LED-Testlampen: Die schlechten ins Töpfchen?

Einige Hersteller und Händler von LED-Lampen müssen sich offenbar noch daran gewöhnen, dass ihre neuen Produkte von Dritten unter die Lupe genommen werden könnten. Oder wie wäre es sonst zu erklären, dass immer mal wieder mangelhafte Exemplare bei mir landen? In anderen Branchen wird dagegen mit allen Mitteln versucht, schlechte Testergebnisse zu verhindern.

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Sie surrt erheblich leiser als das erste Exemplar: Die jetzt nachgelieferte 12-Watt-Testlampe von LEDON mit über 800 Lumen Lichtstrom. (Fotos: W. Messer)

Am liebsten wäre es mir, es gäbe keinen Anlass, diesen Beitrag zu schreiben. Als ehemaliger Zeitungsredakteur, der ab und zu auch als Auto- und Motorradtester aktiv war und nun eine ganze Menge über LED-Beleuchtung schreibt, kann ich aber nicht anders.

Früher war die Sache noch klar: Leuchtmittel hießen „Glühbirnen“, waren geringwertige Wegwerfartikel und brauchten keine große Erklärung. Jeder wusste, dass er mit einer 60-Watt-Glühlampe eine bestimmte Helligkeit bekam und nach rund 1000 Leuchtstunden war Schluss. Ob diese „Birne“ nun von Osram, Philips, „General Electric“ oder als „no name“-Lampe aus dem Baumarkt kam, spielte keine große Rolle. Oder können Sie sich noch an große „Glühbirnen“-Vergleichstests in den Medien erinnern?

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Das änderte sich schon, als die Kompaktleuchtstofflampen kamen (pauschal und nicht immer gerechtfertigt als „Energiesparlampen“ bekannt) und die Kunden feststellten, dass es selbst bei nominell gleich starken Exemplaren verschiedener Hersteller und Modellreihen durchaus Unterschiede bei der Lichtqualität und -menge gab. Erheblich drastischer wurde diese Differenzierung mit der Verbreitung der LED-„Retrofit“-Lampen – enorm teuer im Vergleich zum Cent-Artikel „Glühbirne“, aber häufig bei Weitem noch kein adäquater Ersatz und mit Qualitätsspannen zwischen „Elektroschrott“ und „High Tech“.

Plötzlich hatten wir’s teilweise mit Lampen zu tun, die so viel kosteten wie früher ein gut ausgestattetes Handy, aber viel länger halten sollen. Denn nur über die Lebensdauer können LED-Leuchtmittel ihren hohen Kaufpreis durch die Stromersparnis wieder einspielen. Dieser Paradigmenwechsel überforderte offensichtlich nicht nur die Verbraucher, sondern auch Industrie und Handel. Erste unabhängige LED-Tests endeten für manche Anbieter desaströs, zahlreiche Kunden wurden von der neuen, teuren Technologie nachhaltig enttäuscht.

Mängel in jeder Preislage

Auch mir geht es heute noch regelmäßig so, dass gekaufte oder von Firmen gratis zur Verfügung gestellte Testlampen verhaltensauffällig werden – etwa durch optische oder akustische Merkwürdigkeiten. Das kann sowohl billige „no name“-Produkte als auch teure „Luxus-Lampen“ betreffen; eine eindeutige Korrelation scheint es da nicht zu geben. Das ist einerseits für meine Blog-Leser beruhigend: Die Mängelquote scheint bei einem Amateur-Tester wie mir auch nicht kleiner zu sein als bei der „normalen“ Kundschaft. Andererseits kann das aber wegen des insgesamt zu hohen Fehleranteils kein echter Trost sein.

Warum das so bemerkenswert ist? Weil es beispielsweise bei Auto- und Motorradtests ganz anders aussieht. Jeder Hersteller und Importeur betreibt einen sorgfältig gehegten und gepflegten Pressefuhrpark. Hier landen von vornherein nur selektierte Fahrzeuge vom Band, die dann auch noch von den besten Technikern des Hauses akribisch geprüft und nachbearbeitet werden. Wie bei „Aschenputtel“: Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.

„Serie“ ist was anderes als „Testfuhrpark“

„Montagsautos“ finden Sie in diesen Fuhrparks nicht, stattdessen öfter mal Motoren am oberen Rand der Serien-Leistungsstreuung und darüber hinaus. Teilweise werden für bestimmte Test-Publikationen sogar Fahrwerkseinstellungen jenseits aller Werksvorgaben optimiert. Die taugen dann zwar nicht mehr viel für den Alltagsbetrieb, sorgen aber für etwas schnellere Rundenzeiten in Hockenheim oder auf der Nürburgring-Nordschleife.

