Immer mehr Leuchtdioden werden mobil

Ab und zu gibt’s in diesem Blog (unbezahlte) Gastbeiträge von Kollegen und Fachleuten – vor allem, wenn’s um Themen geht, von denen ich wenig bis keine Ahnung habe. Heute meldet sich hier Automobil-Journalist Fritz Lorek (im Bild unten mit einer Osram-H7-Lampe). Er schreibt für Fachmagazine, Pressedienste und im autolichtblog.de, powered by Osram. Zahlreiche Veröffentlichungen von Lorek beschäftigen sich mit Fahrzeuglicht. Dabei ist ihm die Praxis wichtig. Seine Tests von Scheinwerferlampen fanden große Resonanz; auch die deutsche Zulassungsbehörde, das Kraftfahrt-Bundesamt, interessierte sich für die Ergebnisse. Sein Thema in diesem Beitrag: Wie und wo kann man LED-Technik jetzt und künftig in Fahrzeugen einsetzen?

Fritz Lorek

LED im Auto: Licht aus Halbleitern

Die Leuchtdiode revolutioniert das Licht in allen Bereichen. Nicht zuletzt die Glühlampenverordnung der EU machte sie im wahrsten Sinne des Wortes für den Hausgebrauch salonfähig. Im Auto ist die LED sogar schon länger zu finden. Bereits 1992 setzte BMW auf eine hochgesetzte Bremsleuchte mit LED-Licht. Und die berühmte blaue Instrumentenbeleuchtung von VW kommt seit 1997 aus Halbleiter-Lichtquellen. Doch das und die derzeitigen Anwendungen sind erst der Anfang. Der LED-Technik im Auto steht eine große Zukunft bevor.

Die LED ist für den Einsatz im Auto prädestiniert. Sie benötigt Gleichstrom für den Betrieb, der im Auto – im Gegensatz zum Haus – schon im Netz vorhanden ist. Sie ist so klein, dass mit Glühlampen unerreichbar kompakte Leuchten möglich sind. Sie gibt gerichtetes Licht ab. Das macht Reflektoren überflüssig. Sie spart Energie. Ihr Licht ist schon ab Halbleiter in Rot, Blinker-Gelb und anderen Farben zu haben. Eingefärbte Leuchten benötigt die LED nicht. Dies ist nur eine Eigenschaft, die dem Design ganz neue Möglichkeiten eröffnet.

Nüchterne Konstrukteure schätzen weitere Features der LED. So können sie in Rückleuchten auf aufwendige Wärmeableitung verzichten. Die dortigen Leuchtdioden produzieren so gut wie keine mehr. Die noch neue Scheinwerfertechnik in dieser Technik wiederum macht verschiedene Lichtverteilungen ganz ohne mechanische Teile möglich, was sie von Xenonscheinwerfern unterscheidet.

LEDs halten viel länger als das Fahrzeug

Für den Autofahrer kommen noch weitere Vorteile hinzu. Leuchtdioden haben eine deutlich längere Lebenserwartung als das Auto selbst. Der manchmal extrem nervige Tausch durchgebrannter Glühlampen entfällt völlig. Und dann ist da noch das Thema Sicherheit. LEDs leuchten praktisch ohne Verzögerung auf, während eine 21 Watt starke Glühlampe nahezu eine Viertelsekunde benötigt, um auf volle Helligkeit zu kommen. Das raschere Ansprechen der Bremsleuchten bringt dem nachfolgenden Verkehr mehr Zeit für die Reaktion. Bei Tempo 120 kann das vier oder fünf Meter Anhalteweg ausmachen und sogar über Crash oder nur Schreck entscheiden. Das blitzartige Ansprechen war denn auch der Grund für den ersten Einsatz bei BMW vor rund 20 Jahren.

Natürlich haben LEDs auch Nachteile. Sie sind vor allem in der für Autos nötigen Automotive-Qualität teurer als Glühlampen. Das ist der Grund, warum letztere immer noch reichlich in neuen Autos zu finden sind. Es zeichnet sich aber der Trend zu einer sinnvollen Koexistenz von Leuchtdioden und Glühlampen ab. So finden Bremsleuchten und Rücklichter mit LEDs immer weitere Verbreitung, während selten benötigte Lichtfunktionen wie Rückfahrleuchten und die Nebelschlussleuchte wie gehabt mit Glühlampen daherkommen.

