TV-Tipp: „Die letzten 30 Jahre“

Nein, Sie müssen – nach der Fußball-WM und wegen des traditionell etwas kümmerlichen Fernsehprogramms in den Sommermonaten mit unzähligen Wiederholungen – nicht jeden Tag die Existenzberechtigung Ihres TV-Geräts hinterfragen. Ab und zu lohnt sich auch im Juli und August noch das Einschalten, zum Beispiel an diesem Freitag (16. Juli) ab 20.15 Uhr bei ARTE. Die Kurz-Inhaltsangabe des 88-Minuten-Films „Die letzten 30 Jahre“ bei Arte.tv liest sich zwar ein wenig nüchtern…

Die bürgerliche Jurastudentin Resa verliebt sich in den linksradikalen Oskar, der allerdings seinen politischen Aktivitäten einen höheren Stellenwert beimisst als der Liebe zu Resa. 30 Jahre später stoßen beide wieder aufeinander…

…, die 2009 gedrehte und nun zum ersten Mal ausgestrahlte Produktion von ARTE, Odeon Pictures und WDR hat aber weit mehr zu bieten als Links-Nostalgie mit Klassenkampf-Phantasien. Das beginnt bei der Besetzung, vor allem mit der von mir hochgeschätzten Barbara Auer und dem Grimme-Preisträger August Zirner in den Rollen des älteren „Immer-noch-Liebespaars“ Resa und Oskar, aber auch mit der hervorragenden Rosalie Thomass als junge Resa.

Barbara Auer
Spielt die ältere „Resa“ in „Die letzten 30 Jahre“: Barbara Auer. (Foto: Rainer Lück@Wikimedia Commons)

Autorin Ruth Toma und Regisseur Michael Gutmann gelingt mit einer gut aufgelegten Crew und dem passenden 70er-Jahre-Soundtrack (zum Beispiel von James Brown, den Rolling Stones, Dexy’s Midnight Runners und David Bowie) ein stimmiger Spagat zwischen Anspruch und Unterhaltung, zwischen Drama und Romantik, der bei vielen Zuschauern sicher auch das eine oder andere nostalgische Gefühl aufkommen lässt – nicht nur bei Altlinken und Kommunarden. Denn natürlich gibt es da eine politische Ebene, eng verwoben mit der auch mir wohlbekannten, in den 1970ern virulenten und vorwiegend linken Oppositionshaltung der Nach-68er-Generation; viel wichtiger ist aber die von konkreten Zeitläuften völlig unabhängige persönliche Ebene.

Was bleibt nach Jahrzehnten von der Anziehungskraft zwischen zwei Menschen, wenn das frühere gemeinsame Ziel (der Feind meines Feindes ist mein Freund) bedeutungslos geworden ist? Wenn sich beide auf eigenen Wegen in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt haben? Wenn die Ideale der Jugend nicht mehr zählen, vielleicht sogar – gewollt oder nicht – völlig negiert werden? Diese Fragen berühren auch Menschen, die nicht in den 1960ern oder 1970ern groß geworden sind, die sich nicht politisch engagiert haben – der Einfluss von Zeit und Entwicklung auf Liebe und Leidenschaft ist universell.

Ein Klassentreffen oder eine zufällige Begegnung nach Jahrzehnten, bei der man feststellt, dass eine Jugendliebe immer noch eine überraschend mächtige Anziehungskraft hat – das sind keine Einzelfälle, das haben wohl schon viele ehemalige Paare erlebt und können sich sehr gut in die Gefühlswelt von Resa und Oskar hineinversetzen. Es dürfte ein stimmungsvoller und vielleicht auch ein wenig wehmütiger Fernsehabend werden an diesem Freitag ab 20.15 Uhr bei ARTE.

2 Gedanken zu „TV-Tipp: „Die letzten 30 Jahre“

  1. Hallo
    Im film lief bei der party am anfang ein titel von den stones .kann mir jemand den titel verraten??
    Danke
    Mfg dietmar

  2. Ich weiß es leider nicht und wenn es auch sonst niemand mehr wissen sollte, hilft vielleicht eine Anfrage bei der GEMA. Die hatte wohl sicher (zumindest teilweise als Vermittler) mit der Lizenzierung des Soundtracks zu tun: info-vr@gema.de

    Auch ein Ansprechpartner wäre die Odeon-Film, die ihn produziert hat: http://www.odeonfilm.de/impressum.php

    Und wenn Du an diesem Samstag (21.5.) früh aufstehst oder am Freitag länger wach bleibst: Um 4.45 Uhr morgens läuft der Film nochmal auf EinsFestival.

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