Hier wird’s heiß: Der „Tc-Punkt“ von LED-Lampen

Weil vermutlich nicht jeder „normale“ Lampenkäufer damit rechnet, habe ich’s schon ein paarmal hier im Blog thematisiert (besonders ausführlich weiter unten in diesem Grundlagenartikel): Nicht nur „Glühbirnen“ und Halogenspots, auch LED-Lampen können ziemlich heiß werden. Weil aber die Hitze nicht gleichmäßig entsteht und abgeführt wird, hat jedes Modell normalerweise einen Referenzpunkt namens „Tc“, an dem eine bestimmte Temperatur nicht überschritten werden sollte.

Osram Parathom PAR16 35 advancedEigentlich sind die Verhältnisse eindeutig: Glüh- und Halogenlampen setzen 90 bis 95 Prozent der eingesetzten Leistung in Wärme um und können am Glaskörper deutlich über 200 Grad heiß werden – das bedeutet höchste Verbrennungsgefahr. LED-Lampen wie die rechts abgebildete Osram „Parathom Pro PAR16 35 advanced“ liefern dagegen „nur“ 70 bis maximal 80 Prozent Hitze und haben noch dazu eine erheblich geringere Stromaufnahme. Also ist auch weniger Gesamtenergie im Spiel. Trotzdem könnten Sie direkt an einem ungekühlten Hochleistungs-LED-Chip nach einiger Leuchtzeit über 120 Grad messen.

Die Hitze muss ‚raus

Das allerdings würde dem Chip schwer auf die Leistung, Lichtfarbe und Lebensdauer schlagen. Deshalb versuchen die Hersteller alles Mögliche, um die Hitze über Wärmeleitbrücken und großflächige Kühlkörper an einem Gehäuse nach außen abzuführen und so den Temperaturhaushalt der Lampe möglichst niedrig und homogen zu halten. Der österreichische LED-„Retrofit“-Spezialist LEDON erklärt dazu auf seiner Website:

Eine ungleichmäßige Wärmeverteilung innerhalb der LED-Lampe hat nämlich ebenfalls negative Auswirkungen auf die Lebensdauer, da die Lampe sich an bestimmten Stellen viel stärker erhitzt als an anderen.

Zu diesen „bestimmten Stellen“ zählt neben den LED-Chips auch die Vorschaltelektronik, wo vor allem das Wohlbefinden der Kondensatoren (zur Stabilisierung der Spannungsversorgung der Chips) durch zu große Hitze stark beeinträchtigt werden würde. Häufig liegt genau dort die Ursache bei einem Totalausfall von LED-Lampen und nicht bei den Chips.

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Wir kommen zum Punkt

Dummerweise haben aber Lampen-Entwickler – im Gegensatz zu Leuchten-Designern – dort, wo’s drauf ankommt, nur begrenzten Einfluss auf den Temperaturhaushalt ihrer sorgfältig und aufwendig gestalteten Produkte: Beim Kunden. Sie können ja nicht wissen, in welche Leuchten und Fassungsgehäuse der die Dinger ‚reinschraubt oder steckt. Faustregel: Je enger, desto heißer (wie früher beim „Stehblues“-Tanzen). Oder anders herum: Je mehr Luft rund um die LED-Lampe zirkulieren kann, desto kühler bleibt sie.

Kluge Hersteller bauen deshalb vor und geben in ihren Datenblättern einen Referenzpunkt am Gehäuse (Modulproduzenten auch auf der LED-Chip-Platine, siehe diese ausführliche pdf-Abhandlung von „Vossloh-Schwabe“ über das „thermische Design von LED-Leuchten“) und eine darauf bezogene Maximaltemperatur an. Bei dem oben abgebildeten Osram-LED-Spot „Parathom Pro PAR16 35 advanced“ sieht das in der Werkszeichnung so aus:
Osram-Spot Tc-Punkt
Das „Tc“ steht für „casing temperature“ – also die Gehäusetemperatur. Sinnvollerweise wählt man für diesen Messpunkt eine der heißesten Stellen. Bei diesem Osram-Modell wird im Datenblatt (pdf-Download) eine Maximaltemperatur von 90 Grad Celsius vorgegeben. Falls Ihr Messfühler oder berührungsloser Sensor am Tc-Punkt höhere Werte anzeigt, steckt der Spot in einem thermisch ungünstigen Strahlergehäuse und wird sein Leben wahrscheinlich vorzeitig aushauchen.

