Im Test: LEDON A65/12W – das teure LED-Flaggschiff (Update)

Schon lange herbeigesehnt haben anspruchsvolle LED-Fans die bisher stärkste „Retrofit“-Lampe von LEDON: Mit über 800 Lumen Lichtstrom kann sie mindestens eine herkömmliche 60-Watt-Glühlampe ersetzen; die erste Charge ist wegen der großen Nachfrage bereits ausverkauft. Das erstaunt mich, weil zumindest mein Testexemplar nicht ganz die an den „Luxuspreis“ von 35 Euro geknüpften hohen Erwartungen erfüllt.
Vergleich LEDON A65/Glühlampe
Deutlich größer als eine traditionelle Glühlampe (rechts): Die neue LEDON A65/12W mit E27-Sockel und dominantem Konvektions-Kühlkörper. (Fotos: W. Messer)

Auch nach Jahren der Beschäftigung mit dem LED-Beleuchtungsmarkt gibt’s für mich immer wieder Überraschungen: Mal erklären Online-Händler, dass eine von mir als „teure Luxus-Lampe“ bezeichnete Osram-LED-„Birne“ mit über 1000 Lumen in Wahrheit einer der Bestseller des gesamten Angebots sei. Dann entpuppen sich manche – von mir skeptisch beäugte – Billig-LED-Angebote von Discountern und Baumärkten als durchaus akzeptable und preiswerte Lichtquellen für viele Kunden. Oder Licht-Experten werfen meine bisherigen Ansichten über den Abstrahlwinkel von „rundstrahlenden“ LED-Lampen über den Haufen und eröffnen den Blog-Lesern und mir neue Sichtweisen.

Und jetzt muss ich wohl schon wieder ein Vorurteil revidieren: Eine neue, nicht dimmbare und rund 800 Lumen starke 12-Watt-LED-Lampe des inzwischen selbstständigen Vorarlberger „Retrofit“-Spezialisten LEDON ist mit 35 Euro offenbar doch nicht zu teuer für die qualitätsbewusste Kundschaft. Die erste Lieferung des bereits im April 2012 mit 13 Watt Leistungsaufnahme angekündigten LEDON-Flaggschiffs ging trotz des „Luxuspreises“ (Eigenzitat) in Lichtgeschwindigkeit weg, Nachschub im unternehmenseigenen Online-Shop gibt’s erst wieder ab 12. März (Update: ELV hat offenbar aktuell welche).

LEDON-A65-PackungRätselhafte „Retro“-Verpackung

Schön, dass ich noch eines der ersten Exemplare als Testmodell bekommen konnte. Das bot allerdings schon die nächsten Überraschungen. Eingehüllt war es nicht von einer Verpackung im neuen LEDON-Design und dem künftigen EU-Energie-Label (bis „A++“), mit dem dieses Jahr bereits zwei Testlampen bei mir landeten. Stattdessen war es die bis Ende 2012 übliche Version mit kleinerem Sichtfenster (Bild rechts) und dem nur bis „A“ reichenden aktuellen Öko-Label. Mit rund 67 Lumen/Watt wäre die A65 allerdings auch künftig in der „A-Klasse“ – für „A+“ genügt die Effizienz nicht.

Vermisst habe ich auf der Packung auch die neue Kennzeichnung mit unterschiedlichen Farbstreifen unten für nicht-dimmbare (blau), dimmbare (rot) und andere Varianten. Außerdem fehlt der seit Jahresbeginn bei allen Neuerscheinungen angegebene Farbwiedergabeindex, der für die Premium-Marke LEDON so eminent wichtig ist zur positiven Differenzierung von den Wettbewerbern.

Spitzenwert bei Farbtreue

Es ist fast schon fahrlässig, diese Zahl (pdf-Download des Datenblatts) nicht prominent auf der Packung zu platzieren: Mit CRI 90 spielt die neue Lampe nämlich in der „Champions-League“ und liegt bei der Lichtqualität nur Nuancen unter der von traditionellen „Glühbirnen“ (CRI/Ra 100). Subjektiv erscheint mir das von ihr ausgestrahlte Licht (offizielle Farbtemperatur 2800 Kelvin) sogar Glühlampen-ähnlicher als jenes der im Januar vorgestellten und nur halb so hellen 7-Watt-LED-„Birne“ (2700 K, ebenfalls CRI 90) von LEDON.

