Fundstücke: Schokoladenseiten

Falls Sie eine Wohnung zu vermieten haben und zu den letzten Verbliebenen gehören, die diesen Willen über ein gedrucktes Medien kundtun wollen, sollten Sie – neben einigen anderen – auch diese einfachen Marketing-Regeln beachten:

  1. Garnieren Sie Ihr Inserat mit einem Foto. Das weckt die Aufmerksamkeit der Leser und sticht aus der Masse der Textanzeigen hervor.
  2. Da der Platz in der Zeitungsanzeige wegen der teuren Millimeterpreise meist nur für ein Bild reicht, suchen Sie sich ein möglichst aussagekräftiges Motiv aus.
  3. Ihre Anzeige ist die Visitenkarte Ihrer Wohnung. Wenn es sich um eine Bruchbude handelt, nehmen Sie also lieber kein aussagekräftiges, sondern ein möglichst schönes Motiv.
  4. Wenn Sie in den Wohnräumen beim besten Willen kein repräsentatives Motiv finden, fotografieren Sie halt irgend was anderes.
  5. Scheuen Sie sich bei renovierten Objekten nicht, Ihren exzellenten Geschmack bei der Auswahl der modernen, neuen Einrichtung auch im Bild zu präsentieren: Be loud, be proud!

Zwei herausragende Beispiele für die tadellose Einhaltung dieser Regeln habe ich dieses Wochenende in den Privatanzeigen der hiesigen Lokalzeitung gefunden:

Bad-AnzeigeTerrassen-Anzeige

Beeindruckend, wie etwa bei der Anzeige links die Regeln 4 und 5 umgesetzt wurden. Vor allem die beiden Waschbecken im Design der Adenauer-Ära scheinen die Schmuckstücke der „sanierten“ Wohnung in Rastatt-Plittersdorf zu sein. Der stilistisch perfekt dazu passende Klorollenhalter ist bereits mit (vermutlich dreilagigem) Papier bestückt und lädt zum sofortigen Einzug ein. In dieses gemütliche Bad zieht man sich doch gerne zurück, wenn draußen mal wieder die spätsommerliche Schnakenplage in den Rheinauen tobt.

Auch das Inserat rechts ist vorbildlich: Regel 4 wurde in aller Konsequenz eingehalten – unter kompromissloser fotografischer Missachtung der fünf Zimmer des eigentlichen Wohnraums zugunsten der „Traumterr.“ mit herrlichem Blick in den Schwarzwald. Wir Badener wissen ja, dass es in Baden-Baden so gut wie nie regnet oder schneit und man deshalb den größten Teil des Jahres auf „Balkonien“ verbringen kann.

Hier hätten sich ohnehin als Alternative auch keine Bilder vom Pkw-Stellplatz oder des Aufzugs ins zweite Obergeschoss angeboten, wie uns der Anzeigentext in bewundernswerter Ehrlichkeit verrät.