Osram erläutert diesen Zusammenhang etwas detaillierter in seinem „Innovation Store Blog“:

Durch die Einhaltung der Tc-Punkt-Temperatur wird sichergestellt, dass sich kein Bauteil im Vorschaltgerät unzulässig erwärmt. Außerdem lässt sich mithilfe des Tc-Punktes feststellen, wie viel Temperaturreserven in einer Leuchte vorhanden sind und bis zu welcher Umgebungstemperatur die Lampe eingesetzt werden darf. Typischerweise sind Osram-LED-Lampen für eine Umgebungstemperatur von -20 °C bis +40 °C ausgelegt.

Die Angaben für die garantierte Lebensdauer in Leuchtstunden basieren bei Osram übrigens auf einer Raumtemperatur von 25 Grad und ausreichender Luftzirkulation.

Zum Spiegeleier-Braten reicht’s schon

Möglicherweise hat Sie die 90-Grad-Angabe für den Tc-Punkt oben zwischen den Kühlrippen des Spots ein wenig überrascht. So heiß können LED-Lampengehäuse sogar im Normalbetrieb werden? Ja, können sie, aber meistens bleiben sie deutlich kühler.

In diesem Fall reden wir nämlich von einer „Pro“-Version eines Osram-Spots, die deutlich härter im Nehmen ist als das günstigere „Normalverbraucher“-Modell (man merkt’s unter anderem auch an den unterschiedlichen Angaben zu Lebensdauer und Schaltfestigkeit, siehe pdf-Datenblatt). Dort liegt der Tc-Punkt zwar an der gleichen Stelle wie am etwas anders gestylten „Pro“-Gehäuse, die zugelassene Maximaltemperatur aber nur bei 82 Grad.

Andere Osram-Modelle und Lampen anderer Hersteller können teils noch niedrigere Tc-Werte haben; weniger als etwa 60 Grad dürften Sie aber bei längerem Betrieb einer leistungsstarken LED-Lampe selten messen. Sie kennen das eventuell schon von anderen Punkten mit Buchstabe vorne dran: Wo’s richtig abgeht, kann’s auch echt heiß werden.

P. S.: Es gibt übrigens noch weitere Temperatur-Messpunkte in der LED-Technik, etwa den „Ts-Punkt“ an den Lötstellen der Module (das „s“ steht für das englische „solder“=löten). Besonders hochwertige und robuste Chips wie der neue „Oslon Black Flat“ von Osram können dort gemessene Werte von bis zu 120 Grad mehrere tausend Leuchtstunden lang aushalten.

Mehr zum Thema:

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“Geplante Obsoleszenz”: Auch ein Thema bei LED-Lampen?

Blog-Leserfrage (8): Wie stark dürfen LED-Retrofits sein?

10 Gedanken zu „Hier wird’s heiß: Der „Tc-Punkt“ von LED-Lampen

  1. Wer übrigens des Öfteren ‚mal in einem Baumarkt oder beispielweise bei Conrad die diversen LED-Lampen befummelt, dem wird’s beim Berühren ganz schön warm (ums Herz) sprich um die Finger. Bei einer Gehäuse-Außentemperatur von ca. 60 – 80°C ist eine tatsächliche Verbrennungsgefahr gegeben.

  2. Hallo Wolfgang,

    schöner Artikel, kann das alles nur bestätigen. Möchte aber noch ergänzen:

    Jetzt mag so mancher schnell glauben, dass eine LED-Lampe mit einem tc = 90° des Herstellers A schlechter sein muss, als die des Herstellers B mit einem tc = 80°. Dies mit dem Verständnis, dass die Lampe von A ja heisser wird. Andersdenkende würden sagen: Die von A ist besser, da diese heisser werden darf.
    Das ist alles nicht richtig.
    Es handelt sich um eine Referenz, die besagt, dass bei Einhaltung bzw. Unterschreitung dieses Prüfpunktes die z.B. Lebensdauer sichergestellt ist.

    Es ist ein Referenzwert und keine Kenngröße, welche eine Aussage über die Qualität des Produktes zuläßt.

    Vergleichendes Beispiel.
    Messung der Temperatur an der Aussenfassade eines Gebäudes läßt keine Aussage über die Innentemperatur zu. Nur der Hersteller kennt die Verhältnisse am Messpunkt. (Dicke oder dünne, bzw. schlecht isolierte Wände, max. erlaubte Innentemperatur, …)

    Bei LED-Lampen hab ich die Tc-Punkt Angaben bisher nicht wirklich gesehen, doch auf LED-Treibern ist es sogar in den Richtlinien verankert.

    beste Grüße,
    Tom

    • Ich finde, mein Osram-Spot-Beispiel im Beitrag ist da eindeutig: Die Pro-Version hat einen höheren Tc-Wert als die Consumer-Variante, hält also mehr Hitze aus. Wer käme da auf die Idee, sie sei deshalb schlechter?

