LED-Lampenpreise knabbern am „Sweet Spot“ (Update)

Yancey Hai - Delta ElectronicsWolfgang Dehen OsramWenn Menschen wie Yancey Hai (PR-Foto links) oder Wolfgang Dehen (PR-Foto rechts) über die weltweite Entwicklung der LED-Preise reden, dann kommt das nicht aus dem hohlen Bauch, sondern resultiert aus tiefen Einblicken in den Markt. Schließlich ist Hai seit Ende Juni „Chairman“ (Vorstandschef) von „Delta Electronics“, einem der 40 größten Konzerne Taiwans, Dehen leitet mit Osram einen der Weltmarktführer der Lichtbranche. Beide sind sich tendenziell einig: Der jährliche Preisverfall für LED-Lampen lag 2011 zwischen 15 und 40 Prozent und ist auch aktuell im zweistelligen Bereich. Nach Meinung von US-Experten könnten bei diesem Trend die Ladenpreise bei LED-„Retrofits“ zum Beispiel für herkömmliche 40-Watt-Glühlampen bis nächstes Jahr auf breiter Front den „Sweet Spot von 10 US-Dollar (rund 8,15 Euro) erreichen.

Die Entwicklung scheint aber alles andere als linear und weltweit gleichmäßig zu verlaufen. So spricht Yancey Hai davon, dass der Preisverfall 2011 weltweit bei 40 Prozent gelegen habe und für dieses Jahr 20 bis 30 Prozent erwartet würden. Osram-Chef Dehen kalkuliert dagegen mit einer durchschnittlichen Preissenkung bei LED-Produkten von 15 bis 20 Prozent jährlich. Die etwas unterschiedliche Projektion könnte aus den uneinheitlichen Trends in verschiedenen Teilen der Welt resultieren.

Preise purzelten in Asien, Sonderkonjunktur in Japan

Das Online-Fachmagazin „LEDinside“ berichtete schon Ende 2011, dass der Preisverfall im asiatischen Raum – vor allem in China – wegen der dort hergestellten großen Stückzahlen deutlich drastischer ausgefallen sei als etwa in den USA. Zum Teil gab es dort heftige Überproduktion mit entsprechend hohen Lagerbeständen, tiefen Dellen in der Umsatzkurve und Sorgenfalten in diversen Manager-Stirnen.

Eine Art „LED-Sonderkonjunktur“ verzeichnet Japan seit der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe im März 2011 mit dem anschließenden Atomkraftwerks-GAU: Die Nachfrage nach stromsparender Beleuchtung kletterte dort auf ungeahnte Höhen. Laut dem „Global and China LED Industry Report, 2011-2012“ wurden von den 2011 weltweit verkauften rund 41 Millionen LED-Lampen allein 62% in Japan abgesetzt, in ganz Europa waren’s nur 16%. Hauptprofiteur dieses regionalen Booms ist nach Ansicht von Marktforschern der japanische Chip-Hersteller Nichia, dessen LED-Geschäft 2012 vermutlich die 3-Milliarden-Dollar-Umsatzmarke überschreiten wird.

Asiatische Produzenten als Vorreiter

2012 und 2013 werde sich, so „LEDinside“, aber auch der nordamerikanische Markt stark entwickeln, weil asiatische Hersteller sich dort stärker engagierten und durch sinkende Preise größere Absatzchancen generieren könnten. Erfahrungsgemäß zögen die einheimischen Anbieter dann entsprechend nach und das Preisniveau sinke großflächig.

Tendenziell gilt das auch für Mitteleuropa, wo die Preise für Qualitäts-LED-Lampen allgemein noch relativ hoch sind. Immerhin sind schon vereinzelt ordentliche Produkte um oder unter 10 Euro (umgerechnet etwa $12,25) auf dem Markt, die 40-Watt-„Glühbirnen“ ersetzen können – allerdings nicht immer exakt nach der strengen EU-Vorgabe. „Echte“ LED-Äquivalente müssen laut offizieller Regelung mindestens 470 Lumen Lichtstrom haben (eine 40W-Glühlampe schafft allenfalls 420). Hier legen bei uns selbst die günstigsten empfehlenswerten Angebote noch deutlich über 10 Euro.

