Steigende Lampenpreise: Der feine Unterschied

Diese Woche war traumhaft für alle klick-, auflagen- und sensationsorientierten Medien, deren Geschäftsmodell „Panikmache unter Missachtung der lästigen Realität“ darstellt: Mindestens zwei Verschwörungstheorien aus nur einem Thema! Klasse! Da hauen wir doch mal richtig auf die Kacke und melden zuerst, dass ab Donnerstag die 60-Watt-„Glühbirnen“ verboten sind und legen dann noch drauf, dass gleichzeitig die Energiesparlampen massiv teurer werden! Etwa so:

Heise/Telepolis
(Screenshot: Telepolis@heise.de)
Kompaktleuchtstofflampe

Da weiß doch gleich jeder: Das muss ein abgekartetes Spiel sein; erst würgt uns die böse EU-Regierung eine blödsinnige Verordnung ‚rein und dann macht die Industrie auch noch Kasse mit uns armen Konsumenten. Abzocke! Skandal! So sieht’s jedenfalls aus, wenn man nicht näher hinguckt – und welches „Qualitätsmedium“ hätte schon Zeit und Lust dazu?

Die Wahrheit ist leider wie immer deutlich komplexer: Weder Osram noch Philips haben angekündigt, „Energiesparlampen“ für Privathaushalte (Foto links: Armin Kübelbeck@Wikimedia Commons, Lizenz: CC by 3.0) um 20 bis 25 Prozent zu verteuern. Stattdessen sind die Einstandspreise für die vorwiegend in der Industrie verwendeten Leuchtstofflampen schon in den vergangenen Wochen um etwa diesen Prozentsatz gestiegen. Oder um es mit den Worten der Osram-Pressestelle zu schreiben:

Bereits seit Anfang Juli wurden in allen Regionen der Welt stufenweise neue Großhandelspreise als Reaktion auf explosionsartig angestiegene Rohstoffpreise ausgehandelt. Die überwiegend aus der Volksrepublik China stammenden sogenannten Seltenen Erden sprangen bedingt durch Rohstoffverknappung allein in den vergangenen zwölf Monaten preislich um teilweise bis zu 1.000 Prozent. Diese Rohstoffe werden unter anderem für die Herstellung von Leuchtstofflampen zwingend benötigt. Von der Rohstoffproblematik deutlich weniger betroffen und für Endkonsumenten eher relevant sind die Kompaktleuchtstofflampen, auch genannt Energiesparlampen. Weltweit unterlagen diese in den vergangenen Monaten einer durchschnittlichen Preissteigerung im mittleren einstelligen Prozentbereich.

Ach, wie lahm, dieser feine Unterschied! „Energiesparlampen“ sind also in letzter Zeit etwa zwischen 3 und 7 Prozent teurer geworden, nicht 20 oder 25 Prozent und auch nicht schlagartig zum Stichtag 1. September? Das gibt doch keine knallige Schlagzeile her! Das lassen wir mal lieber unter den Tisch fallen, genau wie die Schlussfolgerung, dass die richtig deftigen Preiserhöhungen offenbar ausschließlich Beleuchtungseinrichtungen betreffen, in denen ohnehin noch nie herkömmliche Glühlampen verwendet wurden.

Außerdem gelten die neuen Preise nicht nur in der EU, sondern weltweit, und der Lampenhersteller „Megaman“ hat sogar erklärt, seine „Energiesparlampen“ vorerst nicht zu verteuern, obwohl dadurch die Gewinnmarge leicht sinkt. Mist, Verschwörungstheorie kaputt.

Eigentlich überflüssig zu erwähnen, dass die Versuche der Unternehmen, den Sachverhalt richtig zu stellen, nichts an der falschen Berichterstattung änderten. Auch am Tag nach dem Osram-Dementi war fast überall noch von „bis zu 25 Prozent teureren Energiesparlampen“ die Rede.

Selbstverständlich gibt es trotz dieses medialen Blindflugs genug Gründe, Kompaktleuchtstofflampen links liegen zu lassen: Sie brauchen nach dem Einschalten meist sehr lange bis zum Erreichen der maximalen Helligkeit, mögen teils keine Kälte (blöd bei Außenleuchten im Winter), wandeln noch zu viel der eingesetzten Energie in Wärme um, machen wegen ihrer Quecksilberbestandteile eine besondere Entsorgung erforderlich, außerdem haben vor allem die billigen Exemplare häufig eine unangenehme Farbtemperatur und leben nicht allzu lange, wenn sie oft ein- und ausgeschaltet werden (etwa im Treppenhaus).

Die so genannten „Energiesparlampen“ sind also jetzt schon eine Technik von gestern. Setzen Sie beim Ersatz von „Glühbirnen“ besser auf hochwertige LED-Lampen, auch wenn sie derzeit noch sehr teuer sind. Immerhin haben die Hersteller versichert, dass die LEDs vom extremen Preisanstieg für „Metalle der Seltenen Erden“ nicht betroffen seien.