Kabel-TV-Monopoly

Hübsch aufgeteilt haben sich die großen deutschen Kabelanbieter fast das ganze Land: Kabel Deutschland, Unitymedia, KabelBW und Tele Columbus heißen die Quasi-Monopolisten, denen man in den jeweiligen Netzgebieten weitgehend wehrlos ausgeliefert ist. Wer sich seine Fernsehprogramme nicht über Satellit, IPTV, DVB-T oder einen der wenigen kleinen Kabelanbieter holen kann, muss einen Vertrag mit einem der „großen Vier“ abschließen.

Breitband-Glasfaserkabel
Ein Breitband-Glasfaserkabelbündel – hier könnten hunderte digitale TV-Kanäle durch, aber nicht jeder Kabelanbieter lässt auch alle ‚rein. (Foto: BigRiz@Wikimedia Commons, Lizenz CC-by-sa 3.0)

Das erfordert neben der einmaligen Anschlussgebühr und den monatlichen Zahlungen häufig auch hohe Dosen an Duldsamkeit und Durchblick. Jeder Anbieter hat nämlich sein eigenes, spezielles Programm-Bouquet-Menü, kaum vergleichbar mit dem der Konkurrenz. Schon beim Basistarif scheiden sich die Geister. Während hier etwa bei KabelBW der Empfang zahlreicher Digitalprogramme (etwa die öffentlich-rechtlichen Digitalangebote) eingeschlossen ist, kostet das „Digital Basic“-Paket bei Unitymedia € 3,90 zusätzlich pro Monat. Dort wird allerdings sogar Arte HD eingespeist, das es wiederum bei KabelBW nicht für Geld und gute Worte gibt. Hier schieben sich Arte und KabelBW (neuer Claim: „Wir sind Internett„) seit geraumer Zeit den schwarzen Peter hin und her. Die Arte-Technikabteilung schrieb dazu im Juli:

ARTE HD wurde bereits in einzelne kleinere Netze, wie Kabel Halle, direkt in 2008 in deren Netzwerk eingespeist, ohne spezielle Vereinbarungen mit diesen Kabelgesellschaften. Kabel Deutschland hat endlich ARTE HD am 12.02.2010, Unity Media ab 27.04.2010 übernommen. Bleibt nur noch Kabel BW, mit denen wir verhandeln über die Einspeisung von ARTE HD. Der Kabelbetreiber verlangt dafür Extrazahlungen (vom Kunden und von uns) und Verschlüsselung, was wir rechtlich nicht machen dürfen. Alle anderen Kabelgesellschaften haben ohne Verschlüsselung und zusätzliches Geld ARTE HD übernommen, außer Kabel BW. Daher ist eine Einspeisung bei der oben genannten Kabelgesellschaft kurzfristig noch nicht zu erwarten.

Die offizielle Stellungnahme von KabelBW (ebenfalls im Juli 2010):

Wie bereits an anderer Stelle geschrieben, sind wir selbstverständlich an einem Ausbau des HDTV-Angebots interessiert – entsprechende Kapazitäten in unserem Netz sind vorhanden. Sehr gerne wären wir bereit, auch Arte HD einzuspeisen, gerade auch, weil Arte bei unseren Kultur-interessierten Kabelkunden ein gern gesehener Sender ist. Mehr attraktive HD-Inhalte tragen sicherlich auch zu einer höheren Akzeptanz von HDTV in Deutschland bei, insbesondere Kabelkunden schätzen die hohe Übertragungsqualität. Für eine Einspeisung des Arte HDTV-Angebots ist eine entsprechenden Vereinbarung zwischen Arte und Kabel BW notwendig, die bislang von Arte nicht eingegangen wurde. Eine Einspeisung wäre nach Abschluss dieser entsprechenden Vereinbarung aber technisch kurzfristig umsetzbar.

Seither hat sich nichts Entscheidendes getan; wer in Baden-Württemberg Arte HD empfangen will, muss sich weiterhin eine Satellitenschüssel auf’s Dach pflanzen und das digitale Astra-Angebot nutzen. Der DVB-T-Empfang bringt auch nichts, denn im Gegensatz zum französischen Pendant TNT ist bei uns auf diesem Weg noch keine HDTV-Verbreitung möglich.

