Ein etwas anderer Autotest…
Das Ford-Spezialmodell Jokus RRV für den Härtetest „BAB 5„. (Foto: RX-Guru@Wikipedia)
Eigentlich hätte ja schon längst jemand darauf kommen können – Mercedes zum Beispiel oder VW; jetzt aber hat Ford das erste Spezialmodell auf den Markt gebracht, das den Abschnitt der Bundesautobahn 5 zwischen Baden-Baden und Offenburg meistern kann, ohne in Einzelteile zu zerbröseln und ohne seine Insassen zu Invaliden zu machen.
Der Ford Jokus „Rallyecross Rhine Valley„ (kurz RRV) ist eine Weiterentwicklung und die straßenzugelassene Quintessenz der bisher für Offroad-Wettbewerbe entwickelten Modelle der Kölner Autobauer. Ausgangspunkt für die Konstruktion waren die speziellen Herausforderungen, die die A 5 derzeit zu bieten hat: Dutzende Meter lange und bis zu einem halben Meter tiefe Schlaglöcher, die innerhalb von Minuten aufbrechen können, abrupt aufplatzende Fahrbahnnähte, Dreck und enge Fahrspuren in den Baustellenbereichen sowie heftige Slalommanöver wegen diverser überraschend auftauchender, fester oder rollender Hindernisse.
Ein stabiler Leiterrahmen bildet deshalb zusammen mit den Starrachsen das Rückgrat des Fahrwerks, ergänzt durch schluckfreudige Lindsay-Lohan-Längsblattfedern und Pamela Anderson-Doppel-Stoßdämpfer. Der Federweg wurde dem Einsatzzweck entsprechend auf 80 Zentimeter erhöht, die Wattiefe (wichtig bei Fahrbahnüberflutungen) liegt bei satten 1,20 Meter. Die Luftzufuhr für Motor und Fahrgastraum wurde dazu auf das Dach verlegt (siehe Foto oben). Felgen und Karosserie sind aus hochfestem Stahl, wie er auch in den Radkränzen des ICE-Hochgeschwindigkeitszuges zum Einsatz kommt, die Scheiben aus bruch- und rissfestem Panzerglas und die Reifen aus Kevlargewebe mit Moosgummi-Einlage aus dem Rallyesport. Platzende Pneus gehören somit der Vergangenheit an.
„Bei der Reifenprofilierung und -Mischung haben wir weniger Wert auf Trockengrip gelegt,“ erklärt Entwicklungsingenieur Björn Acker, „stattdessen war uns die Traktion auf Kies, Sand, Wasser und Schlamm wichtiger und die Auflagefläche sollte natürlich mindestens viermal die Strecke Baden-Baden/Offenburg und zurück aushalten, ohne die Profilblöcke abzuwerfen“. Keine leichte Aufgabe also und tatsächlich ist der RRV auch ein wenig schwerer geraten als die üblichen Mittelklasse-Limousinen: Knapp vier Tonnen bringt er auf die Waage. Allerdings sind hier bereits die beiden transportablen zwei Meter langen Auf- und Überfahrtsrampen im üppigen Kofferraum enthalten, mit denen sonst unpassierbare Fahrbahnlücken und Schlaglöcher überwunden werden können.
Beim Fastvoice-Test konnte der Jokus RRV trotz seines hohen Gewichts mit überzeugenden Fahrleistungen glänzen: Dank des knapp 300 PS starken 4,6-Liter-V8-Motors aus dem Ford Explorer beschleunigt der RRV auch auf losem Untergrund in nur 2 Sekunden von 0 auf das Tempolimit von 40 km/h zwischen Achern und Appenweier; die Motorleistung wird durch den Allradantrieb mit starrem Durchtrieb und fester 50:50-Kraftverteilung meisterhaft in Vortrieb umgesetzt. Beeindruckend ist das Schluckvermögen der Federung: Während den bedauernswerten Insassen der Fahrzeuge neben uns ständig die Plomben aus den Zähnen fliegen, die Bandscheiben zerbröseln und die Fahrbahn von abgeschüttelten Karosserieteilen anderer Autos übersät ist, bleibt im RRV sogar die Brille auf der Nase sitzen.
Schlaglöcher wie dieses schluckt der Ford Jokus RRV wie nix. (Foto: Wikimedia Commons)
Wunder sollten Sie allerdings nicht erwarten: Essen und Trinken ist während der Fahrt auf der Marterstrecke A 5 auch im RRV nicht ohne nachhaltige Verschmutzung des Innenraums und der Kleidung möglich. Aber selbst wenn es am Ziel der Reise in Offenburg innen aussehen sollte „wie Sau“: Das Fahrzeug macht außen noch einen recht propperen Eindruck, derweil die ursprünglichen Formen herkömmlicher Automodelle nach derselben Tortur nur noch ansatzweise zu erkennen sind und der Besitz eines intakten Auspufftopfs, einer ungesplitterten Windschutzscheibe, vier runder Felgen und luftgefüllter Reifen einen seltenen Luxus darstellt.
Ford empfiehlt allerdings nach jeweils 20 Kilometern auf der A 5 das Nachziehen aller Radmuttern, alle 40 km eine kleine Inspektion mit Kontrolle der tragenden Teile und alle 80 Kilometer den Ersatz der Radnaben, des vorderen „Bullenfängers“ und der Außenspiegel.
Das Fazit: Ford hat erkannt, dass es bei dem maroden Zustand unseres Straßennetzes und der öffentlichen Haushalte keines tiefergelegten Supersportlers in Leichtbauweise mit teurer und ineffizienter Energiespartechnik bedarf. Hier sind andere Qualitäten gefragt und die hat Ford konsequent in seinem RRV umgesetzt und eingebaut. Klasse gemacht! Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Kunden diesen Ansatz würdigen und die Konkurrenz im üblichen deutschen Innovationstempo nachzieht – vermutlich schon in drei bis vier Jahren, wenn die A 5 zwischen Baden-Baden und Offenburg schon längst komplett saniert und auf sechs Spuren erweitert worden ist.
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