In Scheinwerfern sind LEDs noch selten

Eine Mischbestückung ist auch an der Fahrzeugfront noch sehr gebräuchlich. Tagfahrleuchten werden inzwischen überwiegend mit Leuchtdioden bestückt. Ähnliches gilt für Standlicht und – etwas seltener – die Blinker. Scheinwerfer in LED-Technik bleiben noch der Oberklasse vorbehalten. Der Grund liegt in der noch großen Wärmeproduktion der Hochleistungschips, die für Frontscheinwerfer nötig sind. Für eine ähnliche Performance, wie sie Xenonscheinwerfer bieten, sind etliche LEDs nötig und die müssen aktiv – das heißt mit einem Lüfter – gekühlt werden. Das führt dazu, dass die an sich sehr energiesparende LED in diesen Scheinwerfern deutlich mehr Strom verbraucht als ein Xenon-Brenner.

Aus Kostengründen werden Leuchtdioden in Hauptscheinwerfern derzeit nur in Oberklassefahrzeugen eingesetzt, wo sie mit Xenon konkurrieren müssen. Die LED-Technologie schreitet allerdings mit großen Schritten voran. Es ist daher zu erwarten, dass der Wirkungsgrad der Leuchtdioden weiter steigt und der Bedarf an aktiver Kühlung sinkt oder ganz wegfällt.

Osram Oslon Black Flat
Gerade auf den Markt gekommen: Die extrem hitzebeständige Osram-„Oslon Black Flat“-LED für Auto-Frontscheinwerfer. Bei 700 mA Betriebsstrom erreicht sie einen typischen Lichtstrom von 200 Lumen, bei 1,2 Ampère sogar bis zu 270 lm (entspricht etwa einem 20-Watt-Niedervolt-Halogenspot). (Foto: Osram-PR)

In den kommenden Jahren wird die Technik auch in die kleineren Fahrzeugklassen wandern. Der ganz große Durchbruch dürfte erreicht sein, wenn jene LED-Scheinwerfer serienreif sein werden, die ohne aktive Kühlung aus 18 Watt ein mit Halogensystemen vergleichbares Licht erzeugen. Bis dahin und auch drüber hinaus sind weder Xenon noch Halogen Auslaufmodelle. Schon allein aus Preisgründen werden beide Lichtquellen auch 2020 noch einen erheblichen Marktanteil haben.

Für Auto-Enthusiasten bedauerlich ist, dass LED-Lichtquellen im Auto überwiegend eine Sache für die Erstausrüstung sind. Vieles lässt sich mit vertretbarem Aufwand kaum nachrüsten. Eine Ausnahme bilden Tagfahrleuchten und der Bereich der Innenbeleuchtung. Für letztere sind so genannte „Retrofit„-Lampen erhältlich, die bei Sockel und Lichtleistung mit klassischen Glühlampen vergleichbar sind.

LED-„Retrofits“ noch nichts für Kfz-Außenleuchten

Doch außen am Auto haben diese LED-Lichter nichts zu suchen. Auch wenn sie in die Sockel von beispielsweise Seitenblinker, Nummernschild- und Positionsleuchten passen würden: Es ist verboten – und das aus gutem Grund und nicht wegen bürokratischer Willkür. Die Abstrahlcharakteristik ist schlicht anders und passt nicht zu den für Glühlampen ausgelegten Leuchten. Wer also unbedingt eine Nummernschild-Beleuchtung in LED-Technik haben will, muss schon die ganze Leuchte austauschen. Die Situation könnte sich ändern, wenn Pläne der Industrie für Regelungs-konforme Retrofits umgesetzt und genehmigt werden.

Noch nicht abzusehen ist die Rolle von organischen LEDs, den OLEDs. Diese ganz neue Technik leuchtet flächig, also nicht punktförmig wie die übliche LED. Dem Design gibt das ganz neue Möglichkeiten. Displays in Fernsehern und Mobiltelefonen nutzen diese Technik zwar schon, doch für den Einsatz im Auto ist sie noch zu empfindlich. Erste Anwendungen sind nicht vor 2015 zu erwarten, und auch dann eher im Innenraum als bei der klassischen Autobeleuchtung.

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