Blaulicht-Tempo: LEDs im Auto kommen voran

Fritz LorekFritz Lorek ist Automobil-Journalist und schreibt für Fachmagazine, Pressedienste sowie im autolichtblog.de, powered by Osram“. Viele seiner Veröffentlichungen beschäftigen sich mit Fahrzeuglicht im praktischen Einsatz. Seine Tests von Scheinwerferlampen fanden große Resonanz, auch beim Kraftfahrtbundesamt. Dies ist sein zweiter Gastbeitrag in diesem Blog, in dem es um den rasant wachsenden Einsatz von LEDs im Kfz-Bereich geht. In den letzten Monaten hat sich hier eine Menge getan.

Mercedes-Benz E-Klasse (W 212), 2013
Die neue E-Klasse von Mercedes gibt es nur noch mit LED-Abblendlicht. Als Sonderaustattung ist ein Scheinwerfer erhältlich, bei dem Fernlicht und adaptive Lichtverteilungen ebenfalls durch Halbleiter erzeugt werden. (Foto: Daimler-PR)

LEDs in Scheinwerfern sind das Autolicht 6.0 – nach Kerzen, Gaslicht, Standardglühlampen, Halogen und Xenon. Vor allem Technik-affine Menschen sind davon begeistert. Die Ungeduld ist groß: Wann wird es LED-Scheinwerfer für das Modell xyz geben? Wann wird es endlich billiger? Oder auch: Warum ist meines nicht blauer? – das sind häufige Fragen aus der Szene, die beispielsweise bei autolichtblog.de eintreffen.

Von den drei Technologien des Autolichts – Halogen, Xenon und Halbleiter – hat die LED-Technik das größte Entwicklungspotenzial. Eine einzelne LED mit dem Lichtstrom auch nur einer Halogenlampe ist noch in weiter Ferne. Und gerade erst kommen die ersten Scheinwerfer auf die Straße, deren LED-Licht mit Xenon konkurrieren kann.

Gegenüber dieser immer noch lichttechnisch führenden Beleuchtung bieten Leuchtdioden aber einige Vorteile. Xenonlampen leiden unter häufigem Einschalten, während LEDs dies kalt lässt. Gasentladungslampen benötigen ein paar zehntausend Volt zum Zünden und 60 bis 90 Volt Betriebsspannung. Die Versorgung der Leuchtdioden muss eher unterhalb der Bordspannung gehalten werden. Und natürlich ist die tendenziell lange Lebensdauer der Halbleiterlichter ein Vorteil. Sie dürfte in der Regel über der des Autos liegen.

Vario-Module mit LEDs statt Xenon

Von der Kombination Xenon-Leistung und LED-Vorteile profitieren bisher nahezu ausschließlich Oberklassefahrzeuge wie E- und S-Klasse von Daimler. Und getrieben ist die Entwicklung immer noch überwiegend vom Wunsch nach einem ausgefallenen Design und einer ungewöhnlichen – sprich: möglichst blauen – Lichtfarbe.

Insofern ist es spannend, dass in den leistungsfähigsten Scheinwerfern Vario-Module in Projektionstechnik Dienst tun, beispielsweise in der Mercedes E-Klasse. Diese Technik ist bis auf die Lichtquelle identisch mit der in Xenonscheinwerfern und wirkt auf den Betrachter des Scheinwerfers auch sehr ähnlich. Designer bevorzugen bislang die Matrix-Technik, bei der die unterschiedlichen Lichtverteilungen aus einzelnen Leuchtdioden kommen. Die bekanntesten Beispiele bietet Audi.

