Sind Journalisten nichts mehr wert?

Die journalistische Redaktion war schon immer und fast überall die teuerste Abteilung eines Medienunternehmens, egal ob Zeitung, Zeitschrift, TV-Sender, Radiostation oder Online-Angebot (wenn nicht bei der einen oder anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt zufällig mal der Verwaltungsapparat noch teurer war). Viele gut bezahlte schlaue Köpfe liegen der Geschäftsleitung auf der Tasche, ohne dass ein direkt messbarer Ertrag erzielt werden kann. Ganz anders dagegen die Kollegen von der PR-Veröffentlichungs-Front: Auch sie sind häufig Redakteure, bereiten aber mit ihren Jubelberichten „aus dem Geschäftsleben“ den Boden für prima Koppelgeschäfte der Werbeabteilung des Mediums mit den gepriesenen Unternehmen.

Da musste ja mal jemand auf die Idee kommen, Aufwand und Ertrag einer Abteilung einander anzugleichen. Zwei Lösungen boten sich da bisher an: Der Werbekunde zahlt direkt für einen ihm genehmen Beitrag im redaktionellen Teil (häufig mit einer gewissen Heimlichtuerei verbunden, damit’s nicht gar zu offensichtlich wird) oder der Leser/Nutzer/Zuhörer/Zuschauer wird zur Kasse gebeten. Diese „paid content„-Lösung funktioniert aber in der Praxis häufig nicht. Also muss auf der Entstehungsseite der Aufwand reduziert werden.

Beim Online-Journalismus gelang das teilweise schon recht gut; hier können selbst erfahrene Redakteure und Autoren von den tariflichen Brutto-Monatsverdiensten ihrer Print-Kollegen nur träumen. Ähnliches gilt schon seit geraumer Zeit für die Redaktionen privater Radio- und TV-Sender, wobei jedoch das betriebswirtschaftliche Optimum noch nicht erreicht wurde.

Der Königsweg scheint hier zu sein, die Nachrichtenredaktionen verschiedener Medien eines Unternehmens zusammenzulegen (wie’s gerade Spiegel TV macht) oder besser noch auszulagern. So hat RTL eine Tochter namens „infoNetwork“ mit einem so genannten „Newspool“ gegründet, der sowohl RTL als auch n-tv mit Nachrichtenbeiträgen beliefert. Hier kann man dann das Gehaltsgefüge von Grund auf neu ordnen (wobei „Grund“ ziemlich treffend ist, weil es sich strikt nach unten orientiert) und nach und nach feste Redakteure durch freie Mitarbeiter auf Honorarbasis ersetzen. Das spart lästige Sozialabgaben und Lohnfortzahlungen im Urlaubs- und Krankheitsfall. Selbstverständlich werden neue Verträge nur für kurze Fristen abgeschlossen, alteingesessene (und somit verwöhnte und zu Faulheit neigende) Mitarbeiter zum Gehen oder Abschluss eines neuen, billigeren Vertrages gedrängt.

Betriebsräte berichten laut Spiegel (ausgerechnet der Laden, dessen TV-Ableger den eisernen Besen ‚rausgeholt hat, siehe oben), dass ein Journalist mit abgeschlossenem Hochschulstudium, Volontariat und mehrjähriger Berufserfahrung bei „infoNetwork“ 130 Euro pro Tag erhält; technische Mitarbeiter bei RTL bekämen dagegen mehr als das Doppelte. Noch ein Vergleich: Die Tagessätze bei mir bekannten gebührenfinanzierten Sendern können sogar bis zum Dreifachen gehen; also rund 390 Euro brutto.

Die Betroffenen bei „infoNetwork“ mosern zwar vernehmlich über solches Lohn-Dumping und phantasieren von „nachlassender Qualität wegen Zeit- und Arbeitskräftemangel“, aber dem Durchschnittszuschauer ist die Qualität ja ohnehin weitgehend egal und so lange Quote und Umsatz stimmen, muss sich das Management nicht wegen der erzürnten Erdmännchen sorgen. Die bleiben schon fast alle im Bau; woanders gibt’s ja auch keine besseren Jobs.