Ganz toll, Herr Goll!

Der Mann ist grade 60 geworden, fährt Harley-Davidson und Ferrari, trägt Bart und hat zuhause im Tresor eine „Heckler & Koch“-Pistole, Kaliber neun Millimeter, und einen „Smith & Wesson“-Revolver, Kaliber 22. Klingt doch sehr nach Hells Angel, Outlaw oder Bandido, oder? Haben ja jüngst erst wieder Schlagzeilen gemacht, die Rocker-Buben. Aber nein, wir reden von diesem Herrn hier:

Ulrich Goll
Der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (Foto: ulrich-goll.de).

Dieser FDP-Politiker also hat vor kurzem in einer Pressekonferenz so nebenbei verraten, dass er rechtmäßiger Waffenbesitzer sei und dies auch nach dem Amoklauf von Winnenden (und dem anschließenden Abgabe-Appell an Waffenbesitzer) zu bleiben gedenke. Er brauche die Handfeuerwaffen zu „seinem persönlichen Schutz“ und dem seiner Familie. Außerdem – so legte Ulrich Goll nach – verzichte er auf Personenschützer, weil diese „nicht sehr hilfreich“ seien. Goll wörtlich in Anspielung auf einen Vorfall Ende 2007: „Wenn man dem (damaligen Ministerpräsidenten, d. Red.) Günther Oettinger eine Torte auf die Brust werfen kann, dann weiß ich eigentlich schon alles. Und die Personenschützer machen erstaunte Gesichter.“

Das rief nun wiederum herben Protest aus Polizeikreisen hervor. Von dort hieß es, man sei über diese Äußerung „geladen vor Wut“ und fühle sich „durch den Kakao gezogen“. Die SPD-Opposition mokierte sich, ob Goll nun bei einem Tortenwurf oder Ähnlichem in der Öffentlichkeit „wild um sich ballern“ wolle. Fürwahr: Ein Landesminister als „Ballermann“ – ein absurdes Szenario.

Aber wie ernst kann man die Äußerungen des nun unter Beschuss geratenen (Selbst-)Justizministers denn überhaupt nehmen? Ja, er übt seit vielen Jahren regelmäßig am Polizei-Schießstand, dürfte also durchaus treffsicher sein. Gilt das aber auch für eine konkrete Bedrohungssituation bei einem öffentlichen Auftritt, wenn Stress und Erschrecken die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen? Geht der ministeriale Schuss dann daneben und trifft einen Unbeteiligten? Eher nein, denn – wir erinnern uns: Golls Waffen liegen zuhause im Tresor, werden damit nicht ständig am Mann getragen und stehen deshalb bei einem Attentatsversuch auch nicht als Verteidigungsinstrument zur Verfügung.

Das mit dem „persönlichen Schutz“ muss er also irgendwie anders gemeint haben. Kann er vielleicht noch Karate? Thai-Boxen? Judo? Mikado? Oder ist Goll einfach jeder Realitätssinn abhanden gekommen? Das mag ja für ein FDP-Mitglied vielleicht noch Karrierevoraussetzung sein, bei einem Justizminister wäre das äußerst beunruhigend.

Im Übrigen dürften die im Tresor verwahrten Knarren auch kaum zur Verteidigung im häuslichen Bereich taugen – im Gegenteil. In den USA zum Beispiel werden mit zuhause abgeschossenen Waffen weitaus mehr Familienoberhäupter und -mitglieder getroffen und getötet als fremde Eindringlinge.

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