Eine leichte Trendwende ist aber erkennbar. Einzelne („diskrete“) Leuchtdioden sollten bislang oft signalisieren: Ich habe LED. Mit zunehmender Präsenz auf der Straße tritt diese Botschaft etwas in den Hintergrund. Nun dürfen es beim Tagfahrlicht auch mal wieder homogen leuchtende Flächen sein oder Lichtleiter.
Osram Ostar Headlamp
Basis für die Entwicklung neuer adaptiver LED-Scheinwerfer sind beispielsweise die heute schon eingesetzten Multichip-Module wie diese Osram „Ostar Headlamp Pro“. (Fotos: Osram-PR)

18 Watt LED-Power statt 55-Watt-Halogen

Ob sich im Scheinwerfer auf Dauer Matrix-Anordnungen oder Vario-Module durchsetzen werden, bleibt spannend. Matrix hat den Vorteil, dass keine Mechanik für die Umschaltung der Lichtverteilungen oder das Abblenden nötig ist. Vario-Projektionsmodule bieten auf der anderen Seite das derzeit beste Licht aus LED-Quellen.

Die Leistung ist jedoch nur in der Oberklasse ein beherrschendes Thema, wo LED mit Xenon konkurrieren muss. Sehr sinnvoll wäre aber auch der Einsatz der neuesten Lichttechnik als Ersatz für Halogenlampen. Es gibt bereits serienreife Systeme, die aus nur 18 Watt ein Licht herausholen, das sich mit vielen H7-Scheinwerfern messen kann – mit den schwächeren H4-Fern-/Abblendlichtlampen sowieso. Damit würden sie endlich auch Energie sparen. Halogenlampen brauchen nämlich rund 55 Watt.

In der Oberklasse sparen LEDs nichts

Die LED-Hochleistungssysteme der Oberklasse sind übrigens keine Energiesparer. Sie benötigen rund doppelt so viel wie Xenon mit seinen 25 bis 35 Watt. Schuld daran ist die aufwendige aktive Kühlung der Leuchtdioden mit Lüftern, auf die bei den 18-Watt-Lösungen verzichtet werden kann. Solche Scheinwerfer kosten bis zu zehn Mal mehr als solche in Halogentechnik und sind damit noch teurer als Xenon.

Nun gibt es durchaus Autokäufer, die einen saftigen Aufpreis allein für das blaue Licht zu zahlen bereit sind. Doch den Masseneinsatz fördern könnte eher ein anderer Aspekt: Für neue Technologien kann der Autohersteller einen Rabatt bei der Berechnung des CO2-Ausstoßes bekommen. Angesichts von Strafzahlungen bei Überschreitung von Grenzwerten ist das für die Firmen interessant. Hier hat Audi vor kurzem Pionierarbeit geleistet und die Anerkennung der LED-Scheinwerfer des A6 als verbrauchsmindernde Technik erreicht. Es bleibt abzuwarten, wann und ob die ersten aufpreisfreien LED-Scheinwerfer in der Kompakt- oder Mittelklasse kommen werden.

OSRAM_Oslon Compact_neu
Stilisierte Darstellung eines im Herbst 2012 vorgestellten Prototyps der Osram “Oslon Compact”, zu diesem Zeitpunkt die weltweit kleinste Hochleistungs-LED für den „Automotive“-Markt. Das Gehäuse der LED ist mit nur 1,5 x 1,9 mm² kaum größer als die eigentliche Leuchtfläche des Chips.

Genormte LED-Lampen bei der Erstausrüstung

Sicher ist dagegen der zukünftige Einsatz austauschbarer, genormter LED-Lichtquellen bei der Erstausrüstung. Hier sind bereits ECE-Regelungen in Vorbereitung. LED-Licht dürfte damit billiger werden und das gilt auch, falls doch mal der Austausch einer defekten Lampe fällig wird.

Bei LEDs im Scheinwerfer ist also vieles in Fluss. Zweifellos werden wir in den kommenden Jahren mehr Halbleiterlicht auf der Straße sehen. Ob es immer so blau bleiben wird, ist eine andere Frage. Lichttechnisch und für gutes Sehen sind die bei Vorständen von Autofirmen und manchen Verbrauchern derzeit so beliebten hohen Farbtemperaturen nicht notwendig.

Die herkömmlichen Lichtquellen Halogen und Xenon werden zwar Marktanteile an LED verlieren, doch den Autos noch eine lange Zeit erhalten bleiben. Experten sehen auch nach 2020 noch einen gehörigen Marktanteil für Halogen. Umgekehrt dürfte ab 2018 praktisch jedes Fahrzeugmodell auch in einer LED-Variante erhältlich sein.

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