Kundschaft ver-Apple-t

Toll, was da im aktuellen Tchibo-Weihnachtsprospekt auf den Seiten 14 und 15 angeboten wird: Prima Gadgets zum Anstöpseln an die USB-Buchse des MacBook Pro – zum Beispiel ein Video-Digitalisierer, ein Dia-Scanner oder ein Plattenspieler, der’s noch mit den alten Vinylscheiben aufnehmen kann – stimmt doch, oder? Denn geworben wird dafür mit Fotos, die so ähnlich aussehen wie das von mir mit dem eigenen Gerät nachempfundene Bild:

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Sieht meines Erachtens doch ein Blinder mit Krückstock, dass das ein MacBook Pro der vorletzten Generation ist (die neueste hat schwarze Tasten). Aber dann kommt die Ernüchterung beim Blick auf die sehr klein gedruckten Systemvoraussetzungen unten auf der Seite:

Unterstützt Windows XP oder Vista, Systemvoraussetzungen: CPU mit 2 GHz Single Core oder schneller, CPU 1,6 GHz Dual Core oder schneller, Arbeitsspeicher: 1 GB oder mehr, Grafik: DirectX 9.0 mit mind. 64 MB lokalem Speicher, Festplatte: mind. 5 GByte freier Speicherplatz, USB-Schnittstelle 2.0

Aber hallo, die Dinger laufen ja gar nicht mit einem Mac, wenn nicht zusätzlich zum MacOS ein zweites Betriebssystem aufgespielt wird! Beim Plattenspieler stehen keine Systemvoraussetzungen; vielleicht tut’s ja wenigstens der. Ein Anruf bei der Tchibo-Presseabteilung brachte erst mal keine Klärung; ich wurde gebeten, eine schriftliche Anfrage zu stellen:

Sehr geehrte Frau Rad,

wie telefonisch schon kurz besprochen, hätte ich gerne eine Ansicht/Auskunft von Tchibo zu den Abbildungen auf den Seiten 14/15, bei denen ein Video-Digitalisierer und ein Dia-Scanner jeweils an einem MacBook Pro angeschlossen sind, an dem sie jedoch von den (darunter klein gedruckten) Systemvoraussetzungen her nicht ohne weitere Installationen funktionieren können. Dazu müsste erst ein zweites Betriebssystem neben dem MacOS aufgespielt werden (Windows XP oder Vista).

Diese – meines Erachtens irreführenden – Abbildungen sind auch auf Ihrer Bestell-Website zu finden. Offensichtlich wurde hier aus optisch-ästhetischen Gründen bei der Magazinproduktion ein preiswertes Massenprodukt aus der Windows-Welt mit dem teuersten Produkt der Apple-Laptop-Reihe verknüpft, ohne dass darauf im Magazin oder Online hingewiesen wird.

Direkt daneben wird übrigens auf Seite 15 ein Plattenspieler mit USB-Anschluss und (laut Text) zusätzlicher Software gezeigt, bei dem keinerlei Systemvoraussetzungen genannt sind. Auch hier liegt der Verdacht nahe, dass es sich um Mac-inkompatible Software handeln könnte, was aber dem Angebot leider nicht zu entnehmen ist.

Die Antwort von Tchibo-Non-Food-Pressesprecherin Helen Rad kam ein paar Tage später (unbearbeitete Kopie inklusive der Typos):

Ihrem Anliegen bin ich auf den Grund gegangen und es verhält sich mit der Abbildung genaus so, wie bereits am Telefon geäussert: Bei der Auswahl der Laptops wurde nicht bewusst ein Mac-Rechner gewählt. Es ist vielmehr so, dass diese Rechner beim Shooting vorhanden waren.

Die verwendeten Apple-Modelle haben wir versucht durch Bildretuschen unkenntlich zu machen, so dass sie für den Verbraucher als solche nicht mehr erkennbar sind. Im Online- Vorschau Bereich wurden leider noch nicht bearbeitete Bilder eingearbeitet. Die Rechner sollen als sogenanntes „Styling“ betrachtet werden, um zu veranschaulichen, wie das Produkt funktioniert. Sowohl im Magazintext als auch in unserem Online-Shop werden die korrekten Systemvoraussetzungen genannt.

Wir geben unseren Kunden kein Versprechen, welches das Produkt nicht hält.Unglücklich ist lediglich, dass das geschulte Auge des ein oder anderen Verbrauchers unsere angestylten Computer als Apple „enttarnt“ kann, was zu keiner Zeit unsere Absicht war.

Wir halten also fest: Das Fotostudio nahm ein Laptop, das ohnehin grade da war (bei Media- und Werbeleuten meistens von Apple, sieht ohnehin „stylischer“ aus als die hässlichen Kisten aus der PC-Welt), versuchte teil- und ansatzweise, das MacBook Pro „unkenntlich“ zu machen, und stöpselte Geräte an, die damit entweder gar nicht oder nur nach zusätzlichen Installationen betrieben werden können. Und so sollte „veranschaulicht“ werden, „wie das Produkt funktioniert“? Klingt witzig.

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Noch so ein nachempfundenes Beispielfoto von mir. Auch auf den Originalfotos im Tchibo-Weihnachtsprospekt ist der Bildschirm schwarz.

Überhaupt nicht geklärt ist übrigens immer noch die Frage, ob die Software des Plattenspielers mit einem Mac funktionieren kann; das wird weder im Prospekt, noch auf der Webseite, noch im Antwortschreiben von Tchibo erwähnt. Man könnte das als „Schmücken mit fremden Federn“ bezeichnen oder auch als fahrlässige Verbrauchertäuschung (um hier mal keinen Vorsatz zu unterstellen, wie auch die Mail der Tchibo-Presse nahelegt). Es ist jedenfalls kein Einzelfall und auch nicht auf Tchibo beschränkt; solche „Ver-Apple-ungen“ finden sich auch bei anderen Anbietern.

2 Gedanken zu „Kundschaft ver-Apple-t

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