      • Aus der Tc-Punkt-Temperatur kann man leider nicht direkt auf die Temperatur der kritischen Komponenten (LED-Chip, aber auch die berühmten Elkos) schließen, weil dies sehr stark von der Wärmeleitfähigkeit und effektive Oberfläche der Kühlkörper abhängt: Größere Oberfläche bei gleichem Wärmefluss = geringere Temperatur.

        Tc kann und dürfte deutlich niedriger sein als die Temperatur am LED-Chip. So wie der Glaskolben einer Glühlampe auch deutlich kühler als der Glühfaden (einige 100 vs. 2700 K) oder auch die Oberfläche der Sonne viel, viel kühler als ihr Zentrum ist (5800 vs. 15 Mio K). Und es gibt Sterne (rote Riesen), die sind innen noch viel heißer, aber außen kühler als die (heutige) Sonne.

        Analog: Lampe mit kleinem Kühlkörper bedeutet hohen Tc, großer Kühlkörper niedriges Tc, auch wenn die Chips exakt gleich heiß werden. Die Überprüfung der Herstellerangaben ist fast nur nachträglich möglich, da nach Vorliegen der Lebensdauerdaten schon längst die nächste Generation auf dem Markt ist (siehe den Artikel zur Stiftung Warentest kürzlich hier im Blog). Also muss man wohl vertrauen und ggf. nachträglich meckern…

        • Oder um das Gleiche irdischer zu formulieren:
          Einen niedrigen T_C kann man auch erreichen, indem man die LED gut von der Außenoberfläche isoliert. Dann kann die LED ihre Hitze nicht loswerden und die Lampe bleibt außen rel. kühl. Wie bei der Thermoskanne. Was vielen gut erscheint ist letztlich schlecht für die LED.
          Notwendig – aber nicht hinreichend – für ein gesundes LED-Leben ist dagegen eine gute Wärmeleitfähigkeit zum Kühlkörper (wie bei der Herdplatte zum Kochtopf). Damit wird der aber erst mal heiß. Nur wenn dieser groß genug und gut belüftet ist, wird er wieder kühler. Nur wenn gute Wärmeleitung von der LED zum Kühlkörper und eine gute Wämeabgabe des Kühlkörpers an die Luft zusammen kommen, wird die Sache gut.
          Der erste Fall alleine – kühle Außentemp (=“Thermoskanne“) – ist gerade bei billigen Lampen technisch viel wahrscheinlicher. Gute Wärmeleitung ist aufwendiger und teurer als eine Kunststoffisolation. Besonders wenn auch noch gefährliche Spannungen isoliert werden müssen.
          Deshalb bin ich bei äußerlich kühlen Retrofits erst mal skeptisch.
          Interessant ist der Vergleich der Oberflächentemperatur, die die Lampe in meiner spezifischen Leuchte erreicht, mit dem Spezifikationswert T_C. Aus diesem Verhältnis kann man sehen, ob die Voraussetzungen für die Nennlebensdauer gegeben sind. Bemüht man Arrhenius und hätte die passende Aktivierungsenergie, könnte man sogar eine reale Lebenserwartung ableiten. Wie genau ist eine andere Sache
          Haben wir aber in diesem Blog irgendwo schon mal abgehandelt. Nur das Finden dauert länger als neu schreiben..

          • Nur ein kurzer physikalischer Nachtrag: Selbst bei stärkerer Isolierung würde der Kühlkörper irgendwann ähnlich heiß werden, allerdings erst nach längerer Zeit, denn die elektrisch zugeführte und nunmehr aufgestaute Wärme muss ja irgendwo hin. Nur steigt die Temperatur im Innern dann umso mehr an (bis der Temperaturunterschied für ausreichend Wärmefluss sorgt), und die LED leidet. Das alles lässt sich am Tc-Wert alleine nicht ablesen, aber namhafte Hersteller werden diesen Wert schon mit Bedacht ermittelt haben. Bei Noname ist es eher schon ein Glücksspiel.

            Generell dürfte es ein gutes Zeichen sein, wenn der Kühlkörper seine Betriebstemperatur schnell erreicht und diese unter Tc liegt. Ein langsamer Anstieg bei kleinem Kühlkörper deutet dagegen (wenngleich nicht zwingend) auf einen Wärmestau hin.

  3. hallo wolfgang. guten tag. zur zeit versuche ich ein frühbett mit 6 hallogenen lampen @ 12v 50W zu wärmen. Die KFZ Accus werden aber sehr leer. Hast
    Du einen Tipp für mich, welche LED Lampen (12volt) ich benutzen konnte und wo ich diese kaufen kann. Vielen Dank im Voraus, mfg raja

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