Kurz-Test: Toyota GT86 vs. Subaru BRZ (Update)

Sie sind technisch und optisch fast identisch, unterscheiden sich aber in Details – und meines Erachtens auch beim Fahren: Die von Subaru und Toyota gemeinsam entwickelten 2+2-Sportcoupé-Versionen BRZ und GT86. Ich hatte die Gelegenheit, beide innerhalb von drei Tagen kurz zu testen und glaube, ein paar filigrane Differenzen entdeckt zu haben.

Subaru BRZ
Der Subaru BRZ in der Hausfarbe „WR Blue Mica“: Die LED-Tagfahrleuchten liegen oberhalb der Nebelscheinwerfer. (Foto: Norbert Aeppli@Wikimedia Commons, Lizenz CC by-sa 3.0)

Toyota GT86
Das Schwestermodell Toyota GT86 – hier sind die Tagfahrleuchten schräg oberhalb des Bi-Xenon-Hauptscheinwerfers, das Kühlertrapez steht gegenüber dem des Subaru „auf dem Kopf“. (Foto: M 93@Wikimedia Commons, Lizenz CC by-sa 3.0)

Nein, das hier ist eigentlich kein Auto-Blog, obwohl ich früher unter anderem als Auto- und Motorradtester sowie ein paar Jahre lang als Hobby-Rennfahrer mit einem heftig modifizierten Honda NSX aktiv war. Wenn sich aber die seltene Gelegenheit bietet, im Zug eines geplanten Autokaufs zwei „Frischlinge“ kurz hintereinander zu testen, die beide in diesem Monat auf den Markt kommen (der Toyota hatte deutschlandweit am Wochenende Premiere, der Subaru wird offiziell erst am kommenden Samstag präsentiert), dann kann ich vielleicht mal eine Ausnahme machen.

Kurz die Fakten: Beide Coupés teilen sich einen vorne tief eingebauten, von Subaru produzierten 4-Zylinder-Boxer-Saugmotor mit kombinierter Saugrohr- sowie Toyota-D4-Direkteinspritzung, knapp 2 Liter Hubraum und 200 PS. Der Rest – inklusive des bei Subaru bisher nicht üblichen Hinterradantriebs – wurde gemeinsam von Subaru und Toyota entwickelt und designt. Montiert werden beide Modelle in der Subaru-Produktionsstätte Ōta (Präfektur Gunma) in Japan. Das Leergewicht (ohne Fahrer) liegt bei rund 1230 kg, der Schwerpunkt nur 46 Zentimeter über der Fahrbahn; mit einer Gewichtsverteilung von 53:47 (vorn/hinten) ist der Wagen für ein FR-Konzept außergewöhnlich gut ausbalanciert.

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Knackiges Einlenken beim GT86

Das klingt bereits nach vielversprechenden Eckdaten für jede Menge Fahr- und Driftspaß. Dazu kommt sogar noch (bei Toyota serienmäßig, bei Subaru nur in der Ausstattungsvariante „Sport“) ein 25prozentiges, Drehmoment-fühlendes Sperrdifferenzial. Es ermöglicht bei den mit manuellem Sechsganggetriebe geschalteten Modellversionen laut offiziellen Angaben eine Beschleunigung von 0-100 in 7,6 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 226 km/h (Automatik: 8,2 und 210). Getankt werden muss Super Plus (98 ROZ); der Verbrauch dürfte im gemischten Betrieb bei knapp unter 10 Liter/100 km liegen.

Sowohl der von mir gefahrene Toyota als auch der Subaru hatten Michelin „Primacy“-Reifen in der Dimension 215/45 R17 auf identischen 7,0J x 17-Zoll LM-Felgen; die von mir empfundenen feinen Unterschiede konnten also nicht auf die „Sohlen“ zurückgeführt werden. Der GT86 (offizielle Schreibweise von Toyota ohne Leerstelle zwischen Buchstaben und Zahl) war zuerst dran – anfangs mit aktiviertem ESP und Traktionskontrolle – und glänzte durch ein sehr scharfes Einlenkverhalten ohne merkliches Untersteuern, kaum Seitenneigung, neutrale Spurhaltung auch bei hohen Kurvengeschwindigkeiten und nur dezentes „Wischen“ des Hecks beim starken Beschleunigen nach dem Scheitelpunkt der Kurve.

Einen nennenswerten Traktions- oder Vortriebsverlust spürte ich dank des Torsen-Sperrdiffs und trotz der eher auf Verschleißfestigkeit als auf extremen Grip hin entwickelten Reifen kaum. Die elektronischen Fahrhilfen ließen die Zügel zudem deutlich lockerer als in „normalen“ Autos und leichten Schlupf zu. Die Reaktionen auf extreme Lastwechsel und wiederholte Vollbremsungen (mit serienmäßigem Bremsassistent) wollte ich mangels Rennstrecke oder großer, abgesperrter Asphaltfläche nicht testen – der Grenzbereich des Autos liegt jedenfalls weit höher, als man sich im öffentlichen Straßenverkehr vernünftigerweise erlauben sollte.

