Die Lampe glüht, der Unsinn blüht

Es könnte so ein schöner Spätsommer werden – mit angenehm warmen Tagen und milden Nächten, mit Bildern von Stränden und Bikini-Schönheiten in den Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien. Könnte, wenn da nicht schon wieder der 1. September vor der Tür stände. Denn wie in den beiden letzten Jahren saust in den Tagen und Wochen davor wieder europaweit das mediale Fallbeil auf die EG-Verordnung 244/2009 – das so genannte „Glühbirnen-Verbot“ in der Europäischen Union – und verärgert jeden Leser mit Resthirn und/oder rudimentärer Ahnung von der Materie.

Glühlampe
Sie leuchtet auch noch nach dem 1. September in vielen Wohnungen: Die völlig veraltete „Glühbirne“. (Foto: Wikimedia Commons, Lizenz: GNU 1.2)

Hier mein erneuter kostenloser Service für alle Journalisten, denen die Verordnung zu kompliziert ist: Ab dem 1. September 2011 müssen Leuchtmittel mit klarem Glas (mattierte sind insgesamt schon seit knapp zwei Jahren tabu) ab 60 Watt Verbrauch mindestens die Voraussetzungen der Energieeffizienzklasse C erfüllen; für schwächere genügt noch bis zum 31. August 2012 die Klasse E. Herkömmliche Glühlampen erreichen normalerweise höchstens die Klasse E, in Einzelfällen auch D; 60-Watt-Lampen dürfen daher ab September in der EU nicht mehr hergestellt oder geliefert werden. Für 75-Watt-Lampen gilt das schon seit September 2010. Nicht verboten ist dagegen der Abverkauf von Lagerware an Endverbraucher, auch wenn mal wieder von Unternehmens-Seite das Gegenteil behauptet wird. Und natürlich gab und gibt es auch kein Betriebsverbot für das Glühobst.

Energieeffizienzklassen
Lumen pro Watt ist der Maßstab für die Beurteilung der Effizienz von Leuchtmitteln. Herkömmliche Glühlampen liegen meist in den „schlechten“ Klassen G, F und E. (Grafik: Wikimedia Commons, Lizenz: GNU 1.2)

Offenbar setzen Teile des Handels immer noch auf Panikmache und Hamsterkäufe der verunsicherten Verbraucher. In diesem Klima gedeihen in Foren und Blogs auch die bekannten EU-Verschwörungstheorien („Brüssel will uns entmündigen!“) hervorragend. Kein Argument scheint da den glühenden Verehrern der Technik von vorgestern zu hanebüchen, um nicht die „Birnen“-Nostalgie zu nähren und den Sinn von effizienteren Leuchtmitteln anzuzweifeln.

Dabei waren die EU-Verordnungstexter schon sehr gnädig mit der veralteten, stromfressenden Lichttechnik. So gibt es zahlreiche Ausnahmen. Zum Beispiel dürfen Reflektorlampen (etwa die beliebten Halogen-Spots und -Fluter) auch weiterhin unbegrenzte Watt-Zahlen haben und müssen vorerst keine Effizienzklasse einhalten. Exemplare mit 500 Watt pro Stück sind keine Seltenheit. Das Argument für die Ausnahme hieß „mangelnde Alternativen“. Seit es jedoch hocheffiziente und teils auch bezahlbare LED-Spots und –Fluter gibt, kann diese Begründung eigentlich nicht mehr gelten.

Es gibt keinen vernünftigen Grund, sich in den nächsten Wochen mit 60-Watt-Glühlampen einzudecken und auch keinen Anlass, auf die teilweise zu Recht kritisierten „Energiesparlampen“ auszuweichen. Meine Ratschläge: Ersetzen Sie jede durchgebrannte Glühlampe durch eine hochwertige LED-Alternative (es existieren inzwischen für fast alle Fassungen „Retrofit“-Modelle); die Mehrkosten werden durch die Stromeinsparung über die gesamte Lebensdauer meist überkompensiert. Und: Bestellen Sie jede Zeitung, Zeitschrift und kostenpflichtige News-App ab, die Ihnen weismachen will, dass ab 1. September keine 60-Watt-Glühlampen mehr verkauft werden dürften oder dass LED-Lampen nicht hell genug seien.

3 Gedanken zu „Die Lampe glüht, der Unsinn blüht

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