LED-Ersatz für 40W-Glühlampe unter $10

Ecosmart A19 LEDZiel der LED-Industrie muss es sein, in verschiedenen Leistungsklassen und Produktbereichen jeweils den so genannten „Sweet Spot“ zu erreichen – einen optimalen Verkaufspreis, der zwar eine geringere Marge bringt als ein höherer Preis, aber genau dadurch den Markt entscheidend erweitert und wegen der erheblich größeren Absatzmenge einen höheren Gesamtgewinn verursacht. Dieses typische Merkmal eines optimal platzierten Massenprodukts geht LED-Lampen und -Leuchten häufig noch ab, obwohl es rasante Fortschritte bei der Technik und Effizienz der LED-Chips gibt.

Eine starke Entwicklung in diese Richtung war aber bereits im vergangenen Monat auf dem US-Markt zu beobachten, als nach neuesten Recherchen von „LEDinside“ der Preis für das billigste LED-Äquivalent einer 40-Watt-Glühlampe (rechts die „Ecosmart A19 LED“, 9 Watt, 430 Lumen, Foto: Lighting Science Group) erstmals unter jene Marke von 10 US-Dollar fiel, die von Marktbeobachtern als „Sweet Spot“ betrachtet wird und die die Kunden in die Läden treibt. Ausgelöst wurde dieser Trend dort offenbar durch die aggressive Niedrigpreispolitik südkoreanischer Produzenten zur Gewinnung von Marktanteilen.

Jahresumsatz bis 2017 mehr als verdoppelt

Die Expertenvorhersagen vom Ende des vergangenen Jahres sind also schon in der ersten Jahreshälfte 2012 eingetroffen – zumindest für Nordamerika. Und wie geht es weiter? Eine aktuelle Studie von „BCC Research“ prophezeit der LED-Industrie im Teilmarkt der allgemeinen Beleuchtung in den nächsten fünf Jahren eine durchschnittliche jährliche Steigerung des weltweiten Umsatzes um 15,4% – von 7,6 Milliarden US-Dollar 2012 bis auf 15,6 Milliarden 2017. Eine höhere Rate schaffe mit 16,9% nur der Umsatz mit LED-Backlights für TV-Geräte und Monitore, bliebe aber bei den absoluten Zahlen mit 5,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2017 immer noch weit dahinter zurück.

Der weltweite Jahresumsatz für allgemeine LED-Beleuchtung würde sich also nach dieser Studie in den nächsten fünf Jahren mehr als verdoppeln – wenn’s tatsächlich so kommt, wäre das theoretisch eine schöne marktwirtschaftliche Basis, um 2017 eine Qualitäts-LED-Lampe für weniger als die Hälfte des heute üblichen Preises kaufen zu können. Ziemlich süß, so ein „Sweet Spot“.

Update 5.3.2013: Die 10-Dollar-Marke ist jetzt auch für einen hochwertigen, dimmbaren 40-Watt-„Glühbirnen“-Ersatz geknackt – ausgerechnet von einem der Marktführer im LED-Chip-Geschäft: „Cree“ steigt überraschenderweise massiv ins Privatkunden- LED -„Retrofit“-Geschäft ein und präsentiert Lampen mit Standardfassung ab ca. 10 US-Dollar (umgerechnet ca. 7,65 Euro, 450 Lumen, warm-weiß, 6 Watt, CR 80) bzw. 13 $ (knapp 10 Euro, 800 Lumen, warm-weiß, 9,5 Watt, CRI 80, ebenfalls dimmbar, Datenblatt-Download). Gibt’s allerdings erstmal nur exklusiv bei „The Home Depot“ in den USA, Kanada und Mexiko. Was wohl die bisherigen „Cree“-Modul- und Chip-Kunden von der neuen Hammerpreis-Konkurrenz halten?