Meister Lampe und die EU-Leuchtkörper-Verwirrung

Bald ist wieder September und wie schon im vergangenen Jahr häufen sich die Falschmeldungen über „Glühbirnen“-Verbote – das wird uns auch in schöner Regelmäßigkeit noch ein paar Jahre lang beschäftigen, weil für „elektrische Leuchtkörper“ (EU-Bürokraten-Deutsch) jeweils im September neue Stufen der EG-Verordnung 244/2009 in Kraft treten. Um schon mal mit den größten Irrtümern aufzuräumen: Ab 1. September ist der Verkauf von Glühlampen über 60 Watt Leistung in der Europäischen Union nicht verboten und es dürfen sogar noch weitaus stromhungrigere „Birnen“ hergestellt, vertrieben und verkauft werden, solche zum Beispiel:
Wolfram-Halogenlampe 105 Watt
105-Watt-Wolfram-Halogenlampe der Energieeffizienzklasse C, noch mindestens vier Jahre lang regulär im EU-Handel. (Foto: Wikimedia Commons)

Selbst die herkömmliche „Glühbirne“ (übrigens heute vor 129 Jahren der große Star bei der ersten Internationalen Elektrizitätsausstellung in Paris) darf auch in Stärken über 60 Watt noch nach dem 1. September 2010 verkauft werden, verboten sind allein Herstellung und Handelsvertrieb in der EU. Wenn Ihr Baumarkt also noch genug Lagerware hat, können Sie sich problemlos auch noch im Oktober mit antiquiertem „Glühobst“ versorgen, ohne dass der Verkäufer in Dunkelhaft kommt.

Ob eine Lichtquelle jetzt und künftig legal vertrieben werden darf, ist auch nicht unbedingt vom technischen Prinzip abhängig, sondern vom Lichtstrom (gemessen in Lumen), dem Verwendungszweck, dem Abstrahlwinkel, der Leistungsaufnahme, der Spannungsversorgung und hauptsächlich von der Einstufung in „Energieeffizienzklassen„. Die kennen Sie auch von Kühlschränken, Waschmaschinen, Trocknern etc. – dort sind sie auf Klebeetiketten gedruckt.

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Die schlechteste Klasse bei Leuchtmitteln heißt F, die beste zur Zeit A. Künftig wären wie bei den Haushaltsgeräten auch noch die „Premium“-Klassen A+ und A++ möglich. Herkömmliche Glühlampen liegen in den Klassen D, E und F. Lampen mit mattiertem Glas mussten aber schon seit September 2009 die Klasse A haben, das war also das vorzeitige Aus für die mattierte Glühlampe. Lampen mit klarem Glas müssen diese Mindestanforderungen erfüllen:

  • seit September 2009: ab 100 Watt Energieeffizienzklasse C; darunter Energieeffizienzklasse E
  • ab September 2010: ab 75 Watt Energieeffizienzklasse C; darunter Energieeffizienzklasse E
  • ab September 2011: ab 60 Watt Energieeffizienzklasse C; darunter Energieeffizienzklasse E
  • ab September 2012: Energieeffizienzklasse C für alle
  • ab September 2016: Energieeffizienzklasse B für alle, Ausnahmen für einige Halogenlampen mit Effizienzklasse C, für die noch kein Ersatz auf dem Markt ist.

Zwischendurch, im Jahr 2014, sollen die bis dahin gewonnenen Erfahrungen und neue technische Trends ausgewertet werden, um die bestehenden Regelungen eventuell zu verändern. Möglicherweise wird man dann auch noch einige Ausnahmeregelungen auf den Prüfstand stellen. So sind Speziallampen, etwa in Kühlschränken, Backöfen oder der Medizin, von den Verboten nicht betroffen; ebenso Lampen besonders kleiner und großer Leistung (Lichtstrom unter 60 und über 12000 Lumen) sowie Lampen, die weniger als 60 Volt Spannung benötigen. Ebenfalls nicht enthalten – mangels ausreichender Alternativen – sind Reflektorlampen, die einen gebündelten Lichtstrahl abgeben.

Das alles ist schon ziemlich kompliziert, deshalb von zahlreichen Medien kaum korrekt zu vermitteln, aber noch nicht mal die halbe Wahrheit. Zur genannten EG-Verordnung gehören nämlich noch umfangreiche Regelungen für die Betriebseigenschaften der Lampen und die Produktinformationen auf Verpackungen und in Katalogen. Und weil wir bisher noch nicht von Leuchtstoff- und Hochdruckentladungslampen geredet haben: Für die gilt außerdem eine andere EG-Verordnung, deren Lektüre ebenfalls die Birne rauchen lässt.

Wer sich solche Verordnungsriemen sparen will, kann aber einfach seinen Haushalt Schritt für Schritt auf wirklich energieeffiziente Beleuchtung umstellen. Regelmäßige Leser dieses Blogs wissen, dass ich mich dabei nicht mit eher fragwürdigen Leuchtstoff-„Energiesparlampen“ aufhalte, sondern komplett auf LED-Technik setze, die sich in rasantem Tempo weiterentwickelt und schon weitgehend der Energieeffizienzklasse A oder besser zuzuordnen ist (obwohl LED-Lampen bisher noch nicht offiziell klassifiziert sind). Kleines Zitat aus der oben erwähnten EG-Verordnung 244/2009 vom März 2009:

Zum Zeitpunkt der Verabschiedung dieser Verordnung wiesen die besten der von ihr erfassten Lampen folgende Werte auf:
Der höchste festgestellte Lampenwirkungsgrad war 69 lm/W.

69 Lumen pro Watt – dieser Wert wird von neuen, hochwertigen LED-Lampen inzwischen klar überboten und allmählich nähern sich die Preise dieser hocheffizienten Lichtquellen auch bezahlbaren Regionen. Eine herkömmliche 60-W-„Glühbirne“ zum Beispiel können Sie heutzutage problemlos durch eine 8-Watt-Bioledex-LED-Lampe mit rund 650 Lumen ersetzen. Die kostet zwar zwischen 25 und 30 Euro, spielt aber ihre Kosten innerhalb der Lebensdauer gleich mehrfach wieder ein. Diese Kosten-Nutzen-Relation wird sich mit den zukünftigen Produkten (und bei steigenden Strompreisen) noch weiter verbessern.

Nein, ich mache keine bezahlte Werbung für die LED-Industrie, bekomme keines ihrer Produkte billiger als Gegenleistung für meine Blogbeiträge. Durch den massenhaften Einsatz von LED-Lampen könnte aber der gesamte Stromverbrauch so weit reduziert werden, dass sich die unselige Debatte um die Verlängerung von AKW-Laufzeiten möglicherweise von selbst erledigt. Ich mag die Dinger nicht, habe sie noch nie gemocht und würde gerne schnellstmöglich auf sie verzichten. Dass meine persönliche Stromrechnung seit der umfassenden, privaten LED-Umrüstung schon deutlich geschrumpft ist und dass mir die monströsen EU-„Leuchtkörper“-Verordnungen total egal sein können, das sind die angenehmen Begleiterscheinungen der Aktion. Vielleicht finden Sie ja auch Gefallen an dieser Idee.