Das Resultat solcher Bemühungen ist im besten Fall eine gedruckte Lobhudelei mit sehr guter Testnote, die potenzielle Kunden in die Ausstellungsräume und zur Vertragsunterzeichnung treibt. Das böse Erwachen kommt eventuell danach, wenn die wirklich serienmäßige Möhre – im Gegensatz zum Presseauto – kein Salatblatt vom Teller zieht und dennoch jede Menge vom feinen Sprit-Dressing verlangt. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass Journalisten sehr günstig gebrauchte und generalüberholte Testfahrzeuge aus den Pressefuhrparks kaufen können? Been there, done that.

„Testlampen-Pool“? Ich kenne keinen

Und wie machen das LED-Lampen- und Leuchtenhersteller? Die sind häufig froh, wenn sie aus ihren weit entfernten Produktionsbetrieben überhaupt mal was termin- und plangerecht Fertiggestelltes bekommen. Zwischen Produktankündigung und Lieferung kann da schon mal fast ein Jahr ins Land gehen, etwa wegen des in epischer Länge gefeierten chinesischen Neujahrsfests – aber egal: Hauptsache irgendwas macht irgendwann und irgendwie in Europa Licht.

Einen sorgfältig gehegten „Testlampen-Pool“ mit selektierten oder gar verbesserten Exemplaren für Journalisten und Blogger werden Sie vermutlich nirgendwo finden. Zahlreiche Unternehmen (wie Conrad, ELV, Sygonix, Samsung oder „General Electric“) verschicken selbst auf höfliche Anfrage nicht mal das kleinste Lämpchen. Andere sind da freigiebiger, nehmen die Testlampen aber aus dem Sortiment, das gerade zufällig da ist. Die können vom ganz normalen Zwischenlager für den Handel stammen oder aus einer frühen Charge mit überdurchschnittlicher Mängelquote, weil mal wieder zu wenig reguläre Serienexemplare eingetroffen sind (die Gründe kennen Sie ja inzwischen).

Die zweite LEDON-Lampe surrt kaum noch

LEDON-12-Watt-LED-Lampe VerpackungJüngst konnte ich das wieder beim Test einer neuen LEDON-Lampe erleben: Das 12 Watt starke, nicht dimmbare 35-Euro-„Flaggschiff“ der Österreicher (rechts ein Blick auf die Verpackung mit dem bisherigen EU-Öko-Label) fiel noch in rund einem Meter Entfernung durch Surrgeräusche auf. Nach der Rücksendung bestätigte mir die Marketing-Leitung, dass ich mich nicht verhört hatte:

“Es ist, wie Sie schon sagen/schreiben, ein vernehmbares Brummen zu hören, das so natürlich nicht sein sollte. Die Untersuchungen haben ergeben, dass in einer frühen Charge vereinzelte Lampen dieses Phänomen aufgewiesen haben. Der Grund liegt in zu großen Toleranzen einiger Treiber. Wichtig ist zu erwähnen, dass das Brummen keinerlei Auswirkungen auf die sonstigen (licht)technischen Eigenschaften der Lampe hatte und bereits behoben wurde.”

Kurz darauf erhielt ich ein zweites Exemplar, das zwar ebenfalls nicht komplett still leuchtet, dessen Surren aber in kaltem Zustand und in einer offenen Fassung nur etwa 10 Zentimeter weit trägt. Nach über einer Stunde Brenndauer und Erwärmung auf ca. 70 Grad im Bereich des Treibergehäuses reduziert sich das auf rund 5 cm – im Alltagsbetrieb also unhörbar. Diese Lampe hätte in meinem ausführlichen Test sicher vier statt nur drei Sterne von meiner fünfstufigen LED-Bewertungsskala erhalten und die Kundschaft wäre eventuell etwas weniger skeptisch. Warum nicht gleich so?

„Stiftung Warentest“ lässt sich übrigens laut eigener Aussage prinzipiell nicht mit Produkten bemustern, sondern kaufe alles selbst im normalen Handel – häufig mehrere Exemplare des gleichen Modells bei verschiedenen Quellen. Selbst große Verlage wollen oder könnten das nicht, ein privates, werbefreies Blog natürlich noch viel weniger.

Es darf auch gelobt werden

Positive Beispiele gibt’s natürlich auch. Etwa der Bremer Importeur und Händler „Lumixon“, der mir trotz meiner häufigen und harten Kritik an seinem früheren Sortiment unverdrossen Testlampen vor der Markteinführung zur Beurteilung schickte und jede ungeschminkte Meinung dazu gefasst entgegennahm. Oder die Philips-OLED-Tochter „Lumiblade“ in Aachen, die mir ein teures Experimental-Kit spendierte, schnell und ausführlich auf Anmerkungen und Nachfragen reagierte und über verschiedene Kanäle engen und guten Kontakt zu Interessenten, Kunden und Berichterstattern hält.

