewusste?) Irreführung der Kundschaft – genau das hatte ich vermutet.
Müssen wir Apple-Freunde nun völlig auf die Hilfe der Sonne verzichten? Nein, aber wir brauchen ein Bündel von Geräten; bestehend aus „Solargorilla“ (dort ohne Bindestrich), „Powergorilla“ (ein Puffer-Akku mit 100 Wattstunden Kapazität) und „MagSafe Airline Adapter“ – das sieht dann so aus:
Der Anbieter „Solarbag Shop“ schreibt dazu:
In dieser Kombination benötigt man ca. 12-16 Stunden bei voller Sonneneinstrahlung, um den Powergorilla komplett neu aufzuladen. Die gespeicherte Energie reicht dann für ca. 17 Handy-Aufladungen bzw. 1-2 Notebook-Aufladungen. MacBooks können mit einer Akkuladung ca. 5 bis 10 Stunden am Powergorilla betrieben werden. Danach steht Ihnen noch immer die volle Kapazität des internen MacBook Akkus zur Verfügung.
Das ist natürlich ein wenig optimistisch; selbst das kleinste MacBook dürfte den „Powergorilla“ in weit weniger als 10 Stunden leergesaugt haben. Und dann gibt es noch eine schmerzhafte Einschränkung im täglichen Gebrauch, weil beim Laden des „Powergorilla“ mittels Solarpanel die Ladespannung dummerweise auch am Akku-Ausgang anliegt:
Bei der Nutzung des Solargorilla zum Laden des Powergorilla empfehlen wir daher aufgrund von Spannungsschwankungen das gleichzeitige Laden und Entladen des Gerätes nicht. D.h. während der Powergorilla solar geladen wird, empfehlen wir, keine Endgeräte an den Powergorilla anzuschließen.
Also können Sie den Puffer-Akku ausschließlich ohne „Solargorilla“ mit ihrem MacBook benutzen. Nur dann stellt der „Powergorilla“ eine stabile (einstellbare) Spannung zur Verfügung; unabhängig von der jeweiligen Sonneneinstrahlung und der Leistung des Solarpanels. Bei aller Liebe zu regenerativer Energie: Für dieses höchst sensible „Bundle“ sind mir satte 328 Euro deutlich zu viel.
Es geht aber noch heftiger: Bei den „MacBook-Pro-Fans“ von ELV gibt es die Geräte nämlich nur einzeln. Dort kosten „Solar-Gorilla“ und „Powergorilla“ zusammen sogar 408,95 Euro – ohne MagSafe-Adapter. Der ist auch als Einzelartikel im ELV-Katalog nicht zu finden.
P. S.: Ich habe ELV per E-Mail um Stellungnahme gebeten. Bisher (22.6.) gab es noch keine Antwort.
Update 27.6.: Heute – rund eine Woche nach meiner Anfrage – bekam ich eine E-Mail der „Technischen Kundenbetreuung“ der ELV AG:
„Ihren Hinweis haben wir zur Prüfung an das Produktmanagement in unserem Hause weitergeleitet. Sobald wir Ihnen weiterführende Informationen hinsichtlich der Produktbeschreibung mitteilen können, werden wir uns wieder mit Ihnen in Verbindung setzen. Bis dahin bitten wir Sie jedoch noch um etwas Geduld.“
Kein Problem, Geduld bei der Beantwortung von Kundenanfragen habe ich spätestens seit der Sache mit den Sisal-Kratzbäumen zur Genüge.
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*ausgrab*
Und, gab es noch eine Antwort?
Oder ist die Mail im Posteingang des Produktmanagements verloren gegangen?
@Rolf: Nein, bisher gab’s keine Antwort, aber das ist ja auch erst knapp zehn Monate her. Ich finde, man sollte da nicht zu ungeduldig sein 😉
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