LED-Käufer: „Lost in Conversion“

Die Umstellung der häuslichen Lichtquellen auf energiesparende LED-Technik stellt nicht nur Hersteller und Händler, sondern auch Kunden vor erhebliche Herausforderungen. Laut einer aktuellen Umfrage beklagt rund die Hälfte massive Informationslücken beim Beleuchtungskauf. Woran liegt’s und was kann man dagegen tun?

Fastvoice-Studiodecke neu
Allein an meiner Studiodecke leuchten 16 dimmbare LED-Spots (sechs Versionen von vier Herstellern). Dazu kommt ein großes LED-„Panel“ in der Mitte – auf diesem Bild weitgehend unsichtbar. Früher hätte man da vielleicht nur eine 100-Watt-Glühlampe ‚reingehängt. (Foto: W. Messer)

Im August 2012 gab es eine von Osram beauftragte „forsa“-Umfrage, nach der sich nur 44 Prozent der Verbraucher „gut informiert“ über die verfügbaren Lampentechnologien zeigten. Diesen Monat erschien eine ähnliche Erhebung, deren Ergebnisse genau so ernüchternd waren. Laut der repräsentativen „TNS Emnid“-Umfrage (pdf-Download) im Auftrag der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erklärten …

  • 56%, dass es für sie im Geschäft nur schwer vorstellbar sei, wie beispielsweise LED-Lampen zuhause aussehen werden;
  • 50% können kaum noch beurteilen, mit welchen Lampen sie am meisten Energie sparen,
  • 46% sind oft unsicher, welche Art Leuchtmittel sich für welchen Raum eignen, und …
  • 44% verstehen „die vielen Angaben auf der Verpackung“ nicht.

Kaum eine Rolle spielt dabei der Bildungshintergrund; die gleichen Informationslücken finden sich weitgehend auch bei Akademikern. Einen kleinen Wissensvorsprung scheinen nach dieser Umfrage männliche und jüngere Kunden zu haben – vielleicht wollen die aber im Gegensatz zu Frauen und älteren Menschen nur nicht zugeben, dass sie wenig Ahnung haben.

Früher war’s nicht besser, aber einfacher

Tatsächlich überfordert die Komplexität beim Umstieg auf neue Lichttechnologien offenbar die meisten Kunden – althergebrachte Kenntnisse und „Faustregeln“ sind wertlos geworden. Selbst ambitionierte Amateure wie ich greifen beim LED-Lampenkauf hin und wieder „ins Klo“ oder werden von diversen (Billig-)Anbietern mit unausgereiften Produkten, falschen Leistungs- und Lieferangaben hinter’s Licht geführt.

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Eigentlich sollte dieses Blog seit rund drei Jahren einen kleinen Beitrag zur Besserung leisten – mit vielen Basis-Informationen, ausführlichen Tests und Sonderangebots-Kurz-Checks für LED-Umsteiger. Im Idealfall könnte man so den „schwarzen Schafen“ unter den Herstellern und Händlern ein wenig auf die Finger hauen und gleichzeitig potenziellen Kunden die Kaufentscheidungen erleichtern. Parallel dazu habe ich hinter den Kulissen einigen Anbietern beratend zur Seite gestanden und damit eventuell ein wenig zur Optimierung ihrer Produkte beigetragen.

Die ernüchternde Wahrheit: Hat nicht viel geholfen. Zwar stiegen sowohl der Umsatz mit LED-Beleuchtung als auch das Interesse an diesem Blog stetig; vom „Mainstream“ ist aber beides weiter entfernt als ursprünglich gedacht. Immer noch verbreiten Massenmedien häufig irreführende „Informationen“ über diese Technologie, sind die Preise für ordentliche LED-Lampen für viele unerschwinglich und die meisten Verbraucher ratlos, wie die optimale energiesparende Beleuchtung für ihren Haushalt aussehen könnte.

Noch kein echter Glühlampen-Ersatz?

Der niederländische Designer Thomas Wensma twitterte heute:

Auf meine Nachfrage, ob er eventuell eine der im Frühjahr 2012 vorgestellten, preisgünstigen Philips-LED-Lampen als Ersatz für eine 40-Watt (oder weniger) starke Glühlampe empfohlen habe, erklärte er:

Wensma empfiehlt also, erstmal abzuwarten, weil es bisher keine LED-Lampe gebe, die den „tief-warmen“ Farbton und die gleichwertige Dimmbarkeit einer Glühlampe habe. Das ist jetzt vielleicht ein wenig überspitzt formuliert, hat aber einen wahren Kern.