Oder der Online-Händler „Grünspar“, der mich hin und wieder mit Testlampen versorgt und zumindest bisher kein Problem damit hat, wenn ich ein Produkt mal nicht so optimal finde. Oder diverse Kleinserienhersteller, die sich erkennbar über kleine (teils nichtöffentliche) Hilfen und Blogbeiträge freuen. Viele haben bereits begriffen, dass externe Multiplikatoren und Rezensenten keine natürlichen Fortsätze der firmeneigenen Werbeabteilungen oder von PR-Agenturen sind, sondern dass ehrliche Kommunikation nur in beiden Richtungen funktionieren kann.

Auch die „Riesen“ lernen dazu

Und auch bei Philips und den jüngst hier im Blog teils nicht so gut weggekommenen Unternehmen Osram und LEDON gibt es viele gute Ansätze: Unbürokratische Kontakte mit der für viele altgediente PR-Menschen noch etwas rätselhaften „Blogger-Sphäre“, echte Bereitschaft, dem Paradigmenwechsel der Beleuchtungstechnologie in der Öffentlichkeit zu begegnen, entspannter und verständnisvoller Umgang mit Kritik. Häufig sind es wackere Einzelkämpfer, die sich mit Verve weit über die normalen Bürozeiten hinaus ins Zeug legen.

Am „Wollen“ liegt’s also in vielen Fällen nicht, wenn’s hier und da noch etwas hakt. Manchmal genügt schon ein kleiner Schubs, um sogar Riesen in die richtige Richtung zu lotsen. Das hier soll so einer sein.

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5 Gedanken zu „LED-Testlampen: Die schlechten ins Töpfchen?

  1. Eigentlich wäre mir eine ordentliche Qualitätssicherung in Entwicklung und Produktion wichtiger als ein bevorzugte Behandlung von Einzelpersonen. Mögen diese auch noch so nett und kompetent sein.
    Die Tools sind sicher vorhanden. Die früheren Glühlampenhersteller hatten auch schon ein Qualitätsmanagement. Die Halbleiter- und Elektronikindustrie verstehen sich darauf ebenfalls aufs Beste – wenn sie denn wollen. Und bei den Preisen, die die Platzhirsche nehmen, muß ein funktionierendes QM-System drin sein.
    Solange mit solchen Qualitätsschwankungen zu rechnen ist, bleibe ich noch einige Zeit bei Restposten-Glühbirnen, Billig-Leuchtstofflampen, Aldi- und China-LEDs. Da ist das Risiko überschaubar, die Entdeckerfreude geweckt und die Freude umso größer, wenn die Erwartungen übertroffen werden. Und wieder ist etwas Zeit gewonnen, die die großen der Branche für ihre Hausaufgaben nützen können.
    Und eines ist klar: Wenn die es nicht tun, wird es früher oder später ein anderer tun. Mit dem Technologiewandel zur LED werden die Karten neu gemischt. Eine gute Ausgangsposition ist hier hilfreich aber noch lange kein Garant für den Sieg.

    • Volle Unterstützung zu Deinen ersten beiden Absätzen – genau so sollte es sein. Spielt aber leider in einer idealen Welt, die so offenbar nicht existiert.

  2. Finde grundsätzlich interessant wie hier die unterschiedlichen Erfahrungen sind. Also ich hatte bisher noch kein zu beanstandendes Philips, Osram oder LEDON LED-Leuchtmittel zu Hause bei einem Gesamt-Einkaufswert von ca. € 300,-
    Vom Surren beim Dimmen mal abgesehen, denn das ist denke ich eher ein grundsätzliches Systemproblem, als ein Qualitätsproblem.
    Ob die Qualitätsschwankungen bei Markenware wirklich so gravierend sind? Auch bei einem Notebook oder TV-Gerät usw. (sprich halt bei Elektronik) kann man mal Pech haben. Hatte im näheren Bekanntenkreis bei 10 gekauften Marken-CD-Playern schon 2 Fälle mit fehlerhaftem, ’springendem‘ Laufwerk, also bei weitem keine Nullfehlerquote (gibt’s die überhaupt bei einem industriell hergestellten Konsumgut?)…

  3. @Juergen:
    Binning ist seit mehr zwei Jahren bei den Marktführern im LED-Bereich Standard und wird permanent weiterentwickelt.

    Also umgesetzt wird das ganze schon lange – nur die Akzeptanz seitens der Verbraucher und deren Verständnis ist noch lange nicht soweit.

    • Jaja, dieses Binning. Wenn’s denn nur durchgehend was bringen würde. Aber bei den Consumer-Lampen ist die Selektion aus Kostengründen noch so breit streuend, dass es auch aktuell weiterhin Markenprodukte mit deutlichen Farbunterschieden zwischen den Exemplaren eines Modells gibt.

      Ich möchte übrigens die Kommentatoren nochmal freundlich darauf hinweisen, dass ich unten auf der Seite mühevoll html-Tags umgesetzt und vorgegeben habe, die man in Kommentaren verwenden kann – beispielsweise um Links in den Text einzubinden. Es gibt meistens keine Notwendigkeit, voll ausgeschriebene Links zu posten.

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