Der große LED-Chip-Wettlauf: Prahlen mit Zahlen

Kennen Sie das „Mooresche Gesetz“ der Computertechnologie? Danach verdoppelt sich die Leistung neu entwickelter Chips etwa alle anderthalb Jahre – und zwar ohne entsprechende Preiserhöhung. Ähnliches spielt sich aktuell im LED-Chip-Markt ab, wo sich große und kleinere Hersteller fast schon im Wochentakt mit der Ankündigung neuer Rekordwerte übertreffen wollen. Die Kenngrößen für die teils dramatischen Schw… (Sie wissen schon)-Vergleiche heißen „Lumen pro Watt“, „Lumen pro Dollar“ oder „Lumen pro Chip“. Diesen Monat gaben dabei „Seoul Semiconductor“ (Südkorea) und „Cree“ (USA) den lautesten Ton an.

Polar- vs. nonpolar-LED-Lampe
Die neu entwickelten „nPola“-LED-Chips von „Seoul Semiconductor“ (rechts vier „warm-weiße“ Exemplare in einer Demonstrationslampe mit riesigen Kühlrippen) sollen mit einem Lichtstrom von bis zu 500 Lumen pro Stück fünf bis zehn herkömmliche LEDs (links in einer bisherigen Serienlampe vergleichbarer Helligkeit) ersetzen können. (Foto: Seoul Semiconductor-PR/Montage)

Seoul Semiconductor nPola-ChipDiesen Monat hatte Südkorea die Nase vorn beim stolzen und werbewirksamen Verkünden eines neuen LED-Rekords: „Seoul Semiconductor Inc.“ stellte am 3. Juli in einem Hotel in Jong Lo Gu erste Exemplare seines „nPola“-Chips vor (das PR-Bild rechts zeigt eine „warm-weiße“ Version). Nach rund zehnjähriger Entwicklungszeit sei erstmals die Produktion einer serienreifen „unpolaren“ LED gelungen, die derzeit einen Lichtstrom von bis zu 500, in Zukunft sogar bis zu 1000 Lumen (heller als eine herkömmliche 75-Watt-Glühlampe) abgeben könne. Das sei fünf- bis zehnmal mehr als bei bisherigen Serien-LEDs.

Weitere wichtige Daten wie Leistungsaufnahme, Lebensdauer, Farbwiedergabeindex und genaue Farbtemperaturen wurden nicht veröffentlicht. Man wolle aber „sofort“ mit der Serienproduktion beginnen und dann zuerst Südkorea sowie einzelne „strategische Märkte“ weltweit beliefern.

Hohe Anforderungen an die Kühlung

Nun sind unpolare LED-Chips (engl.: „non-polar“, davon leitet sich der Modellname „nPola“ ab) nichts völlig Neues. Bereits vor fünf Jahren wurden in Kalifornien unter Leitung des Südkoreaners Kwang-Choong Kim Labormuster einer unpolaren blauen Galliumnitrid-Leuchtdiode mit sehr hoher Effizienz vorgestellt. Wegen der hohen Materialkosten und der ungewissen Lebensdauer erschien aber eine Serienfertigung aussichtslos. Inzwischen scheinen diese Probleme gelöst zu sein. „Seoul Semiconductor“ verspricht, dass zum Beispiel einer oder zwei seiner neuen Chips ausreichen würden, um eine LED-„Retrofit“-Lampe als Ersatz für eine traditionelle 60-Watt-Glühlampe zu bestücken. Bisher seien dafür zehn bis 20 einzelne LEDs notwendig.

Ausgehend von den aktuell gängigen Effizienzwerten von rund 70 bis 100 Lumen pro Watt (je nach Farbtemperatur und Farbtreue) würde das aber bedeuten, dass ein voll ausgelasteter „nPola“-Chip mindestens fünf Watt verkraften müsste und damit hohe Anforderungen an die Hitzeableitung stellen würde. Schließlich setzen Vorschaltelektronik und Chips einer LED-Lampe zusammen typischerweise noch rund 70 Prozent der zugeführten Leistung in Wärme um statt in Licht. Wenn LED-Chips aber zu heiß werden, sinken Energieeffizienz, Lichtqualität und Lebenserwartung beträchtlich. Kaum anzunehmen, dass ein Lampenhersteller die theoretische Maximalleistung auch nur annähernd ausnutzen wird.