Gemeinsam haben Sie die fehlende Dimmbarkeit, mindestens 25.000 Leuchtstunden Lebensdauer und 100.000 schadlose Schaltzyklen. Allerdings ist die stärkste Lampe im LEDON-Sortiment mit 129 mm (+15 mm) Länge und 66 mm (+6 mm) Durchmesser deutlich größer und mit 164 Gramm exakt doppelt so schwer. Das passt wohl nicht in jede Leuchtenfassung und sollte in Zweifelsfällen vor dem Kauf ausgemessen werden.

Fastvoice-Eigenwerbung

Leider nicht ganz lautlos

Überraschung Nummer zwei: Nach kaum merklicher Einschaltverzögerung (unter 0,5 Sekunden) leuchtete meine Testkandidatin nicht nur, sondern meldete sich auch mit leisem Surren zum Dienst – in der offenen Testfassung gut hörbar etwa ab einem Meter Entfernung. Das kennt man eigentlich eher von dimmbaren LED-Lampen, die sich nicht so richtig mit diversen Dimmer-Modellen und deren Stromspitzen vertragen. Häufig reduziert sich dieses Geräusch während der „Warmlaufens“. Hier war aber kein Dimmer im Stromkreis und das Surren wurde auch nach mehreren Betriebsstunden und einer maximalen Gehäusetemperatur von rund 65 Grad nicht leiser. Der Leistung und Lebensdauer einer Lampe schadet dieser Effekt übrigens nicht.

Auf Nachfrage erklärte mir LEDON, dass bisher keine derartigen Hinweise oder Beschwerden von Kunden eingegangen seien. Auch die eigenen Tests seien unauffällig verlaufen. Habe ich etwa ein Vorserien-Exemplar erwischt oder wohnt eine Hexe im heimischen Stromkreis? Keine Ahnung; es mag aber durchaus sein, dass in Ihrer Einbausituation zuhause nichts zu hören ist – vor allem nicht in einer geschlossenen Leuchte.

Lieber indirekt gucken 

Die empfiehlt sich auch aus anderen Gründen: Ähnlich wie die 7W-Lampe, wirkt auch diese 12W-„Birne“ beim direkten Blick erheblich „kälter“ als das tatsächlich von Ihr ausgestrahlte und an der Wand reflektierte „warm-weiße“ Licht. Außerdem werden Sie je nach Betrachtungswinkel wegen der enormen Helligkeit kräftig geblendet. Deutlich wird das im Foto des Leuchtbilds der Lampe:

LEDON-A65-Leuchtbild Deckenmontage

Der subjektiv wahrgenommene Gelb/Rot-Anteil vergrößert sich mit zunehmender Entfernung vom Leuchtkörper. Daneben wird eine gewisse Richtwirkung erkennbar, wie auch das offizielle LEDON-Abstrahldiagramm beweist:

LEDON-A65-Grafik

Nach Auskunft des LEDON-Marketings hat die Lampe einen „Halbwertswinkel“ (mindestens 50% der maximalen Lichtstärke) von rund 160 Grad und einen „Feldwinkel“ (mindestens 10%) von ca. 270°. Theoretisch könnte man auch noch einen „Cut-off-Winkel“ nennen, jenseits dessen gar kein Licht mehr ausgestrahlt wird – der dürfte aber hier fast einem Vollkreis von 360 Grad gleichkommen. Je nach Design eines „Leuchtenschirms“ wird das Licht dieser LED-Lampe noch etwas breiter und homogener gestreut – bei hängender Deckenmontage können so mittelgroße Räume bis etwa 20 Quadratmeter ganz ordentlich ausgeleuchtet werden.

Vermutlich heller als angegeben

Dafür sorgt der hohe Lichtstrom von offiziell 800 Lumen, der knapp 15% über dem einer traditionellen 60-Watt-Glühlampe liegt. Subjektiv erscheint mir diese Leistungsangabe sogar etwas bescheiden – ich würde mich nicht wundern, wenn es tatsächlich eher 850 lm oder mehr wären. Bemerkenswert naturgetreu ist auch die Wiedergabe von problematischen Farben jenseits des Ra/CRI-Spektrums – wie „rot gesättigt” (R9) und “Hautfarbe rosa” (R13). Hier kriegen Sie von durchschnittlichen LED-Lampen nur selten was Zufriedenstellendes serviert.

LEDON-A65-Farbtreue
Sehr „Glühbirnen“-ähnliche, natürliche Darstellung meines Standard-Farbtreue-„Models“ – eine Ducati 916 „Biposto“ im Kleinformat. Die LEDON A65 liefert satte Farben und lässt trotz leichter „Gelb-Drift“ auch Rotes noch richtig rot aussehen.