„Warmduscher“ und Drehzahlfeinde sind hier falsch

Im Gegenzug machte sich durch das knackige Fahrwerk allerdings jede Quer- und Spurrille bemerkbar. Komfort-orientierte Fahrer sind hier definitiv falsch, obwohl zumindest die Vollleder-Sportsitze recht bequem sind und guten Seitenhalt verschaffen. Räumliche Kompromisse sind auch nicht nötig; ich fand mit meinen 1,92 m schnell eine passende Einstellung für Sitz und Lenkrad und noch ausreichend Luft zwischen Scheitel und Dachhimmel. Da dürfte sogar noch ein Sturzhelm ’reinpassen für eventuelle Rennstreckenbesuche.

Der Motor ist mit einer Literleistung von 100 PS eine „Drehorgel“; das höchste Drehmoment von 205 Nm liegt zwischen 6400 und 6600 1/min an, die Maximalleistung von 200 PS erst bei 7000 1/min. Ab hier melden sich auch Schaltpiepser und -LEDs stufenweise bis hin zum roten Bereich bei 7.500 1/min. Beim starken Beschleunigen und schnellem Durchschalten der Gänge sollte die Drehzahl hoch gehalten werden, weil sonst der kurzzeitige Drehzahlabfall beim Schalten durch die geringe Schwungmasse der Kupplung und das überschaubare Drehmoment den Vortrieb hemmen.

Fahrhilfen nicht komplett abschaltbar?

BRZ-SchalterAls nicht nachvollziehbar erschien mir bei meinen kurzen Testfahrten die von einigen Autozeitschriften im Vorfeld publizierte Information, die Fahrhilfen seien komplett abschaltbar. Zudem sollte es laut diverser Prospektbilder und der Subaru-Website (siehe Ausschnitt rechts) drei Schalter zwischen Schalthebel und Sitzheizungsregelung geben, die zu deren Beeinflussung dienen sollen. Der mittlere („Snow“/“Sport“) war aber weder im getesteten Toyota noch im Subaru tatsächlich vorhanden, der linke schaltete die Traktionskontrolle nur vorübergehend ab und der rechte („VSC Sport“) setzte meiner Meinung nach allenfalls die Eingriffsschwelle der elektronischen Stabilitätskontrolle höher, ohne sie ganz zu deaktivieren. Eine Bedienungsanleitung mit Detailinformationen dazu lag mir leider zuerst nicht vor.

Das entsprechende Szenario in beiden Modellen war also: Anhalten, „TCS off“ und „VSC Sport“ drücken (zwei Kontrollleuchten zeigen das im Armaturen-Display), „Kavalierstart“ mit anschließendem Powerslide auf losem Untergrund – und etwa nach 180 Grad Wende meldet sich plötzlich die Traktionskontrolle wieder, regelt die Motorleistung zurück, die entsprechende Leuchte erlischt und bleibt auch dunkel, wenn nicht erneut gedrückt wird. Das „VSC Sport“-Signal leuchtete zwar weiter; mir kam es aber so vor, als ob auch das ESP mit einseitigem Bremseingriff versucht hätte, die vermeintlich „außer Kontrolle“ geratene Fuhre wieder in den Griff zu bekommen. Dass ich mit meiner Beobachtung dieser technischen Eigentümlichkeit richtig lag, wurde mir übrigens vom freundlichen Toyota-Händler bestätigt – wir reden also nicht über eine Halluzination.

Stellen Sie sich das mal bei einem Rennstreckentraining vor: Sie entern die Sachskurve in Hockenheim mit „Power-Oversteering“ und mitten in der Kurve bricht der Vortrieb zusammen. So was will kein Sportfahrer haben, weil es nicht nur die Rundenzeit verhagelt, sondern im Ernstfall wegen der Lastwechselreaktionen oder dem Überraschungseffekt für einen Hintermann auch zu einem schweren Unfall führen kann. Dabei hätten GT86/BRZ eigentlich ideale Anlagen für sämige und gut kontrollierbare Drifts, wie schon der legendäre Urahn Toyota Corolla AE86 (in Japan: „Sprinter Trueno“).

Update: Und es geht doch!

