Ab Juli in Frankreich: Alkotest-Set Pflicht, Blasen aber nicht (Update)

Wer – wie ich – regelmäßig mit dem Auto oder Motorrad in Frankreich unterwegs ist, muss sich nicht nur an die teils erstaunlichen Sitten und Unsitten im französischen Straßenverkehr gewöhnen. Man sollte ebenso einige spezielle Gesetze kennen, die auch für Ausländer gelten. Im Sommer kommt eine neue Vorschrift dazu: In fast jedem Kraftfahrzeug muss ein Alkoholtestgerät liegen.

Alkoholtestroehrchen
So oder ähnlich sehen die Alkohol-Teströhrchen (mit kleinem Sack zum Blasen) aus, die ab 1. Juli in Frankreich Pflicht sind – auch für deutsche Auto- und Motorradfahrer. Für eine genaue Promille-Bestimmung taugen sie allerdings nicht. (Foto: CostaPPPR@Wikimedia Commons, bearbeitet, Lizenz: CC by-sa 3.0)

Eigentlich gilt in Frankreich die gleiche Grenze wie bei uns: 0,5 Promille Alkohol im Blut ist das Maximum im Straßenverkehr. Trotzdem gibt es dort im Verhältnis zur Einwohnerzahl und den insgesamt gefahrenen Kilometern regelmäßig rund 20 Prozent mehr tödliche Unfälle pro Jahr, davon 31 % (oder etwa 1300 Tote) durch Alkohol verursacht. In Deutschland liegt dieser Anteil laut ADAC bei unter 10 %.

Das liegt nicht unbedingt an der sprichwörtlichen Weinseligkeit der Franzosen; wir Deutsche sind beim durchschnittlichen Alkoholkonsum durchaus auf Augenhöhe mit unseren Nachbarn und auch in dieser Hinsicht „führend“ in Europa. Offenbar gehen aber französische Auto- und Motorradfahrer generell etwas distanzierter mit ihren Vorschriften um. Angesichts der Realitäten des Straßenverkehrs in Frankreich mag man kaum glauben, dass die Regelungen dort häufig schärfer, die Tempolimits niedriger und die Bußgelder höher sind als in Deutschland.

Nun also der nächste und vermutlich wieder vergebliche Versuch, den motorisierten Teil der „Grande Nation“ zu disziplinieren: Das Mitführen von Alkohol-Teströhrchen oder elektronischen Atemtestgeräten wird ab 1. Juli zur Pflicht. Wer künftig vor einer Fahrt Alkohol trinkt, soll erst mal blasen, bevor er den Zündschlüssel herumdreht, und bei mehr als 0,5 Promille das Taxi nehmen oder den Schlüssel an den hoffentlich nüchternen Beifahrer weitergeben. „Soll“, nicht „muss“. Das tatsächliche Durchführen dieser Tests ist nämlich vollkommen freiwillig.

Zwischen 1,50 und fünf Euro kosten die Röhrchen (bei uns bisher nur in Apotheken oder Drogeriemärkten zu kaufen), zwei- bis dreistellige Beträge die elektronischen Alkotester. Wirklich exakt sind sie aber – im Gegensatz zu den sehr teuren und geeichten Geräten der Polizei – meistens nicht. Einige Test-Sets schaffen noch nicht mal zuverlässig eine ungefähre Promille-Bestimmung.

Alkotestgerät
Wird von der französischen Polizei auch akzeptiert: Ein elektronisches Alkoholtestgerät. (Foto: J. Pelkonen@Wikimedia Commons, Lizenz: CC by-sa 3.0)

Bis zum 1. November dato gilt immer noch eine Karenzzeit, in der die französische Gendarmerie nur mündliche Verwarnungen ausspricht, danach sind elf Euro fällig, wenn kein Alkotester im Fahrzeug ist (Update 25.1.2013.: Wurde nun bis auf Weiteres verlängert – vor der Einführung der Bußgelder soll ein weiterer Expertenbericht zum Thema „Alkohol am Steuer“ abgewartet werden). Geprüft wird das erfahrungsgemäß auch häufig bereits an den Grenzübergängen nach Frankreich – zusammen mit der Kontrolle von Verbandskasten, Warndreieck und Warnweste. Ausgenommen sind nur Mofas, Mopeds, Mokicks, Roller und „Scooter“ bis zu einem Hubraum von 50 ccm.

Selbst Fahrer von Stauraum-freien Supersportlern müssen also irgendwo ein Plätzchen für’s Röhrchen finden. Das ist allerdings noch einigermaßen zumutbar im Vergleich zur nächsten Disziplinarmaßnahme: Ab 1. Januar 2013 müssen Motorrad- und „Trike“-Fahrer (über 125 ccm bzw. 15 kW) in Frankreich reflektierende Kleidung tragen – zum Beispiel solche hässlichen Warnwesten, wie sie schon seit Jahren für Unfälle und Pannen mitgeführt werden müssen.

Wer das Erscheinungsbild zum Beispiel seiner wunderschönen neuen Ducati Panigale nicht nachhaltig durch den „Bauarbeiter-Look“ des Fahrers verunstalten will, sollte sich eine reflektierende Kombi kaufen oder nächstes Jahr 68 Euro Bußgeld pro Kontrolle einkalkulieren. Das sollte einem die Ästhetik wert sein.

Update 15.02.2013: Jetzt wurde die Alkotester-Pflicht in Frankreich komplett gekippt.