Anfang Februar hatte ich schon mal kurz über die zwiespältige Rolle des arabischen Nachrichtensenders Al Jazeera (das Logo sehen Sie links) bei den Umwälzungen in Nordafrika geschrieben. Damals war der Eigentümer des in Doha beheimateten Senders – der Emir von Katar – allerdings noch nicht direkt in die Konflikte involviert, die Journalisten begleiteten die Protestbewegungen in Tunesien, Ägypten, Jemen, Syrien, Iran und Bahrain sehr ausführlich, meist wohlwollend und wurden dafür auch von vielen Kollegen gelobt. Einige Medien waren sogar der Meinung, dass Al Jazeera die Proteste mit angefacht habe. Das kann sich nun radikal ändern – auf Zwang von oben.
Heute wurde nämlich offiziell bekannt, dass auch Katar Truppen zur Unterstützung des sunnitischen Herrscherhauses zum Nachbarn Bahrain geschickt hat. Dessen König, Scheich Hamad bin Isa al Chalifa, lässt schon seit Wochen Demonstranten aus den Reihen der schiitischen Bevölkerungsmehrheit niederknüppeln und erschießen.
Da allerdings abzusehen war, dass die Macht des Königshauses mittelfristig nur mit Hilfe von außen aufrechterhalten werden kann, forderte und bekam der Scheich militärische Unterstützung von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Rund 1500 Mann stark sind die fremden Truppen im Land, zudem erklärte der Scheich am vergangenen Dienstag einen dreimonatigen Ausnahmezustand. Wie viele zusätzliche Soldaten nun aus Katar dazugekommen sind, ist nicht bekannt.
Die neue Lage macht die Arbeit für die Al Jazeera-Journalisten vor Ort jetzt äußerst kompliziert. Wie können Sie nun das gewaltsame Eingreifen der Obrigkeit gegen die Protestbewegung kritisieren, wenn daran unter Umständen auch Truppen des eigenen Landes mitwirken? Wird der Herrscher über Katar und Al Jazeera „par ordre de mufti“ verfügen, dass nun nicht mehr kritisch über reformunwillige und gewalttätige Emirate berichtet werden darf? Müssen die Journalisten und Kameraleute künftig wegschauen, wenn Soldaten aus Katar gewaltsam gegen Demonstranten in Bahrain vorgehen?
Bisher waren solche Überlegungen eher theoretischer Natur, ab sofort kann die spezielle Konstruktion von Al Jazeera als Katars „Haus-Sender“ auch sehr praktische Folgen haben.