Osram-„OmniPoint“ – die Zukunft der flexiblen LED-Beleuchtung (Update)?

Eine drahtlos steuerbare Osram-LED-Leuchte namens „OmniPoint“ wurde diesen Monat bei der Fachmesse „Lightfair International“ (LFI) in New York als „innovativstes Produkt des Jahres“ ausgezeichnet. Sie kann sehr flexibles Licht liefern – sowohl breit strahlend als auch eng fokussiert. Und das ist nicht alles …

Osram-OmniPoint-Shop
Einer der Hingucker bei der LFI 2015: Ein Demo-Shop-Aufbau am Osram-Sylvania-Stand – mit einer einzigen LED-Leuchte für „Ambient“- und Akzentlicht. Der größte Teil der „OmniPoint“-Technik steckt unsichtbar im Deckenelement. (Fotos: Osram-Sylvania-PR)

Dass wir sogar zuhause die Helligkeit, Farben und Farbtemperaturen von LED-Lampen und -Leuchten drahtlos steuern können – das ist keine Sensation mehr, sondern für viele schon Alltag. Aber: Auch die Richtung und Breite einer LED-Lichtkeule aus der Ferne regulieren zu können – das kennen wir bisher nur von aufwendiger Bühnen- und Event-Beleuchtung. „Moving Heads“ mit Motorsteuerung, LED-Scheinwerfer mit Abschirmklappen, „Follow Spots„, „Gobo“-Projektoren und DMX-Vernetzung sind nur ein paar der teuren Bausteine, die man dafür braucht.

Osram-Sylvania hat sich offenbar vorgenommen, diese Flexibilität in einfacherer Form auch in Gewerbebetriebe, Büros, öffentliche Gebäude und anspruchsvolle Privathaushalte zu bringen – OmniPoint-Logomit einem einzigen, via Pad fernsteuerbaren Deckenleuchten-Modell namens „OmniPoint“. Hier sitzen 61 LED-Chips in einer konkaven Halbkugel-Wölbung. Jede LED leuchtet also in eine etwas andere Richtung als ihre jeweiligen Nachbarinnen und kann individuell gedimmt und geschaltet werden. Die aufwendige Ansteuerung ähnelt den bereits bekannten Matrix-LED-Autoscheinwerfern bzw. der des „μAFS“-Projekts mit zahlreichen kleinen Leuchtpunkten.

So können Sie sowohl einzelne Bereiche eines Raums akzentuiert ins Licht setzen als auch größere Flächen homogen erhellen. Laut Osram-Sylvania-Pressemitteilung ist dazu nur eine Lichtaustrittsfläche mit rund 12,5 cm Durchmesser nötig. Es gibt keine mechanisch beweglichen Teile oder gar Elektromotoren.

Leider noch keine Nahaufnahmen verfügbar

Ein Detailfoto der Leuchte wurde mir leider auch auf Anfrage nicht zur Verfügung gestellt; vielleicht gibt Ihnen das urheberrechtlich geschützte Bild in diesem Tweet eine Ahnung. Ebenfalls ohne Nahaufnahme des „Corpus Delicti“ kommt erstaunlicherweise das offizielle Präsentationsvideo aus. Will man so etwa Plagiate erschweren? Das Filmchen gibt jedoch immerhin ein paar konkrete Einsatzvorschläge und optische Eindrücke der vielfältigen Möglichkeiten von „OmniPoint“. Die Marktreife des Systems könnte nach Osram-Einschätzung in etwa zehn Monaten erreicht werden.

Die LEDs leuchten jedenfalls laut offiziellen Angaben mit einer „warm-weißen“ Farbtemperatur von 3000 Kelvin und einem sehr guten Farbwiedergabeindex von über Ra 90, um auch anspruchsvolleren Beleuchtungs-Aufgaben gerecht zu werden. Eine harmonische Spektralverteilung und vor allem eine anständige, Halogenlampen-ähnliche Rot-Darstellung sind hier gefordert – etwa in Museen, Galerien oder exklusiven Mode- und Schuhgeschäften (denken Sie nur mal an die roten Sohlen der Louboutin-High-Heels).

Die „OmniPoint“ leuchtet nicht nur, die guckt auch

Gesteuert wird der individuelle Einsatz der zahlreichen Leuchtdioden mit einer speziellen App für iOS oder Android; auf Wunsch sogar mit Hilfe einer zusätzlichen WLAN-Kamera, die ein Bild des Raums von oben aufs Pad sendet. Dann können Sie am Display bestimmte Bereiche oder Punkte auswählen, die besonders erhellt werden sollen. Das sieht beispielsweise so aus:

OmniPoint-Kamera

Theoretisch könnten Sie mit einem weiteren Foto sogar das Ergebnis Ihrer Programmierkünste kontrollieren, ohne den Raum selbst betreten zu müssen. In der Praxis tun Sie das natürlich nicht, weil die Wirkung von Licht nur dreidimensional beurteilt werden kann und nicht allein aufgrund eines platten Bildschirms.

