Qualmende Zigaretten haben jede Menge schädliche Wirkungen, das muss ich auch als Raucher unumwunden zugeben, den Einfallsreichtum bayerischer Gastwirte beeinträchtigen sie aber offenbar nicht. Eigentlich gilt ja nach dem Volksentscheid in Bayern vom 4. Juli ab dem 1. August ein weitreichendes Rauchverbot, unter anderem in der Gastronomie, von dem es entgegen landläufiger Meinung auch für das Münchener Oktoberfest 2010 keine Ausnahme gibt. Merken wird man das aber vorerst kaum, denn zum Einen kann im Sommer noch ohne Frostbeulengefahr und völlig legal im Freien geraucht werden – also vor der Kneipe oder im Biergarten -, zum Anderen hatten findige Kneipiers schon kurz nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses eine Lücke im Gesetzentwurf entdeckt.
(Foto: Challiyil Eswaramangalath Vipin@Wikimedia Commons)
Bereits am Abend nach dem erfolgreichen Volksbegehren ließen Kneipiers im Fernsehen und in den Tagen danach auch in den Printmedien die Katze aus dem Sack: Ab nächsten Monat wird wohl in den bayerischen Raucherlokalen jeden Tag gefeiert, denn „geschlossene Gesellschaften“ sind vom Rauchverbot ausgenommen und schließlich hat ja immer irgend jemand von den Gästen oder vom Personal Geburtstag, Namenstag, Hochzeitstag, Arbeitsjubiläum oder sonst einen feierlichen Anlass zum fröhlichen Beisammensein mit ritueller Glimmstängel-Verbrennung.
Man hätte also schon vor gut drei Wochen wissen können, wie windelweich das neue Gesetz ist, aber erstaunlicherweise wurden selbst ausgewiesene Insider nun kalt erwischt. Und erst heute wird auch die Lücke zur echten Schlagzeile, weil das bayerische Gesundheitsministerium die weitgehend vorhersehbaren Vollzugshinweise veröffentlichte. Darin heißt es unter anderem:
Nur im Fall einer echten geschlossenen Gesellschaft, die einen abgetrennten Raum oder die gesamte Gaststätte ausschließlich nutzt und bei der die Öffentlichkeit insoweit räumlich ausgeschlossen ist, greift das gesetzliche Rauchverbot in Gaststätten nicht.
Bei echten geschlossenen Gesellschaften ist der Kreis der Teilnehmer in der Regel von vorneherein auf eine meist kleine Zahl feststehender, namentlich geladener Personen begrenzt. Der Zutritt wird grundsätzlich nur diesen, im Vorhinein bestimmten, also nicht beliebig wechselnden Einzelpersonen gewährt. Beispiele sind private Familienfeiern mit persönlicher Einladung, wie Hochzeit, Geburtstag, Taufe oder eine unter solchen engen Voraussetzungen einberufene Vorstandssitzung einer Gesellschaft. Hier werden nur bestimmte Einzelpersonen bewirtet.
Dieser Definition dürfte bei nicht allzu strenger Auslegung wohl auch die Vorstandssitzung oder Mitgliederversammlung eines beliebigen Vereins entsprechen – wenn es denn kein „Raucherclub“ ist. Denn über die heißt es:
Durch die Gründung sogenannter Raucherclubs kann das Rauchverbot nicht umgangen werden. Raucherclubs haben eine offene Mitgliederstruktur, das heißt ein Wechsel der Mitglieder ist jederzeit möglich. Sogenannte Raucherclubs sind keine geschlossene Gesellschaft.
In der Praxis hat sich schon bisher gezeigt, dass selbst das aktuelle, weniger strenge Nichtrauchergesetz in der Gastronomie kaum beachtet und kontrolliert wurde. Das neue Gesetz und seine Ausführungsbestimmungen dürfte diese Situation kaum verändern, bietet aber genug Raum für juristische Spitzfindigkeiten und Auseinandersetzungen. Immerhin hat der Hauptinitiator des Volksbegehrens, Sebastian Frankenberger, schon erklärt, dass er nicht gegen die Vollzugshinweise vorgehen werde.
Ein wenig Aufwand wird es jedenfalls für die Wirte bedeuten, die ihren qualmenden Kundenkreis zur „echten geschlossenen Gesellschaft“ machen wollen. So dürfte das Drucken von personalisierten Einladungskarten mit wechselnden Anlässen unumgänglich sein – für jeden Gast und für jeden Tag, an dem in der Kneipe geraucht werden soll. Könnte ja sein, dass ein Kontrolleur die mal sehen will.