Noch jede Menge Mängel

Tatsächlich laufen mir immer noch LED-Leuchtmittel über den Weg, die entweder nicht besonders farbtreu sind, Lichtfarbunterschiede zwischen zwei Exemplaren der gleichen Baureihe haben, nicht so lange leuchten wie versprochen, beim Dimmen flackern, Surrgeräusche von sich geben (mit und ohne Dimmer), sehr heiß werden – oder sogar all diese Schwachpunkte in sich vereinen.

Gleichzeitig versucht zwar die EU-Bürokratie mit immer neuen Regelungen, die Anbieter zu disziplinieren und die Verbraucher mit möglichst vielen Pflichtangaben zu versorgen. Das scheint aber keine echte Hilfe zu sein, weil Dutzende Zahlenwerte auf Verpackungen und Produkt-Webseiten offensichtlich bei Nicht-Fachleuten nur die Verwirrung steigern.

Einfache LED-Wahrheiten gibt es nicht

Das ist leider auch die Zwickmühle für meine Blogbeiträge: Je einfacher und kürzer geschrieben, desto besser kann’s der Laie verstehen. Bei LED-Lampen und -Leuchten gibt’s aber keine einfachen Wahrheiten, sondern eine Vielzahl von Aspekten, bei der schon das Verschweigen eines Details das Gesamturteil verfälschen kann. Macht man’s jedoch ausführlich und umfassend, steigt der durchschnittliche Leser auf halbem Weg aus. Und dabei sind diejenigen, die sich zu mir „verirren“, vermutlich schon besonders stark an der Materie interessiert.

Nur wenige Blogleser dürften Zeit und Muße haben, sich durch alle 50 „Basics“-Beiträge über LED-Beleuchtung zu wühlen, obwohl ich viele davon für eine unverzichtbare Grundlage zum Verständnis meiner Testberichte und Detail-Tipps halte. Ich würde mir nicht anmaßen, eine allgemeine und kompetente LED-Kaufberatung in nur 100 Zeilen geben zu können. Die so genannten „Fachhändler“ schaffen das auch nicht, die Hersteller ebenso wenig.

Meine Ratschläge an die Anbieter:

  • Verkaufen Sie keine halb entwickelten und getesteten „Bananenlampen“, die erst beim Verbraucher reifen.
  • Halten Sie für jedes Produkt alle relevanten Leistungsdaten parat, auch wenn sie nicht jeden Kunden interessieren.
  • Fragen Sie ausführlich nach, für welchen Zweck und Einsatzort die Lampe/Leuchte gedacht ist, wie anspruchsvoll und ausgabefreudig Ihr Kunde ist und empfehlen Sie dann erst ein passendes Produkt.
  • Kaprizieren Sie sich nicht auf eine Modellreihe oder eine Marke – jede hat ihre Stärken und Schwächen.
  • Gewähren Sie ein mindestens vierwöchiges, bedingungsloses Rückgaberecht. Diese Zeit braucht Ihr Kunde, um das Leuchtmittel zuhause unter Realbedingungen wirklich ausreichend zu testen. Übernehmen Sie am Besten auch die Rücksendekosten.
  • Schauen Sie regelmäßig in dieses Blog ‚rein 😉

Und was rate ich LED-Kunden?

  • Kaufen Sie bei keinem Händler, der sich die Ratschläge oben nicht zu Herzen genommen hat.

Als kleine Hilfe für Ihre Kaufentscheidung wird’s hier künftig in Kooperation mit einem Anbieter verstärkt markenübergreifende, auch vergleichende Lampentests geben. Trotz kostenloser Bemusterung werde ich kein Blatt vor den Mund nehmen, wenn mir was nicht gefällt. Der Kooperationspartner hat mir da völlige Freiheit zugesichert und glaubt, auch mit Kritik leben zu können. Lassen wir’s drauf ankommen.

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2 Gedanken zu „LED-Käufer: „Lost in Conversion“

  1. Ich bin durch Zufall beim suchen nach einem LED-Flutlichstrahler auf ihren Blog gestoßen und habe ein wenig darin gestöbert. Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, beim Durchstöbern ist mir bewusst geworden, dass ich völlig unwissend eines der Billigprodukte gekauft hätte. Danke für die sehr informativen Seiten ihres Blogs, ich werden vor dem nächsten Kauf das Ganze mit anderen Augen betrachten.

    Gruß Detlef Koch

  2. Vielen Dank für Ihren klasse Blog, Herr Messer.

    Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass viele LED Verkäufer als Berater auftreten und (auch aus Unwissenheit) gefährliche Ratschläge geben. Das geht sogar soweit, KMUs teure LED Beleuchtungsanlagen zu verkaufen und normativ geforderte Werte gefährlich zu unterschreiten. Auch aus diesem Grund haben wir das E-Learning Seminar „Der LED Lichtplaner“ inklusive elektronische Lichtplaner-Tools entwickelt. Wer Interesse hat, kann sich dieses gerne unter http://www.lumonda.com anschauen. Beste Grüße!

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