Beim Umräumen braucht’s keinen Elektriker

Wie viel Lichtstrom bzw. Lichtstärke so eine einzelne Leuchte maximal erzeugt, verriet Osram bisher nicht. Offenbar vertrauen die „OmniPoint“-Erfinder aber darauf, dass sie zumindest in kleineren Räumen mehrere herkömmliche LED-Leuchten und -Lampen ersetzen kann. Und wenn die Boutique mal für eine neue Kollektion umgeräumt wird oder eine neue Ausstellung in der Galerie eine völlig andere Lichtverteilung erfordert, muss kein Spot verschwenkt oder gar frisch montiert werden – es genügen ein paar Anpassungen in der Steuerungs-App.

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Soweit ist das alles schon sehr flexibel, aber doch erst der schüchterne Anfang der theoretischen Möglichkeiten. Eine Kombination aus drahtlos steuerbarer LED-Leuchte, Kamera und zusätzlichen Sensoren sollte noch viel mehr aus dem Hut zaubern:

  • Die Intensität des „OmniPoint“-Lichts könnte ohne Nutzereingriff reziprok zu anderen Lichtquellen (etwa einfallendes Tageslicht) geregelt werden.
  • Aufwendigere „OmniPoint“-Varianten mit einer Kombination verschiedener LED-Chips wären zusätzlich in RGB-Farben und/oder weißen Farbtemperaturen (von „warm“ bis „kalt“) dynamisch steuerbar. Sie könnten sich im Tages- und Nachtverlauf sogar automatisch und kaum wahrnehmbar der circadianen Rhythmik anpassen.
  • Die Position von Kunden im Raum könnte automatisch erkannt und deren Blickfeld besonders erhellt werden – also eine Art sanfte „Follow Spot“-Funktion. Wäre beispielsweise in Shops, Museen oder Galerien nützlich.
  • Aktionsartikel mit RFID-Chips könnten dem „OmniPoint“-System ihre Lage im Verkaufsregal „mitteilen“ und so mit einem eigenen, kleinen Lichtkegel hervorgehoben werden. Wenn jemand sie woanders hinlegt, würde das „Highlight“ einfach folgen.
  • Stammkunden bekämen gratis eine abgespeckte App für’s Smartphone, mit der sie ihr eigenes „Wunschlicht“ in einem bestimmten Raumsegment steuern können – beispielsweise am Restauranttisch.
  • „OmniPoint“-Leuchten könnten mit einer entsprechend erweiterten App als „Joker“ in ein vorhandenes „Lightify“– oder „Lightify Pro“-Netzwerk eingebunden werden. Auch im gut situierten Zuhause wäre dann das Programmieren von verschiedenen Lichtverteilungen und -stimmungen möglich, die als Szenen-Presets beispielsweise auf einfachen Fingerdruck via „Apple Watch“ oder durch sequenzielle Stufenschaltung mit einem ganz normalen Lichtschalter abgerufen werden können.
  • Ein akzentuierter Lichtkegel könnte in Theaterfoyers oder Kinos dynamisch durch den Raum „wandern“ – etwa, um Besuchern eine bestimmte Laufrichtung vorzugeben.
  • …………………………………………. (hier bitte Ihre eigenen Ideen einsetzen)

Sie sehen: Die Möglichkeiten sind fast endlos, klingen nur auf den ersten Blick wie Zukunftsmusik und werden so oder ähnlich sicher irgendwann umgesetzt. Ich höre schon förmlich die brummende Aktivität in den Entwicklungsabteilungen. Um also die Schlagzeilen-Frage des Beitrags zu beantworten: Ja, die Osram-„OnmiPoint“-Leuchte ist mit ihrer individuell steuerbaren „Array“-Technik die Zukunft der flexiblen LED-Beleuchtung – zumindest ein wichtiger Teil davon.

Aus dem Prototyp wird eine Serie

Osram-Omnipoint-unten

Osram-Omnipoint-LeuchteUpdate 02.02.2016: Laut einer aktuellen Osram-Pressemitteilung gibt es jetzt ein serienreifes Produkt mit der Schreibweise „Omnipoint“ (also ohne Binnen-Majuskel) und zusätzlichen Steuerungs-Funktionen. Bis zu acht dieser Leuchten könnten gemeinsam über WLAN mit dem DMX512-Protokoll kontrolliert bzw. programmiert werden.

Die Downlights mit jeweils 61 einzeln ansteuerbaren LED-Lichtquellen (oben ein neues PR-Foto, rechts eine PR-Grafik der kompletten Leuchte) würden zunächst in einer 3000- und einer 4000-Kelvin-Variante erhältlich sein. Zu sehen seien die ersten Exemplare auf der Fachmesse „Light + Building“ vom 13. bis 18. März in Frankfurt am Main in Halle 2.

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