Für Verwirrung bei der Kundschaft sorgt auch Kabel Deutschland. Bei der Senderübersicht auf der Webseite werden in der Rubrik „Doku & Info“ auch die öffentlich-rechtlichen Digitalprogramme z. B. ZDFneo oder Eins extra) aufgeführt, allerdings mit drei Sternchen, die am Fuß der Seite nach einem entsprechenden Klick so erklärt werden:

*** Für diese Sender ist eine freigeschaltete Smartcard von Kabel Deutschland erforderlich.

Das allerdings wäre ein Verstoß gegen die deutschen must carry„-Regeln, die eine Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme ohne Zusatzkosten und Verschlüsselung vorschreiben. Für die mit einem Stern versehenen Rubriken (etwa „Die Dritten“ Programme) wird ein paar Zeilen darüber angemerkt:

* Die öffentlich-rechtlichen TV- und Radiosender sind auch ohne Smartcard empfangbar.

Hier wird also keine Unterscheidung zwischen Analog- und Digitalangeboten gemacht. Wer das übersieht, muss glauben, dass er bei Kabel Deutschland für ZDFneo und Co. eine Smartcard benötigt und zusätzliche Kosten hat. Das ist aber definitiv nicht der Fall. Zusatzkosten sind bei Kabel D nur für den Umstieg von analog auf digital fällig (siehe die Kommentare in diesem empfehlenswerten Beitrag zur Thematik von Peer Schader). Das könnte man zumindest als fahrlässige Verbrauchertäuschung sehen – manche Kunden vermuten hier sogar Vorsatz.

Tele Columbus verlangt für den digitalen Basisanschluss € 14,99 pro Monat und erklärt rätselhafterweise auf seiner Webseite dazu:

Mit dem digitalen Kabelanschluss empfangen Sie bis zu 41 analoge Fernsehsender und bis zu 35 analoge Radiosender.

Ups, was soll denn dann der digitale Anschluss? Ah, da gibt’s ja für € 4,99 extra noch den Tarif „DigitalTV Basic“. Und der bietet:

9 HD-Sender – Das beste Programm in hochauflösender Qualität und über 60 weitere digitale Sender.

Und hier wird schon die nächste Stufe des Kabel-Wirrwarrs gezündet, denn bei den genannten neun HD-Sendern sind auch welche, die es in keinem anderen Kabelnetz gibt. Es geht um die HD+-Programme, für die man besondere Receiver und Smartcards benötigt; hauptsächlich um die HDTV-Angebote privater Programmanbieter (wie „kabel eins HD“ oder RTL HD) empfangen zu können, die bereits über die Astra-„HD plus“-Plattform via Satellit verbreitet werden. Hier steht Tele Columbus noch allein auf weiter Kabelflur, bisher ist mir kein HD+-Angebot der anderen drei großen Netzbetreiber bekannt.

Unterdessen hat sich auch schon das Bundeskartellamt für die HD+-Verschlüsselungspolitik der Privatsender interessiert und untersucht mögliche Preisabsprachen. ZDF-Intendant Markus Schächter wundert sich, dass sich „kein Mensch darüber aufregt, dass die Privatsender mal eben fünf Euro für das ganz normale Programm in HD-Qualität kassieren wollen.“ Es sei dreist, den Zuschauern dafür ein Abonnement abzuverlangen. Das Privatfernsehen werde vor allem durch Werbung finanziert, es zahle also jeder, wenn er etwa Produkte des täglichen Lebens kaufe. Sein Fazit: „Mit der neuen Mautstelle wird die im europäischen Vergleich ohnehin rückständige Digitalisierung in Deutschland weiter abgebremst“.

Und irgendwo im dunklen Wald steht der Kunde und wird immer verzweifelter: Welche Geräte oder Smartcards brauche ich für welche Programme? Welches Paket muss ich für den digitalen Empfang buchen? Wo bekomme ich tatsächlich meinen Lieblingssender in HD-Qualität und was kostet mich das? Und was ist mit diesem 3D-Fernsehen, von dem gerade jeder redet? Kriege ich das auch über mein Kabel? Die Antworten dazu kennt teils nur der Wind, teils können sie schon mit dem Umzug in ein anderes Bundesland komplett anders ausfallen. Aber so ähnlich kennen Sie das wahrscheinlich schon von Ihren großen Strom- oder Gasanbietern, die ja ebenfalls gewinnbringende Oligopole bilden.

3 Gedanken zu „Kabel-TV-Monopoly

  1. Pingback: Fastvoice-Blog » Blog Archive » Wer zahlt für HDTV im Kabel?

  2. Pingback: Fastvoice-Blog » Blog Archive » ARTE HD 2012 auch bei Kabel BW?

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