„OBI Lighting“-LED-Spots: Die wahren Werte stehen nicht in der Werbung

Dank der Zusammenarbeit mit einem Messlabor konnte ich zum ersten Mal einige Baumarkt-LED-Lampen genauer unter die Lupe nehmen: Was leisten drei aktuell angebotene „OBI Lighting“-Spots tatsächlich?

Labor-Ulbrichtkugel
Dubiose LED-Anbieter ermitteln die Daten ihrer Lampen mit der Glaskugel. Für echte Lichtmessungen gibt’s dagegen „Ulbricht-Kugeln“ – wie diese im Labor meines neuesten Blog-Kooperationspartners. (Fotos: PR)

Noch bis inklusive Samstag, 5. Oktober, können Sie in den OBI-Baumärkten unter anderem drei nicht dimmbare LED-Spots als „Sonderangebote“ kaufen, die schon mal bis Ende September beworben wurden (aktueller Prospektausschnitt unten, pdf-Download der gesamten Beilage). Damals konnten Sie bei mir eine erste Beurteilung lesen – zum Teil mit Schätzwerten, weil die OBI-Werbebeilagen nicht besonders mitteilsam sind und auch sonst nirgendwo konkrete Daten zu finden waren.

OBI-LED-Spots-10-13
Obi-Sortiment Spots 09/13
Die „OBI Lighting“-LED-Spots im Prospekt (oben) und in den Blister-Verpackungen (unten) mit deutlich mehr Daten. Aber stimmen die auch alle?

Die Zeit des Ratens und Schätzens ist jetzt aber vorbei, weil diese drei Spots die ersten LED-Lampen sind, die im Auftrag meines Blogs von einem professionellen Messlabor gratis nachgeprüft wurden. Die Resultate sind absolut bemerkenswert, teils auch erstaunlich.

Wie hell ist der 3-Watt-Spot wirklich?

Beginnen wir mit dem billigsten Spot (3,99 Euro), dessen Packungsangabe von 200 lm Lichtstrom (Bild unten) schon mal erheblich von den in der Werbung versprochenen 250 Lumen abweicht.
Obi-Lighting-Spot-3W
Wie hell ist dieser Strahler mit seinen 60 SMD-Chips denn tatsächlich? Nach zwei Stunden Vorleuchten im Labor zum Erreichen einer realistischen Betriebstemperatur („Einschwingen“) nennt das Messprotokoll rund 276 Lumen bei einer tatsächlichen Leistungsaufnahme von ca. 3 Watt. Die sagenhafte Effizienz von 92 Lumen/Watt und der von mir berechnete Energieeffizienzindex (EEI) 0,1066 reichen knapp für das beste neue EU-Ökolabel „A++“.

Da der Spot einen sehr breiten Abstrahlwinkel von 110 Grad hat, gilt er nicht als „richtstrahlend“ und muss sich deshalb den strengeren EEI-Grenzwerten für rundstrahlende Leuchtmittel unterwerfen (0,11 statt 0,13). Die Label-Einstufung bleibt bei ihm dennoch gleich.

Differenzen bei Lichtfarbe und Farbtreue

Eine Effizienz, die jene von fast allen mir bekannten Marken-LED-Spots schlägt – wie ist sowas möglich bei einer Baumarkt-Billig-Lampe? Erster Hinweis: Die Farbtemperatur ist mit gemessenen knapp 3000 Kelvin deutlich „kälter“ als der offizielle Wert 2700 K. In der Regel haben „kältere“ LED-Lampen aber eine höhere Lichtausbeute als „wärmere“.

Zweitens: Der gemessene und rechnerisch gemittelte „allgemeine Farbwiedergabeindex“ Ra liegt zwar bei 80,6 und damit über dem seit 1. September geltenden EU-Mindestwert für Innenbeleuchtung. Dieser Index berücksichtigt jedoch nur die Wiedergabe von acht Pastellfarben.