Seriöse Hersteller geben die Standard- bzw. „Binning“-Werte ihrer LED-Chips bei Lumen (Lichtstrom) und Kelvin (Farbtemperatur) deshalb auch für eine (im Dauereinsatz realistische) Betriebstemperatur von satten 85 Grad Celsius an, obwohl sie etwa bei 25 Grad deutlich besser wären.

Ein Quantensprung von „Cree“

Cree XLamp XG-G2Das gilt auch für den neuen Chip, den US-Marktführer „Cree Inc.“ am Dienstag vorstellte – genau eine Woche nach Konkurrent „Seoul Semiconductor“. Der „XLamp XP-G2“ (Cree-PR-Bild links) löst das bisherige „XP-G“-Modell ab, übertrifft es nach Angaben von „Cree“ bei der Lumen/Watt-Effizienz um 20 Prozent, erreiche einen zweieinhalb Mal besseren „Lumen pro Dollar“-Wert und könne so die Gesamtkosten einer LED-Lampe um bis zu 57 Prozent senken. Dabei müssen Lampenhersteller wie Osram, LEDON oder „LED’s change the world“, die durchweg „Cree“-Chips verwenden, ihre Platinen und Gehäuse noch nicht mal neu entwerfen: Der neue Chip hat mit einer Grundfläche von 3,45 auf 3,45 Millimeter exakt die Abmessungen des alten.

Auch „Cree“ konnte der Versuchung nicht widerstehen, einen theoretischen Maximalwert pro Chip anzugeben: 488 Lumen bei 4,7 Watt Leistungsaufnahme und 85 Grad Betriebstemperatur. Fällt Ihnen was auf? Richtig, das spielt in der gleichen Liga wie der „nPola“. Im ausführlichen Datenblatt (pdf-Download) stehen aber die weitaus realistischeren Werte für die marktübliche Stromzufuhr von 350 Milliampère bei ca. 2,8 Volt: Je nach Farbtemperatur („warm-weiß“ 2600 K bis „kalt-weiß“ 8300 K in mehreren Abstufungen) liegt der Mindest-Lichtstrom zwischen 100 und 139 Lumen bei einer Serienstreuung von ±7%. Hochgerechnet ergibt das eine Effizienz zwischen 133 und 151 Lumen pro Watt – das haben noch vor ein paar Jahren höchstens Labor-Prototypen geschafft.

Mit sechs Chips ist die Stube hell

Mit nur sechs „XLamp XP-G2“-Chips (Abstrahlwinkel 115 Grad) könnten Sie also problemlos eine „warm-weiße“ LED-Lampe basteln, die mit gut 800 Lumen das von der EU geforderte Lichtstrom-Äquivalent einer traditionellen 60-Watt-„Glühbirne“ bietet. Die oben genannte Behauptung von „Seoul Semiconductor“, dass man dafür mindestens zehn Serien-LEDs bräuchte, ist damit bereits überholt. Sämtliche Versionen des neuen „Cree“-Chips sind nämlich bereits in der Serienfertigung und werden weltweit verkauft. Derzeitige Kostenspanne je nach Stückzahl: So zwischen 2,10 und 3,20 Euro pro Chip, bei Abnahme von Mengen über 2000 sicher deutlich billiger.

Natürlich gibt’s auch was zu mäkeln – jedenfalls für „LED-Feinschmecker“: Beim Farbwiedergabeindex (CRI) erfüllen die „XLamp XP-G2“-Chips nicht die höchsten Ansprüche. Die „kalt-weißen“ und „outdoor white“-Versionen (5000 bis 8300 K bzw. 4000 – 5300 K) werden mit CRI 70 angegeben, die „neutral-weißen (3700 – 5300 K) mit 75 und die „warm-weißen“ (2600 – 3700 K) mit 80. Außerdem gibt es noch eine „80-CRI white“-Version (2600 – 4300 K) mit – Überraschung! – CRI 80. „Cree“ kalkuliert dabei eine Fertigungstoleranz von ±2.