Das spricht für eine sehr sorgfältige Entwicklungsarbeit bei LEDON und detailverliebtes Fein-Tuning der LED-Phosphorbeschichtung – möglicherweise ein Grund, warum’s mit der Markteinführung der A65 so lange gedauert hat. Aber ist das Ergebnis wirklich satte 35 Euro wert, wenn die Lampe nicht dimmbar ist, unter Umständen dennoch durch Surrgeräusche nerven kann und im Vergleich zu ähnlich teuren (dimmbaren) Konkurrenzprodukten einen recht eingeschränkten Abstrahlwinkel hat? Im Gegensatz zu vielen offenbar begeisterten Kunden bin ich da skeptisch und vergebe von meiner bis „Fünf“ reichenden Bewertungsskala für LED-Angebote nur
LED-SternLED-SternLED-Stern drei Sterne.

Update 25.2.: Nach Auskunft des LEDON-Marketings wurde die – nicht der aktuellen Designlinie entsprechende – Verpackung bereits vor längerer Zeit produziert und soll noch so lange verwendet werden, wie es die EU-Regeln erlauben. Das wäre also bis zum 31. August 2013.

(Disclaimer: LEDON hat mir die Testlampe gratis zur Verfügung gestellt; sie ging zwecks Nachprüfungen zurück nach Dornbirn.)

Update 8.3.: Jetzt ist es offiziell, dass ich mir das Geräusch nicht eingebildet habe. Die Nachprüfung der Lampe ergab laut LEDON Folgendes:

„Es ist, wie Sie schon sagen/schreiben, ein vernehmbares Brummen zu hören, das so natürlich nicht sein sollte. Die Untersuchungen haben ergeben, dass in einer frühen Charge vereinzelte Lampen dieses Phänomen aufgewiesen haben. Der Grund liegt in zu großen Toleranzen einiger Treiber. Wichtig ist zu erwähnen, dass das Brummen keinerlei Auswirkungen auf die sonstigen (licht)technischen Eigenschaften der Lampe hatte und bereits behoben wurde.

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6 Gedanken zu „Im Test: LEDON A65/12W – das teure LED-Flaggschiff (Update)

  1. @ Wolfgang:
    Meiner Meinung nach wäre die Zeit an sich ja reif, dass sich LEDON ebenfalls mal an ein richtiges ‚Rundstrahl E27 Projekt‘ wie die bekannten Beispiele von Osram od. Philips wagt. Deren Lampen sind einfach um einiges kompakter, wobei die Philips mit 108 mm Höhe bei der 12 W MasterLED E27 nach Jahren der Markteinführung nach wie vor Rekordhalter ist.
    .
    Ich bin dbzgl. gespannt, denn es wurde ja gesagt, dass nach der LEDON-Übernahme durch Thomas Lorünser durchaus weitere Neuentwicklungen ins Auge gefasst würden.

    • @ Wolfgang:
      Vielen Dank für die Info, vielleicht (oder hoffentlich) trifft noch ein Testexemplar bei dir ein.
      Grundsätzlich ja eine positive Entwicklung, wenn bei den Lampen mit horizontal eingebauten LEDs der Lampenkopf anteilmäßig immer mehr Platz gegenüber dem Lampensockel einnimmt.

  2. Hallo Johannes! Bis dahin ist vielleicht interessant, was ich aus dem Spektralplot im Datenblatt herausholen konnte: Farbtemperatur und CRI werden im wesentlichen eingehalten; (2730 K und Ra um 90; alles natürlich im Rahmen der Genauigkeit des Plots). Möglicherweise ein minimaler Trend zu Magenta (Delta u,v = ca. -0.001). Farbkoordinaten x,y=0.454, 0.406 bzw. u,v=0.261, 0.350. Farbton sRGB (0 bis 255, Weißpunkt D65, Standard-Gamma): 255, 173, 95. Die Genaugkeit dürfte in der Größenordnung von +/- 1 bis 3 Digits/RGB-Punkten liegen (tabellierte Spektraldaten wären besser gewesen, aber natürlich auch nur so gut wie das Spektrometer). Gamut Area Index, quasi der Farbumfang, nur ca. 50% von Standardlicht D65, aufgrund der niedrigen Farbtemperatur. Da das Spektrum keinerlei Anzeichen eines Mehrkomponentensystems zeigt (anders bei den älteren 10-Watt-Lampen von Ledon, wo man den Peak der roten Zusatz-LEDs gut sehen kann), dürfte die Farbe auch stabil gegenüber Temperaturschwankungen sein, also kein Rosastich bei der noch kalten Lampe.

    Für die Freunde von Nostalgie-Licht klingt das durchaus brauchbar. Dennoch natürlich kein Ersatz für einen konkreten Test. Warten wirs ab, vielleicht kommt ja noch ein Exemplar 🙂

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