Teils deutlich schlechter ist die Farbtreue des 3-Watt-Spots bei den weiteren sechs Messfarben nach DIN 6169 (Grafik unten, Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei). Bei gesättigtem Blau (R12) geht der Wert auf 56,5 herunter, bei der für LEDs schwierigsten Messfarbe „Rot gesättigt“ (R9) sogar auf nur 9,5 (pdf-Download des gesamten Messprotokolls mit Spektralverteilung).

CRI-Testfarben neu

Offenbar wurde dieser LED-Spot konsequent auf maximale Helligkeit getrimmt, ohne größere Rücksicht auf die Lichtqualität. Hohe Farbtreue kostet nämlich prinzipbedingt Lumen-Leistung. Über’m Esstisch oder am Schminkspiegel werden sie mit dem OBI-Strahler vermutlich nicht glücklich werden.

Versprochen werden 20.000 Leuchtstunden, aber nur 10.000 schadlose Schaltzyklen (jeweils ein/aus). Das ist soweit noch EU-konform. Der gemessene elektrische Leistungsfaktor liegt mit 0,32 aber unter dem Grenzwert der EU-Ökodesignverordnung für diese Leistungsklasse (0,4). Der Spot belastet das Hausnetz also mit überdurchschnittlich viel Blindleistung.

Mehr Lichtstrom, weniger Watt

Besser schlägt sich hier der nominell 4 Watt starke, weiße GU10-Spot für 5,99 Euro. Er zog im Labor effektiv nur 3,5 Watt bei einem Leistungsfaktor von 0,57 und lieferte mit seinen drei LED-Chips rund 234 Lumen Lichtstrom (nominell 200 lm). Die gemessene Farbtemperatur ist mit 2703 Kelvin faktisch gleich dem Nennwert 2700 (hier wären auch Toleranzen von über 100 K marktüblich).

Der Farbwiedergabeindex liegt bei rund Ra 81; die weiteren gesättigten Messfarben werden etwas treuer wiedergegeben als beim billigeren Strahler (pdf-Download des Messprotokolls). Die Angaben für die Lebensdauer sind allerdings identisch.

Auch der „Oldie“ ist heller als angegeben

OBI-LED-Spot11_12-kleinDer 4,5-Watt-Spot mit offiziell 180 Lumen war schon mehrfach ein OBI-”Sonderangebot” zu identischen Preisen. Einmal war in der Werbebeilage sogar verraten worden, dass dieser LED-Spot 650 Candela Lichtstärke bei 38 Grad Abstrahlwinkel habe (Archivbild links) – allerdings noch ohne Lumenangabe.

Und hier zitiere ich mich mal selbst aus meinem September-Beitrag, weil’s so schön ist:

Ich kalkulierte damals aufgrund dieser Werte eigentlich einen höheren Lumenwert … . Dass es nur 180 lm sein sollen, überrascht mich etwas und lässt auf einen sehr stark fokussierten Lichtkegel mit wenig Streulicht schließen.

Im Dezember 2012 schrieb ich nämlich über diese Spots:

Mit maximal 220 bis 250 Lumen Lichtstrom sind sie zwar bei weitem nicht so hell wie ein 35-Watt-Halo, können aber dennoch in vielen Fällen wegen des geringeren Streulicht- und Reflektor-Verlustanteils bei LED-Strahlern ein akzeptabler Ersatz sein.

Und was kam jetzt bei der Labormessung ‚raus? Das Ding hat tatsächlich 225 Lumen, nicht nur 180! Damit passt die Relation Lichtstrom/Abstrahlwinkel/Lichtstärke, meine Schätzkünste sind wieder rehabilitiert und Sie können mich künftig als Ulbricht-Kugel-Ersatz buchen. An der dafür notwendigen, rundlichen Form arbeite ich ohnehin schon eine Weile. 😉

„Kälter“ als der offizielle Kelvin-Wert

Keine Ähnlichkeit mit den Angaben in der Werbung sowie auf der Verpackung hat auch die gemessene Farbtemperatur: Es sind knapp 3000 Kelvin statt 2700. Der Ra-Wert beträgt 80,3 – knapp über dem geforderten Minimum. Allerdings sind ein Pflichtwert und einige zusätzliche Einzelwerte beklagenswert schlecht: Fliederviolett (R8) nur 59, gesättigtes Rot (R9) schlappe 5,2 und gesättigtes Blau (R12) gerade mal knapp 63 (pdf-Download des Messprotokolls).

Die Verbrauchsangabe wurde bei drei Testexemplaren des gleichen Modells bestätigt: Es waren 4,4 bzw. 4,5 Watt. Der Leistungsfaktor liegt bei ca. 0,6. Lichtfarbe und Helligkeit änderten sich mit zunehmender Temperatur nur geringfügig – dieser Spot ist offenbar der hitzebeständigste des „OBI Lighting“-Strahler-Trios. Mit einer Effizienz von 50 lm/W und einem EEI-Wert von rund 0,19 schrammt er knapp am „A+“-Ökolabel vorbei und darf sich nur „A“ nennen – trotz des höheren Lumen-Messwerts.

Neue, wertvolle Dimension meiner Blog-Arbeit

Mein Fazit dieser Mess-Premiere: Alle drei „OBI Lighting“-Spot-Modelle leuchten im Labor heller als in der Werbung angegeben, allerdings teils auch mit anderer Lichtfarbe und/oder Leistungsaufnahme. Ob die Angaben zu Lichtstärke und Abstrahlwinkel stimmen, kann ich mangels geeigneter Testgeräte bisher nicht nachprüfen lassen. Die sollen noch angeschafft werden, damit spätestens im 1. Quartal 2014 wirklich alle wichtigen Werte gemessen werden.

Dennoch halte ich diese erste zusätzliche Dimension meiner Blogarbeit für sehr wertvoll und bedanke mich herzlich bei dem (vorerst anonymen) Unternehmen, das sie ermöglicht hat. Immerhin müssten Sie normalerweise jede dieser sieben Messreihen (zwei bzw. drei Exemplare pro Modell) woanders mit mindestens 300 Euro bezahlen.

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3 Gedanken zu „„OBI Lighting“-LED-Spots: Die wahren Werte stehen nicht in der Werbung

  1. Herzlichen Glückwunsch! Das ist doch ein kräftiger Quantensprung vom Schätzen zum Messen. Das find ich richtig gut. Als „gelerntem Meßtechniker“ schlägt da mein Herz höher.
    Jetzt wird auch klar, warum gesättigtes Rot nicht in den Ra Wert eingeht. Da dümpeln die Werte im einstelligen oder unteren zweistelligen Bereich.

  2. Gratulation! Die Messprotokolle sind eine echte Bereicherung! Vor allem ist gut, dass auch die Farbkoordinaten und die sonst meist verschmähten Indizes R9 bis R14 vollständig dabei sind (für mich ist neben Rot v.a. auch das gesättigte Blau R12 interessant). Da werden die Schwächen der Billig-LEDs offensichtlich.

    Wobei man beim R9 aufpassen muss: Aufgrund der nicht ganz homogenen Farbverteilung im zugrunde liegenden Farbraum UVW (CIE 1960; leider gibt es bis heute kein offiziell gültiges Update des CRI) werden Farbfehler im gesättigten Rot etwas übertrieben, daher ist der R9 selbst bei sehr guten LEDs (z.B. Ledon) fast immer der schlechteste. Dennoch ist ein einstelliger R9 wahrlich kein Ruhmesblatt.

    Was ich mich bzgl. der 3000 statt 2700 K frage: Könnte einfach die Produktstreuung bei den Lampen so hoch sein, oder sind die 3000-K-Lampen als 3000 K konzipiert und einfach falsch deklariert worden? Osram hat ja auch schonmal 3400 statt 3000 K geliefert (eine ältere „Parathom“ von 2011, gemessen von „test“) – korrekt deklariert wären die 3400 K für mich sogar ein Kaufargument gewesen 😉

    • Um den Einfluss von Produktstreuungen etwas zu minimieren, wurden pro Modell mindestens zwei Exemplare gemessen. Die Unterschiede waren vernachlässigbar, deshalb tippe ich auf falsche Deklaration für die komplette Charge.

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