Zum Vergleich: Herkömmliche Glüh- und Halogenlampen schaffen CRI bzw. Ra 100, aktuelle Spitzen-LED-Lampen um 90, erreichen aber bei Weitem nicht die beeindruckende Energieeffizienz des neuen „Cree“-Chips. Und dass die damit bestückten Lampen und Leuchten weitaus heller, aber trotzdem rund 50 Prozent billiger sein könnten als die Vorgängermodelle, das ist schließlich auch nicht zu verachten.

8 Gedanken zu „Der große LED-Chip-Wettlauf: Prahlen mit Zahlen

  1. @ Wolfgang:
    Ja, es scheint da schon was vorwärts zu gehen in der LED-Entwicklung. Es ist halt ab einem bestimmten Entwicklungsstand immer auch so, dass es zumindest dem Privatkunden nicht mehr viel bringt: Ob ich beim PC einen Core i5 oder i7 drin habe, werde ich bei einigen Spezialanwendungen vielleicht merken, beim täglichen Internetsurfen aber sicher nicht. Genauso hat man ja mit den jetzigen Philips/Osram 12/14/17 W Versionen auch dann noch vernünftige Leuchtmittel, wenn die Nachfolger die Hälfte kosten (was erst mal eintreten muss). Ob die Verabeitung allgemein dieselbe bleibt, weiß man ja auch (noch) nicht. Sonst müssten die derzeitigen Geeks (du hast ja erwähnt, dass du auch schon das ganze Haus auf LED umgerüstet hast) bald wieder hergehen und einen Refresh auf das Neueste machen 😉 . Für den Privatkunden sollten sich die derzeit doch noch nicht ganz billigen Teile ja auch erst mal amortisieren.
    Gruß Johannes

    PS: Bei mir würde auch noch einiges zur LED-Umrüstung anstehen, muss aber zuerst noch die Verlosung des Gewinnspiels abwarten 😉

  2. @ Wolfgang:
    Bist du beim LEDON-Club dabei?
    Was mich da etwas wundert bezüglich dem Registrieren von Lampen (wegen der 3-Jahres-Garantie): Auf Anfrage wurde mir mal mitgeteilt, dass man die Seriennummer am Lampensockel dafür benötigt. Nun, bei meinen 3 GU10-LEDs gibt es auf allen dieselben Nummern, da ist in keinster Weise ein Unterschied ablesbar. Gilt dies vielleicht nur für die E27/14 Varianten?
    Gruß Johannes

  3. Hallo Johannes,
    Die Nummer auf dem Lampensockel (z.B. 24166373-1132JX) hat jeder unserer Lampentypen und sie besteht aus der 8-stelligen Artikel-Nummer, z.B. 24166373 und den Produktcode bestehend aus vier Ziffern und zwei Buchstaben z.B. 1132JX. Durch den Produktcode können wir herausfinden wann das Produkt produziert wurde und somit etwaigen Fehlern auf die Spur kommen. Wenn deine Spots zufällig aus dem gleichen Produktionslauf kommen, dann können sie auch dieselbe Nummer haben. Konnte ich dir somit weiterhelfen? Viele liebe Grüße aus Dornbirn! Melanie (LEDON Lamp)

  4. @ Melanie (LEDON Lamp):
    Danke für deine rasche Hilfe, dann wären also 3 Spots mit identischen Produktcodes durchaus möglich.
    Beste Grüße Johannes

  5. Hallo Johannes,
    bitte gerne 🙂 Ja, genau. Dann kommen die Spots wohl zufällig aus dem gleichen Produktionslauf.
    Wir freuen uns auf deine Registrierung 🙂
    Liebe Grüße aus Dornbirn
    Melanie

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