Wie mir Ronny Winkler von gt86drivers.de am Abend mitteilte, sind meine Befürchtungen unbegründet. Die mittlere „Snow“/“Sport“-Taste gibt es nur bei den Automatikversionen. Außerdem existiert tatsächlich eine Komplettabschaltung der Fahrhilfen. Dazu muss laut Bedienungsanleitung im Stand oder bei der Fahrt unter 50 km/h die linke TCS-Taste länger als drei Sekunden gedrückt werden. Dann leuchten im Cockpit sowohl die „TCS off“ als auch eine „VSC off“-Anzeige und die Elektronik reaktiviert sich nicht mehr automatisch bei instabilen Fahrzuständen oder durchdrehenden Rädern. Erst durch Abschalten der Zündung wird das System wieder zurückgesetzt und muss bei Bedarf nach dem nächsten Starten erneut deaktiviert werden.

Wenn Sie aber die TCS-Taste nur kurz drücken, bleibt das ESP aktiv und die Traktionskontrolle schaltet sich ab einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h selbsttätig wieder ein. Das alleinige Drücken der „VSC Sport“-Taste (egal, wie lange) schaltet das ESP von der „Normaleinstellung“ (für den Alltagsbetrieb) in einen Modus, der die Zügel deutlich lockerer lässt. Die Fahrhilfen werden so aber nicht komplett abgeschaltet; wenigstens diese Info deckt sich mit meinen ersten Vermutungen.  

Der Subaru BRZ wirkte etwas „weicher“

Der drei Tage später von mir getestete Subaru war schon im Februar 2012 zugelassen worden und hatte bereits rund 17.000 km auf dem Buckel. Die Wangen der Teil-Leder/Alcantara-Sitze pressten sich nicht ganz so eng an die Nierchen wie die Toyota-Sitze und boten deshalb etwas weniger Seitenhalt. Einlenkverhalten und Seitenneinung kamen mir nicht ganz so „knackig“ vor; der Wagen wirkte insgesamt ein wenig „schwammiger“ und der Grenzbereich nicht so eindeutig definiert. Das muss nicht unbedingt an einer anderen Abstimmung liegen, sondern könnte auch der Laufleistung des BRZ mit den inzwischen „eingefahrenen“ Federn und Dämpfern geschuldet sein.

Andererseits erschien mir das BRZ-Fahrwerk auf holprigen Seitenstraßen etwas komfortabler als im fabrikneuen Toyota. Den idealen Kompromiss gibt’s hier sowieso kaum, und wer einen echten Sportwagen haben will, der darf halt keine Sänfte à la Mercedes SL erwarten. Die etwas lieblos zusammengestellte und montierte Innenausstattung sowie die bei höheren Drehzahlen im BRZ teilweise gehörten Schepper- und Dröhnfrequenzen weisen eben auch auf eine ganz andere Preisklasse hin. Meine Schmerzschwelle ist da allerdings sehr hoch, weil der Komfort eines Slick-bereiften, „ausgeräumten“ Honda NSX mit Eibach-Federn, Bilstein-Dämpfern und extra-dicken Nachrüst-Rennstabilisatoren in Relation zum serienmäßigen GT86 etwa auf Nagelbrett-Niveau liegt.

Das Fazit: Schnäppchen für Sportfahrer

Beim Vergleich der beiden Schwestermodelle kam vor allem der Toyota GT86 den von meinem „Popometer“ für alle Zeiten gespeicherten Erinnerungen an alte Mittelmotor-Rennstrecken-Erlebnisse (mit rund 100 PS mehr bei fast identischem Gewicht) sehr nahe. Vermutlich wäre er bei komplett abschaltbaren Fahrhilfen und (hat er ja, siehe Update oben) mit weicheren UHP- oder Sportreifen auch in der Lage, die „sport auto“-Supertest-Rundenzeit des NSX 1997 auf dem Normkurs (Hockenheim kurz, altes Layout ohne Schikane) von 1:18,4 min. locker um 2 Sekunden zu unterbieten (Update: Mit den Michelin-Serienreifen schaffte er im „sport auto“-Kurztest 2012 leider nur 1:21,5 min, im späteren „Supertest“ [Ausgabe 02/2013] mit Bridgestone RE050A immerhin 1:19,4 min. Rein rechnerisch sollte mit echten Sportreifen eine 1:17er-Zeit drin sein.)

Unter dieser Voraussetzung würde ich ihn sofort kaufen; bei Kampfpreisen ab 30.000 (Toyota-Schaltversion) bzw. 31.000 Euro (Subaru BRZ „Sport“ mit zusätzlicher Ausstattung) ist er für Sportfahrer ein echtes Schnäppchen. Die Automatikversionen und die abgespeckten Subaru-„Active“-Modelle ohne Sperrdifferenzial dürfen Sie als solcher dagegen von vornherein links liegen lassen. Übrigens: Wer jetzt bestellt, muss wahrscheinlich mit rund drei Monaten Lieferzeit rechnen.

Update 28.9.: Ich habe mir jetzt noch mal den Toyota ausführlich und ohne elektronische Helferlein zur Brust genommen und ihn anschließend bestellt. 

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