„Switch“ kühlt LED-Chips mit Silikonöl (Update 9.11.)

Switch75Ein Buchstabe macht den Unterschied: „Silicon“ ist das englische Wort für Silizium, einem Basismaterial zur Produktion von LED-Chips, „silicone“ die Übersetzung von Silikon, einer Gruppe von Polymeren, die ebenfalls aus Silizium synthetisiert werden. Silikon gibt’s nicht nur in Gelkissen zur Brustvergrößerung, sondern auch in flüssiger Form als Silikonöl. Die kleine US-Firma „Switch Bulb Company, Inc.“ nutzt diesen Stoff zur Kühlung seiner neu entwickelten „Retrofit“-Hochleistungs-LED-Lampen (PR-Bild rechts).

Das kalifornische „Start-Up„-Unternehmen widmet sich ausschließlich der Entwicklung von LED-Lampen, die problemlos herkömmliche „Glühbirnen“ ersetzen können. Der eingetragene Markenname „SWITCH Lighting“ symbolisiert diesen angestrebten Wechsel von einer sehr alten und überholten zu einer neuen Technologie.

Vollbad im Lampenkopf

Nach eigenen Angaben waren elf Ingenieure und Techniker über drei Jahre oder 86.000 Arbeitsstunden lang im Labor aktiv, mussten rund 1600 gescheiterte Experimente ad acta legen, verbrauchten dabei etwa 30.000 LED-Chips, nahmen die Hilfe von Dutzenden externen Beratern in Anspruch und tranken in dieser Zeit 1100 Kästen Sprudel und 26.000 Tassen Kaffee.

Thomas BilbroughMit Hilfe dieser Flüssigkeitsmengen hatten sie letztendlich ihre Lösung für ein typisches Problem leistungsstarker LED-Lampen gefunden: Die Chips können ohne Kühlung durchaus über 100 Grad heiß werden und büßen dann erheblich an Lichtqualität, Helligkeit und Lebensdauer ein. Statt auf die branchenübliche passive Kühlung durch Luftzirkulation im Gehäuse, setzten die „Switch“-Ingenieure auf pseudoaktive Flüssigkeitskühlung und den gesamten Lampenkopf unter … nein, nicht Wasser, sondern Silikonöl. Diese Information enthüllte Unternehmens-Chef Thomas „Tracy“ Bilbrough (PR-Bild links) erst jetzt.

Man hätte es jedoch auch ohne den „Geheimnisverrat“ ahnen können: Silikonöl wird nämlich wegen seiner hervorragenden Wärmeleitfähigkeit und Hitzeresistenz in vielen Bereichen der Industrie schon lange als Kühl- und Schmiermittel eingesetzt; bestimmte Arten dieses Öls finden sich ebenso in Lebensmitteln und Kosmetikprodukten. „Switch Bulb“ benutzt eine derartige, gesundheitlich unbedenkliche Version des Silikonöls, das noch dazu den Vorteil einer idealen elektrischen Isolation hat – es leitet also Wärme, aber keinen Strom.

Gesamter Lampenkörper als Kühlfläche

Das von „Switch Bulb“ als geschütztes Markenzeichen eingetragene „LQD Cooling System“ lässt – in Verbindung mit einer patentierten, hocheffizienten Treiberelektronik – das Öl durch thermische Konvektion zirkulieren und nutzt so die gesamte Lampenoberfläche zur Abgabe der Hitze nach außen. Wärmeleitfähigkeit allein wäre ja noch nicht die Lösung des Problems gewesen, zumal das Unternehmen keine Mini-LED-Lichterketten für den Christbaum basteln, sondern in der LED-„Champions League“ mitspielen wollte.

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Die Helligkeits-Dimensionen, um die es geht, werden schon bei der oben abgebildeten „Switch75 deutlich: Mit 17 Watt erzeugt sie einen (bis auf 20 Prozent dimmbaren) Lichtstrom von 1100 Lumen bei einer warm-weißen Farbtemperatur von 2700 Kelvin sowie einem Farbwiedergabeindex von über CRI 80 und stellt damit einen ziemlich vollwertigen Ersatz für eine traditionelle 75-Watt-Glühlampe dar. Zur Belohnung gab’s dafür bereits im April in New York einen silbernen „Edison Award 2012“ in der Kategorie „Smart Systems“.

Günstige „Monster-Birne“ mit 1600 Lumen

Noch heftigere Anforderungen an die Kühlung stellt das neueste Flaggschiff aus San Jose, die „Switch100“: Mit ihren 20 Watt Leistungsaufnahme schafft die dimmbare LED-Lampe satte 1600 Lumen (das Äquivalent einer 100W-Glühlampe), allerdings mit einer eher „kalt-weißen“ Farbtemperatur von rund 4000 Kelvin. Mit rund 6 cm Durchmesser und ca. 12,5 cm Gesamthöhe ist sie nur wenig größer als die „Glühbirnen“, die sie ersetzen soll. Der angestrebte Verkaufspreis soll bei etwa 25 US-Dollar liegen (gut 20 Euro), was nur rund die Hälfte der üblichen Konkurrenzpreise in dieser Leistungsklasse wäre.

In den USA sind schon einige Exemplare der insgesamt vier optisch fast identischen Lampenmodelle im Praxiseinsatz (es gibt noch die schwächeren „Switch60“ und „Switch40“, jeweils an den Farbringen am Sockel zu unterscheiden) – vorwiegend im gewerblichen Bereich. Bisher habe ich noch keine Informationen über Verkaufsstart, Bezugsquellen und Preise in Europa. Gerüchteweise sollte die „Switch75“ noch im Sommer über den Atlantik kommen, die „Switch100“ im Herbst. Erfahrene Kunden wissen jedoch: Neu entwickelte LED-Lampen kommen gerne auch mal rund ein halbes Jährchen später als geplant.

Update 9.11.: Nach Angaben des Herstellers sind jetzt die ersten „Switch“-Lampenversionen (allerdings noch nicht die lichtstärksten Modelle) bei ausgewählten Händlern in den USA eingetroffen (sogar in Anchorage, Alaska). Die entsprechende Twitter-Nachricht: